Hauptstadt mit Entzücken diese scharlachrothen, mit Her- melin gefütterten Röcke, diese alterthümlichen Mörserhau- ben wieder, das Abzeichen der Präsidenten der großen Kammer, und wenn der alte Geist des Ablehnens und Pro- testirens sich gleichfalls wieder einfand, nur um so erwünsch- ter für die Pariser. Der König und sein Mentor hatten in- zwischen kein kleines Gefallen daran, daß ihnen, so oft sie ins Theater traten, der Jubel des Publicums entgegen- scholl; und Turgot hatte seine erste große Erfahrung gemacht.
Dem pariser Parlamente folgte die Wiedereröffnung auch der übrigen Parlamente von Frankreich auf dem Fuße nach; die Herstellung auch der Obersteuerkammer rief den Malesherbes in die Hauptstadt zurück. Alsbald widmete er seine ganze Kraft einer schwierigen Ausarbeitung, welche alle Misbräuche des bisherigen Steuerwesens aufdeckt, ein Werk voll Ernstes und Gewissenhaftigkeit. Wir lesen darin die Krankheitsgeschichte des französischen Gemein- wesens, und es lohnt der Mühe daß man sie lese.
Der Verfasser hebt mit der Klage an daß sein Colle- gium hier reden müsse, welches so gern die Pflicht diese traurigen Wahrheiten auszusprechen Anderen überlassen hätte. Allein die Eifersucht der Minister hat seit länger als einem Jahrhundert die Stände der Monarchie zum Schweigen gebracht: es ist der Nation unmöglich gemacht zu ihrem Könige zu reden; nur der Magistratur ist diese Befugniß noch verblieben. So muß es denn gesagt seyn: Es giebt kein Recht in Frankreich dem Generalpächter ge-
Hauptſtadt mit Entzücken dieſe ſcharlachrothen, mit Her- melin gefütterten Röcke, dieſe alterthümlichen Mörſerhau- ben wieder, das Abzeichen der Präſidenten der großen Kammer, und wenn der alte Geiſt des Ablehnens und Pro- teſtirens ſich gleichfalls wieder einfand, nur um ſo erwünſch- ter für die Pariſer. Der König und ſein Mentor hatten in- zwiſchen kein kleines Gefallen daran, daß ihnen, ſo oft ſie ins Theater traten, der Jubel des Publicums entgegen- ſcholl; und Turgot hatte ſeine erſte große Erfahrung gemacht.
Dem pariſer Parlamente folgte die Wiedereröffnung auch der übrigen Parlamente von Frankreich auf dem Fuße nach; die Herſtellung auch der Oberſteuerkammer rief den Malesherbes in die Hauptſtadt zurück. Alsbald widmete er ſeine ganze Kraft einer ſchwierigen Ausarbeitung, welche alle Misbräuche des bisherigen Steuerweſens aufdeckt, ein Werk voll Ernſtes und Gewiſſenhaftigkeit. Wir leſen darin die Krankheitsgeſchichte des franzöſiſchen Gemein- weſens, und es lohnt der Mühe daß man ſie leſe.
Der Verfaſſer hebt mit der Klage an daß ſein Colle- gium hier reden müſſe, welches ſo gern die Pflicht dieſe traurigen Wahrheiten auszuſprechen Anderen überlaſſen hätte. Allein die Eiferſucht der Miniſter hat ſeit länger als einem Jahrhundert die Stände der Monarchie zum Schweigen gebracht: es iſt der Nation unmöglich gemacht zu ihrem Könige zu reden; nur der Magiſtratur iſt dieſe Befugniß noch verblieben. So muß es denn geſagt ſeyn: Es giebt kein Recht in Frankreich dem Generalpächter ge-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0047"n="37"/>
Hauptſtadt mit Entzücken dieſe ſcharlachrothen, mit Her-<lb/>
melin gefütterten Röcke, dieſe alterthümlichen Mörſerhau-<lb/>
ben wieder, das Abzeichen der Präſidenten der großen<lb/>
Kammer, und wenn der alte Geiſt des Ablehnens und Pro-<lb/>
teſtirens ſich gleichfalls wieder einfand, nur um ſo erwünſch-<lb/>
ter für die Pariſer. Der König und ſein Mentor hatten in-<lb/>
zwiſchen kein kleines Gefallen daran, daß ihnen, ſo oft ſie<lb/>
ins Theater traten, der Jubel des Publicums entgegen-<lb/>ſcholl; und Turgot hatte ſeine erſte große Erfahrung gemacht.</p><lb/><p>Dem pariſer Parlamente folgte die Wiedereröffnung<lb/>
auch der übrigen Parlamente von Frankreich auf dem Fuße<lb/>
nach; die Herſtellung auch der Oberſteuerkammer rief den<lb/>
Malesherbes in die Hauptſtadt zurück. Alsbald widmete<lb/>
er ſeine ganze Kraft einer ſchwierigen Ausarbeitung, welche<lb/>
alle Misbräuche des bisherigen Steuerweſens aufdeckt,<lb/>
ein Werk voll Ernſtes und Gewiſſenhaftigkeit. Wir leſen<lb/>
darin die Krankheitsgeſchichte des franzöſiſchen Gemein-<lb/>
weſens, und es lohnt der Mühe daß man ſie leſe.</p><lb/><p>Der Verfaſſer hebt mit der Klage an daß ſein Colle-<lb/>
gium hier reden müſſe, welches ſo gern die Pflicht dieſe<lb/>
traurigen Wahrheiten auszuſprechen Anderen überlaſſen<lb/>
hätte. Allein die Eiferſucht der Miniſter hat ſeit länger<lb/>
als einem Jahrhundert die Stände der Monarchie zum<lb/>
Schweigen gebracht: es iſt der Nation unmöglich gemacht<lb/>
zu ihrem Könige zu reden; nur der Magiſtratur iſt dieſe<lb/>
Befugniß noch verblieben. So muß es denn geſagt ſeyn:<lb/>
Es giebt kein Recht in Frankreich dem Generalpächter ge-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[37/0047]
Hauptſtadt mit Entzücken dieſe ſcharlachrothen, mit Her-
melin gefütterten Röcke, dieſe alterthümlichen Mörſerhau-
ben wieder, das Abzeichen der Präſidenten der großen
Kammer, und wenn der alte Geiſt des Ablehnens und Pro-
teſtirens ſich gleichfalls wieder einfand, nur um ſo erwünſch-
ter für die Pariſer. Der König und ſein Mentor hatten in-
zwiſchen kein kleines Gefallen daran, daß ihnen, ſo oft ſie
ins Theater traten, der Jubel des Publicums entgegen-
ſcholl; und Turgot hatte ſeine erſte große Erfahrung gemacht.
Dem pariſer Parlamente folgte die Wiedereröffnung
auch der übrigen Parlamente von Frankreich auf dem Fuße
nach; die Herſtellung auch der Oberſteuerkammer rief den
Malesherbes in die Hauptſtadt zurück. Alsbald widmete
er ſeine ganze Kraft einer ſchwierigen Ausarbeitung, welche
alle Misbräuche des bisherigen Steuerweſens aufdeckt,
ein Werk voll Ernſtes und Gewiſſenhaftigkeit. Wir leſen
darin die Krankheitsgeſchichte des franzöſiſchen Gemein-
weſens, und es lohnt der Mühe daß man ſie leſe.
Der Verfaſſer hebt mit der Klage an daß ſein Colle-
gium hier reden müſſe, welches ſo gern die Pflicht dieſe
traurigen Wahrheiten auszuſprechen Anderen überlaſſen
hätte. Allein die Eiferſucht der Miniſter hat ſeit länger
als einem Jahrhundert die Stände der Monarchie zum
Schweigen gebracht: es iſt der Nation unmöglich gemacht
zu ihrem Könige zu reden; nur der Magiſtratur iſt dieſe
Befugniß noch verblieben. So muß es denn geſagt ſeyn:
Es giebt kein Recht in Frankreich dem Generalpächter ge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/47>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.