Eurer Majestät zu bezahlen, aber mögen Sie es wagen, Sire, wie Ludwig XII. im Munde Ihrer Hofleute für geitzig zu gelten, so peinlich es seyn mag, da die Früchte einer königlichen Freigebigkeit stets in der nächsten Nähe des Thrones bleiben, die Früchte königlicher Spar- samkeit dagegen sich in eine schwer erkennbare Ferne verstreuen. Zunächst aber ist es Pflicht des Königs den Schutz der Gesetze seinem Volk zu gewähren, welches, ohne die gänzliche Aufhebung des Pachtwesens für jetzt zu begehren, nur Sicherheit gegen seine weitere Ausdehnung und vor der Abrufung der Beschwerden von den Gerichts- höfen verlangt, Übel, welche neuerdings bis zum Äußer- sten gesteigert sind. Muß man übermäßige Steuern tra- gen, so müssen die Steuergesetze streng seyn, aber dieses verhindert nicht daß sie genau seyen, daß die Belastung der verschiedenen Provinzen gleichmäßig sey, daß die Zoll- linien im Innern aufhören, durch welche jede Provinz zu einem Staate für sich wird, von einem stehenden Heere von Zöllnern umstellt. So weit die Forderung der Ge- rechtigkeit. Freilich gab es eine Zeit, da die Franzosen ihren Königen gegenüber nicht bloß von Gerechtigkeit, da sie von Freiheit sprachen. Seit aber die Waffengewalt von den Vasallen auf die Krone übergegangen ist, steht das anders, ständische Beschwerden werden als gefährlich betrachtet. Immerhin! wenn nur nicht dafür in Frank- reich eine Regierungsform, würdig des Orients, aufge- kommen wäre: die geheime Verwaltung. Ihr
Eurer Majeſtät zu bezahlen, aber mögen Sie es wagen, Sire, wie Ludwig XII. im Munde Ihrer Hofleute für geitzig zu gelten, ſo peinlich es ſeyn mag, da die Früchte einer königlichen Freigebigkeit ſtets in der nächſten Nähe des Thrones bleiben, die Früchte königlicher Spar- ſamkeit dagegen ſich in eine ſchwer erkennbare Ferne verſtreuen. Zunächſt aber iſt es Pflicht des Königs den Schutz der Geſetze ſeinem Volk zu gewähren, welches, ohne die gänzliche Aufhebung des Pachtweſens für jetzt zu begehren, nur Sicherheit gegen ſeine weitere Ausdehnung und vor der Abrufung der Beſchwerden von den Gerichts- höfen verlangt, Übel, welche neuerdings bis zum Äußer- ſten geſteigert ſind. Muß man übermäßige Steuern tra- gen, ſo müſſen die Steuergeſetze ſtreng ſeyn, aber dieſes verhindert nicht daß ſie genau ſeyen, daß die Belaſtung der verſchiedenen Provinzen gleichmäßig ſey, daß die Zoll- linien im Innern aufhören, durch welche jede Provinz zu einem Staate für ſich wird, von einem ſtehenden Heere von Zöllnern umſtellt. So weit die Forderung der Ge- rechtigkeit. Freilich gab es eine Zeit, da die Franzoſen ihren Königen gegenüber nicht bloß von Gerechtigkeit, da ſie von Freiheit ſprachen. Seit aber die Waffengewalt von den Vaſallen auf die Krone übergegangen iſt, ſteht das anders, ſtändiſche Beſchwerden werden als gefährlich betrachtet. Immerhin! wenn nur nicht dafür in Frank- reich eine Regierungsform, würdig des Orients, aufge- kommen wäre: die geheime Verwaltung. Ihr
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0049"n="39"/>
Eurer Majeſtät zu bezahlen, aber mögen Sie es wagen,<lb/>
Sire, wie Ludwig <hirendition="#aq">XII.</hi> im Munde Ihrer Hofleute für<lb/>
geitzig zu gelten, ſo peinlich es ſeyn mag, da die Früchte<lb/>
einer königlichen Freigebigkeit ſtets in der nächſten Nähe<lb/>
des Thrones bleiben, die Früchte königlicher Spar-<lb/>ſamkeit dagegen ſich in eine ſchwer erkennbare Ferne<lb/>
verſtreuen. Zunächſt aber iſt es Pflicht des Königs den<lb/>
Schutz der Geſetze ſeinem Volk zu gewähren, welches,<lb/>
ohne die gänzliche Aufhebung des Pachtweſens für jetzt zu<lb/>
begehren, nur Sicherheit gegen ſeine weitere Ausdehnung<lb/>
und vor der Abrufung der Beſchwerden von den Gerichts-<lb/>
höfen verlangt, Übel, welche neuerdings bis zum Äußer-<lb/>ſten geſteigert ſind. Muß man übermäßige Steuern tra-<lb/>
gen, ſo müſſen die Steuergeſetze ſtreng ſeyn, aber dieſes<lb/>
verhindert nicht daß ſie genau ſeyen, daß die Belaſtung<lb/>
der verſchiedenen Provinzen gleichmäßig ſey, daß die Zoll-<lb/>
linien im Innern aufhören, durch welche jede Provinz zu<lb/>
einem Staate für ſich wird, von einem ſtehenden Heere<lb/>
von Zöllnern umſtellt. So weit die Forderung der Ge-<lb/>
rechtigkeit. Freilich gab es eine Zeit, da die Franzoſen<lb/>
ihren Königen gegenüber nicht bloß von Gerechtigkeit, da<lb/>ſie von Freiheit ſprachen. Seit aber die Waffengewalt<lb/>
von den Vaſallen auf die Krone übergegangen iſt, ſteht<lb/>
das anders, ſtändiſche Beſchwerden werden als gefährlich<lb/>
betrachtet. Immerhin! wenn nur nicht dafür in Frank-<lb/>
reich eine Regierungsform, würdig des Orients, aufge-<lb/>
kommen wäre: <hirendition="#g">die geheime Verwaltung</hi>. Ihr<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[39/0049]
Eurer Majeſtät zu bezahlen, aber mögen Sie es wagen,
Sire, wie Ludwig XII. im Munde Ihrer Hofleute für
geitzig zu gelten, ſo peinlich es ſeyn mag, da die Früchte
einer königlichen Freigebigkeit ſtets in der nächſten Nähe
des Thrones bleiben, die Früchte königlicher Spar-
ſamkeit dagegen ſich in eine ſchwer erkennbare Ferne
verſtreuen. Zunächſt aber iſt es Pflicht des Königs den
Schutz der Geſetze ſeinem Volk zu gewähren, welches,
ohne die gänzliche Aufhebung des Pachtweſens für jetzt zu
begehren, nur Sicherheit gegen ſeine weitere Ausdehnung
und vor der Abrufung der Beſchwerden von den Gerichts-
höfen verlangt, Übel, welche neuerdings bis zum Äußer-
ſten geſteigert ſind. Muß man übermäßige Steuern tra-
gen, ſo müſſen die Steuergeſetze ſtreng ſeyn, aber dieſes
verhindert nicht daß ſie genau ſeyen, daß die Belaſtung
der verſchiedenen Provinzen gleichmäßig ſey, daß die Zoll-
linien im Innern aufhören, durch welche jede Provinz zu
einem Staate für ſich wird, von einem ſtehenden Heere
von Zöllnern umſtellt. So weit die Forderung der Ge-
rechtigkeit. Freilich gab es eine Zeit, da die Franzoſen
ihren Königen gegenüber nicht bloß von Gerechtigkeit, da
ſie von Freiheit ſprachen. Seit aber die Waffengewalt
von den Vaſallen auf die Krone übergegangen iſt, ſteht
das anders, ſtändiſche Beſchwerden werden als gefährlich
betrachtet. Immerhin! wenn nur nicht dafür in Frank-
reich eine Regierungsform, würdig des Orients, aufge-
kommen wäre: die geheime Verwaltung. Ihr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/49>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.