Krieg nicht führen. "Die französische Flotte ist in Ver- fall, man kann die Ausgaben zu ihrer Wiederherstellung nicht bestreiten zu einer Zeit, da die einzige Rettung in der Sparsamkeit zu finden ist. Uns unserer gegenwärtigen Stärke bedienen hieße unsere Schwäche verewigen." Diese Ansicht drang damals durch und ward eine Weile festgehalten, auch nachdem die Reformen schon aufgege- ben waren.
Wie weise das nun seyn mochte, die französische Ju- gend fühlte sich nicht überzeugt und fand einen mächtigen Halt an dem ersten Staatsmanne der Zeit, welcher von Anfang her auf der Seite der Nordamerikaner stand, wie- wohl sein Vaterland ihr Bedränger war. Es ist kaum möglich, einem Mitbürger einen größeren Zuwachs an materieller Macht und geistiger Erfrischung zu verdanken als England seinem großen Chatham, so lange er an der Spitze der Verwaltung stand; und derselbe Mann erblickte von Anfang her in dem was gegen jene Provinzen geschah eine Verletzung der jedem Engländer angeborenen Rechte, zugleich aber auch der Rechte, die jedem Menschen ge- bühren. Schon 1765 sprach er ein Wort von langem Widerhall in Frankreich: "ich freue mich daß Amerika widerstand. Drei Millionen Menschen, so abgestorben für jede freiheitliche Regung, daß sie sich gutwillig zu Sclaven machen lassen, würden geeignete Werkzeuge ge- wesen seyn auch die übrigen in Sclaverei zu stürzen." Und nicht müde wird er in den nächsten Jahren zu wiederholen:
Französische Revolution. 5
Krieg nicht führen. „Die franzöſiſche Flotte iſt in Ver- fall, man kann die Ausgaben zu ihrer Wiederherſtellung nicht beſtreiten zu einer Zeit, da die einzige Rettung in der Sparſamkeit zu finden iſt. Uns unſerer gegenwärtigen Stärke bedienen hieße unſere Schwäche verewigen.“ Dieſe Anſicht drang damals durch und ward eine Weile feſtgehalten, auch nachdem die Reformen ſchon aufgege- ben waren.
Wie weiſe das nun ſeyn mochte, die franzöſiſche Ju- gend fühlte ſich nicht überzeugt und fand einen mächtigen Halt an dem erſten Staatsmanne der Zeit, welcher von Anfang her auf der Seite der Nordamerikaner ſtand, wie- wohl ſein Vaterland ihr Bedränger war. Es iſt kaum möglich, einem Mitbürger einen größeren Zuwachs an materieller Macht und geiſtiger Erfriſchung zu verdanken als England ſeinem großen Chatham, ſo lange er an der Spitze der Verwaltung ſtand; und derſelbe Mann erblickte von Anfang her in dem was gegen jene Provinzen geſchah eine Verletzung der jedem Engländer angeborenen Rechte, zugleich aber auch der Rechte, die jedem Menſchen ge- bühren. Schon 1765 ſprach er ein Wort von langem Widerhall in Frankreich: „ich freue mich daß Amerika widerſtand. Drei Millionen Menſchen, ſo abgeſtorben für jede freiheitliche Regung, daß ſie ſich gutwillig zu Sclaven machen laſſen, würden geeignete Werkzeuge ge- weſen ſeyn auch die übrigen in Sclaverei zu ſtürzen.“ Und nicht müde wird er in den nächſten Jahren zu wiederholen:
Franzöſiſche Revolution. 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0075"n="65"/>
Krieg nicht führen. „Die franzöſiſche Flotte iſt in Ver-<lb/>
fall, man kann die Ausgaben zu ihrer Wiederherſtellung<lb/>
nicht beſtreiten zu einer Zeit, da die einzige Rettung in der<lb/>
Sparſamkeit zu finden iſt. Uns unſerer gegenwärtigen<lb/>
Stärke bedienen hieße unſere Schwäche verewigen.“<lb/>
Dieſe Anſicht drang damals durch und ward eine Weile<lb/>
feſtgehalten, auch nachdem die Reformen ſchon aufgege-<lb/>
ben waren.</p><lb/><p>Wie weiſe das nun ſeyn mochte, die franzöſiſche Ju-<lb/>
gend fühlte ſich nicht überzeugt und fand einen mächtigen<lb/>
Halt an dem erſten Staatsmanne der Zeit, welcher von<lb/>
Anfang her auf der Seite der Nordamerikaner ſtand, wie-<lb/>
wohl ſein Vaterland ihr Bedränger war. Es iſt kaum<lb/>
möglich, einem Mitbürger einen größeren Zuwachs an<lb/>
materieller Macht und geiſtiger Erfriſchung zu verdanken<lb/>
als England ſeinem großen Chatham, ſo lange er an der<lb/>
Spitze der Verwaltung ſtand; und derſelbe Mann erblickte<lb/>
von Anfang her in dem was gegen jene Provinzen geſchah<lb/>
eine Verletzung der jedem Engländer angeborenen Rechte,<lb/>
zugleich aber auch der Rechte, die jedem Menſchen ge-<lb/>
bühren. Schon 1765 ſprach er ein Wort von langem<lb/>
Widerhall in Frankreich: „ich freue mich daß Amerika<lb/>
widerſtand. Drei Millionen Menſchen, ſo abgeſtorben<lb/>
für jede freiheitliche Regung, daß ſie ſich gutwillig zu<lb/>
Sclaven machen laſſen, würden geeignete Werkzeuge ge-<lb/>
weſen ſeyn auch die übrigen in Sclaverei zu ſtürzen.“ Und<lb/>
nicht müde wird er in den nächſten Jahren zu wiederholen:<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Franzöſiſche Revolution. 5</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[65/0075]
Krieg nicht führen. „Die franzöſiſche Flotte iſt in Ver-
fall, man kann die Ausgaben zu ihrer Wiederherſtellung
nicht beſtreiten zu einer Zeit, da die einzige Rettung in der
Sparſamkeit zu finden iſt. Uns unſerer gegenwärtigen
Stärke bedienen hieße unſere Schwäche verewigen.“
Dieſe Anſicht drang damals durch und ward eine Weile
feſtgehalten, auch nachdem die Reformen ſchon aufgege-
ben waren.
Wie weiſe das nun ſeyn mochte, die franzöſiſche Ju-
gend fühlte ſich nicht überzeugt und fand einen mächtigen
Halt an dem erſten Staatsmanne der Zeit, welcher von
Anfang her auf der Seite der Nordamerikaner ſtand, wie-
wohl ſein Vaterland ihr Bedränger war. Es iſt kaum
möglich, einem Mitbürger einen größeren Zuwachs an
materieller Macht und geiſtiger Erfriſchung zu verdanken
als England ſeinem großen Chatham, ſo lange er an der
Spitze der Verwaltung ſtand; und derſelbe Mann erblickte
von Anfang her in dem was gegen jene Provinzen geſchah
eine Verletzung der jedem Engländer angeborenen Rechte,
zugleich aber auch der Rechte, die jedem Menſchen ge-
bühren. Schon 1765 ſprach er ein Wort von langem
Widerhall in Frankreich: „ich freue mich daß Amerika
widerſtand. Drei Millionen Menſchen, ſo abgeſtorben
für jede freiheitliche Regung, daß ſie ſich gutwillig zu
Sclaven machen laſſen, würden geeignete Werkzeuge ge-
weſen ſeyn auch die übrigen in Sclaverei zu ſtürzen.“ Und
nicht müde wird er in den nächſten Jahren zu wiederholen:
Franzöſiſche Revolution. 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/75>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.