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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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haben, die unser sind durch das Band der heiligsten mensch-
lichen Gefühle. -- Mylords, ich bin alt und schwach, und
jetzt nicht im Stande weiter zu sprechen, aber mein Gefühl
und mein Unwille waren zu stark, als daß ich weniger
hätte sagen können. Ich hätte diese Nacht keine Ruhe fin-
den können in meinem Bette, hätte mein Haupt nicht auf
mein Kissen niederlegen können, wenn ich nicht meinem
ewigen Abscheu gegen so ausgeartete, ungeheure Grund-
sätze Luft gemacht hätte."

Wohl versuchte man die Einwendung, und es geschah
das mit schadenfroher peinlicher Gründlichkeit, es habe ja
Chatham in den Tagen seiner Gewalt, damals als er Hand
in Hand mit dem großen Friedrich ging, und es für ihn
Canada galt, jene Wildenhülfe gleichfalls nicht verschmäht.
Wäre dem wirklich so, was Chatham indeß entschieden
abläugnete, so ließ sich erwiedern, daß dieses Mittel da-
mals gegen den Erbfeind Englands angewendet ward und
daß dieser zuerst Gebrauch davon machte; aber eine andere
Entgegnung wäre vielleicht noch zutreffender gewesen,
welche auf den ersten Anblick trivial scheinen kann, diese
nämlich, daß verschiedene Zeitalter verschiedene Grund-
sätze gebären. Denn erst seit dem pariser und hubertsbur-
ger Frieden schlug zugleich mit dem endlich durchdringen-
den Sinne für kirchliche Duldung jene höhere Gesittung
Wurzel, welche ein Gebiet der allgemeinen Menschheit
festhält, das durch die Zertrennung in zwistige Staaten
nicht verloren gehen darf.


haben, die unſer ſind durch das Band der heiligſten menſch-
lichen Gefühle. — Mylords, ich bin alt und ſchwach, und
jetzt nicht im Stande weiter zu ſprechen, aber mein Gefühl
und mein Unwille waren zu ſtark, als daß ich weniger
hätte ſagen können. Ich hätte dieſe Nacht keine Ruhe fin-
den können in meinem Bette, hätte mein Haupt nicht auf
mein Kiſſen niederlegen können, wenn ich nicht meinem
ewigen Abſcheu gegen ſo ausgeartete, ungeheure Grund-
ſätze Luft gemacht hätte.“

Wohl verſuchte man die Einwendung, und es geſchah
das mit ſchadenfroher peinlicher Gründlichkeit, es habe ja
Chatham in den Tagen ſeiner Gewalt, damals als er Hand
in Hand mit dem großen Friedrich ging, und es für ihn
Canada galt, jene Wildenhülfe gleichfalls nicht verſchmäht.
Wäre dem wirklich ſo, was Chatham indeß entſchieden
abläugnete, ſo ließ ſich erwiedern, daß dieſes Mittel da-
mals gegen den Erbfeind Englands angewendet ward und
daß dieſer zuerſt Gebrauch davon machte; aber eine andere
Entgegnung wäre vielleicht noch zutreffender geweſen,
welche auf den erſten Anblick trivial ſcheinen kann, dieſe
nämlich, daß verſchiedene Zeitalter verſchiedene Grund-
ſätze gebären. Denn erſt ſeit dem pariſer und hubertsbur-
ger Frieden ſchlug zugleich mit dem endlich durchdringen-
den Sinne für kirchliche Duldung jene höhere Geſittung
Wurzel, welche ein Gebiet der allgemeinen Menſchheit
feſthält, das durch die Zertrennung in zwiſtige Staaten
nicht verloren gehen darf.


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[70/0080] haben, die unſer ſind durch das Band der heiligſten menſch- lichen Gefühle. — Mylords, ich bin alt und ſchwach, und jetzt nicht im Stande weiter zu ſprechen, aber mein Gefühl und mein Unwille waren zu ſtark, als daß ich weniger hätte ſagen können. Ich hätte dieſe Nacht keine Ruhe fin- den können in meinem Bette, hätte mein Haupt nicht auf mein Kiſſen niederlegen können, wenn ich nicht meinem ewigen Abſcheu gegen ſo ausgeartete, ungeheure Grund- ſätze Luft gemacht hätte.“ Wohl verſuchte man die Einwendung, und es geſchah das mit ſchadenfroher peinlicher Gründlichkeit, es habe ja Chatham in den Tagen ſeiner Gewalt, damals als er Hand in Hand mit dem großen Friedrich ging, und es für ihn Canada galt, jene Wildenhülfe gleichfalls nicht verſchmäht. Wäre dem wirklich ſo, was Chatham indeß entſchieden abläugnete, ſo ließ ſich erwiedern, daß dieſes Mittel da- mals gegen den Erbfeind Englands angewendet ward und daß dieſer zuerſt Gebrauch davon machte; aber eine andere Entgegnung wäre vielleicht noch zutreffender geweſen, welche auf den erſten Anblick trivial ſcheinen kann, dieſe nämlich, daß verſchiedene Zeitalter verſchiedene Grund- ſätze gebären. Denn erſt ſeit dem pariſer und hubertsbur- ger Frieden ſchlug zugleich mit dem endlich durchdringen- den Sinne für kirchliche Duldung jene höhere Geſittung Wurzel, welche ein Gebiet der allgemeinen Menſchheit feſthält, das durch die Zertrennung in zwiſtige Staaten nicht verloren gehen darf.

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/80>, abgerufen am 29.11.2024.