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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Von d. Ausführbark. d. guten Verfassung.
Siebentes Capitel.
Von der Ausführbarkeit der guten Verfassung
.

195. Aristoteles verlangt von jeder in Anwendung zu
zu setzenden Verfassung, sie soll zuvor ihre Ausführbarkeit
darthun. Mit Recht, und auch zur Weisung für diese
Darstellung hier. Denn so wenig wir es auch unternah-
men eine Staatsverfassung für jeden Boden und für jede
Zeit zu bauen, was in Wahrheit für keinen Boden hieße
und für keine Zeit, sondern auf dem Europäischen Volks-
grunde weilten und auf diesem Mittelboden der Gegenwart;
so giebt es dennoch auch innerhalb dieser Schranke gebie-
terische Thatsachen, welche sich gegen die Verfassungsfor-
men, die wir aufgestellt, auflehnen, sie manchmahl ganz
verbieten. Bedenken dieser Art sind uns zwar schon öfter
aufgestoßen. Ob der Staat groß oder klein, dicht be-
wohnt, oder von dünner, dabei zerstreuter Bevölkerung ist,
Ob seine Örtlichkeit für den ausgebildeten Staat über-
haupt geeignet, Ob er in seiner Volksentwickelung schon
vorwärts geschritten, oder noch zurück, oder aber gewalt-
sam darin gehemmt ist, Ob er in einem Kreise gleicharti-
ger Staaten, oder vielleicht, wie die Nordamerikanischen
Freistaaten, umgeben von sehr untergeordneten Bevölkerun-
gen lebt -- alle diese Fragen gehen die Ausführbarkeit un-
mittelbar an. Indeß läßt sich auf dieselben, wenn wir
an unserm Welttheile halten, im Ganzen eine günstige Ant-
wort geben. Wir haben manchen Staatsboden von genü-
gender Räumlichkeit und Bevölkerung um festzustehn im
Staatengedränge, von hinlänglicher Ergiebigkeit um viel-
fache Betriebe, um den Aufwand des Königthums und

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Von d. Ausfuͤhrbark. d. guten Verfaſſung.
Siebentes Capitel.
Von der Ausfuͤhrbarkeit der guten Verfaſſung
.

195. Ariſtoteles verlangt von jeder in Anwendung zu
zu ſetzenden Verfaſſung, ſie ſoll zuvor ihre Ausfuͤhrbarkeit
darthun. Mit Recht, und auch zur Weiſung fuͤr dieſe
Darſtellung hier. Denn ſo wenig wir es auch unternah-
men eine Staatsverfaſſung fuͤr jeden Boden und fuͤr jede
Zeit zu bauen, was in Wahrheit fuͤr keinen Boden hieße
und fuͤr keine Zeit, ſondern auf dem Europaͤiſchen Volks-
grunde weilten und auf dieſem Mittelboden der Gegenwart;
ſo giebt es dennoch auch innerhalb dieſer Schranke gebie-
teriſche Thatſachen, welche ſich gegen die Verfaſſungsfor-
men, die wir aufgeſtellt, auflehnen, ſie manchmahl ganz
verbieten. Bedenken dieſer Art ſind uns zwar ſchon oͤfter
aufgeſtoßen. Ob der Staat groß oder klein, dicht be-
wohnt, oder von duͤnner, dabei zerſtreuter Bevoͤlkerung iſt,
Ob ſeine Örtlichkeit fuͤr den ausgebildeten Staat uͤber-
haupt geeignet, Ob er in ſeiner Volksentwickelung ſchon
vorwaͤrts geſchritten, oder noch zuruͤck, oder aber gewalt-
ſam darin gehemmt iſt, Ob er in einem Kreiſe gleicharti-
ger Staaten, oder vielleicht, wie die Nordamerikaniſchen
Freiſtaaten, umgeben von ſehr untergeordneten Bevoͤlkerun-
gen lebt — alle dieſe Fragen gehen die Ausfuͤhrbarkeit un-
mittelbar an. Indeß laͤßt ſich auf dieſelben, wenn wir
an unſerm Welttheile halten, im Ganzen eine guͤnſtige Ant-
wort geben. Wir haben manchen Staatsboden von genuͤ-
gender Raͤumlichkeit und Bevoͤlkerung um feſtzuſtehn im
Staatengedraͤnge, von hinlaͤnglicher Ergiebigkeit um viel-
fache Betriebe, um den Aufwand des Koͤnigthums und

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[161/0173] Von d. Ausfuͤhrbark. d. guten Verfaſſung. Siebentes Capitel. Von der Ausfuͤhrbarkeit der guten Verfaſſung. 195. Ariſtoteles verlangt von jeder in Anwendung zu zu ſetzenden Verfaſſung, ſie ſoll zuvor ihre Ausfuͤhrbarkeit darthun. Mit Recht, und auch zur Weiſung fuͤr dieſe Darſtellung hier. Denn ſo wenig wir es auch unternah- men eine Staatsverfaſſung fuͤr jeden Boden und fuͤr jede Zeit zu bauen, was in Wahrheit fuͤr keinen Boden hieße und fuͤr keine Zeit, ſondern auf dem Europaͤiſchen Volks- grunde weilten und auf dieſem Mittelboden der Gegenwart; ſo giebt es dennoch auch innerhalb dieſer Schranke gebie- teriſche Thatſachen, welche ſich gegen die Verfaſſungsfor- men, die wir aufgeſtellt, auflehnen, ſie manchmahl ganz verbieten. Bedenken dieſer Art ſind uns zwar ſchon oͤfter aufgeſtoßen. Ob der Staat groß oder klein, dicht be- wohnt, oder von duͤnner, dabei zerſtreuter Bevoͤlkerung iſt, Ob ſeine Örtlichkeit fuͤr den ausgebildeten Staat uͤber- haupt geeignet, Ob er in ſeiner Volksentwickelung ſchon vorwaͤrts geſchritten, oder noch zuruͤck, oder aber gewalt- ſam darin gehemmt iſt, Ob er in einem Kreiſe gleicharti- ger Staaten, oder vielleicht, wie die Nordamerikaniſchen Freiſtaaten, umgeben von ſehr untergeordneten Bevoͤlkerun- gen lebt — alle dieſe Fragen gehen die Ausfuͤhrbarkeit un- mittelbar an. Indeß laͤßt ſich auf dieſelben, wenn wir an unſerm Welttheile halten, im Ganzen eine guͤnſtige Ant- wort geben. Wir haben manchen Staatsboden von genuͤ- gender Raͤumlichkeit und Bevoͤlkerung um feſtzuſtehn im Staatengedraͤnge, von hinlaͤnglicher Ergiebigkeit um viel- fache Betriebe, um den Aufwand des Koͤnigthums und 11

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/173>, abgerufen am 24.11.2024.