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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Von d. Ausführbark. d. guten Verfassung.
außen zu jedem andern Staate völlig unabhängig steht,
Herr der Bündnisse und Verträge, welche sein Daseyn be-
dingen. Die Zusammengesetztheit kann aber ebenfalls in-
nerlich und äußerlich an dem Staate haften: das heißt
verschiedenartige Völker können den Staat bilden, indem
sie demselben Oberherrn gehorchen; es kann aber auch ein
unvermischtes Staatsvolk im zusammengesetzten Staate le-
ben, wenn es mit einem andern Staate oder mehreren
derselben Volksart in unauflöslichen Bundesverpflichtungen
steht, welche das Ganze des Staats umfassen.

197. Auch in diesem Betrachte weist zwar die Ge-
schichte große Thaten der gelungenen Ausgleichung auf.
Ein kleines Volk, mit einem großen Nachbar im Staate
verbunden, nimmt wol allmählig die Sprache und Art
des großen an; auch der gemischte Staat vereinfacht
sich mit der Zeit, denn zwei verschiedene christliche Bevöl-
kerungen in demselben Lande beisammen, bilden am Ende
eine dritte gemeinsame Sprache und Volksart, in der sie
ihren Frieden finden und nichts steht dann der Vereini-
gung der Regierungsformen weiter entgegen; allein der
beharrlich zusammengesetzte Staat sträubt sich ent-
schieden gegen Einrichtungen, welche sein Daseyn zerstören
würden. Es mögen Länder mit verschiedenartigen Bevölke-
rungen, groß genug jede um selber ein Reich für sich zu bil-
den und jede eingedenk, daß das ehemahls der Fall war,
unter demselben Fürstenhaupte sich vereinen, oder es mag
eine große Nation, die ein Jahrtausend hindurch ein Reich
bildete, in viele Monarchieen zerfallen seyn, die das Recht der
völligen Selbständigkeit besitzen und an die Stelle der
Reichseinheit einen unauflöslichen Bundesverein setzen, --
in beiden Fällen, der Grund der Zusammengesetztheit liege

11*

Von d. Ausfuͤhrbark. d. guten Verfaſſung.
außen zu jedem andern Staate voͤllig unabhaͤngig ſteht,
Herr der Buͤndniſſe und Vertraͤge, welche ſein Daſeyn be-
dingen. Die Zuſammengeſetztheit kann aber ebenfalls in-
nerlich und aͤußerlich an dem Staate haften: das heißt
verſchiedenartige Voͤlker koͤnnen den Staat bilden, indem
ſie demſelben Oberherrn gehorchen; es kann aber auch ein
unvermiſchtes Staatsvolk im zuſammengeſetzten Staate le-
ben, wenn es mit einem andern Staate oder mehreren
derſelben Volksart in unaufloͤslichen Bundesverpflichtungen
ſteht, welche das Ganze des Staats umfaſſen.

197. Auch in dieſem Betrachte weiſt zwar die Ge-
ſchichte große Thaten der gelungenen Ausgleichung auf.
Ein kleines Volk, mit einem großen Nachbar im Staate
verbunden, nimmt wol allmaͤhlig die Sprache und Art
des großen an; auch der gemiſchte Staat vereinfacht
ſich mit der Zeit, denn zwei verſchiedene chriſtliche Bevoͤl-
kerungen in demſelben Lande beiſammen, bilden am Ende
eine dritte gemeinſame Sprache und Volksart, in der ſie
ihren Frieden finden und nichts ſteht dann der Vereini-
gung der Regierungsformen weiter entgegen; allein der
beharrlich zuſammengeſetzte Staat ſtraͤubt ſich ent-
ſchieden gegen Einrichtungen, welche ſein Daſeyn zerſtoͤren
wuͤrden. Es moͤgen Laͤnder mit verſchiedenartigen Bevoͤlke-
rungen, groß genug jede um ſelber ein Reich fuͤr ſich zu bil-
den und jede eingedenk, daß das ehemahls der Fall war,
unter demſelben Fuͤrſtenhaupte ſich vereinen, oder es mag
eine große Nation, die ein Jahrtauſend hindurch ein Reich
bildete, in viele Monarchieen zerfallen ſeyn, die das Recht der
voͤlligen Selbſtaͤndigkeit beſitzen und an die Stelle der
Reichseinheit einen unaufloͤslichen Bundesverein ſetzen, —
in beiden Faͤllen, der Grund der Zuſammengeſetztheit liege

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[163/0175] Von d. Ausfuͤhrbark. d. guten Verfaſſung. außen zu jedem andern Staate voͤllig unabhaͤngig ſteht, Herr der Buͤndniſſe und Vertraͤge, welche ſein Daſeyn be- dingen. Die Zuſammengeſetztheit kann aber ebenfalls in- nerlich und aͤußerlich an dem Staate haften: das heißt verſchiedenartige Voͤlker koͤnnen den Staat bilden, indem ſie demſelben Oberherrn gehorchen; es kann aber auch ein unvermiſchtes Staatsvolk im zuſammengeſetzten Staate le- ben, wenn es mit einem andern Staate oder mehreren derſelben Volksart in unaufloͤslichen Bundesverpflichtungen ſteht, welche das Ganze des Staats umfaſſen. 197. Auch in dieſem Betrachte weiſt zwar die Ge- ſchichte große Thaten der gelungenen Ausgleichung auf. Ein kleines Volk, mit einem großen Nachbar im Staate verbunden, nimmt wol allmaͤhlig die Sprache und Art des großen an; auch der gemiſchte Staat vereinfacht ſich mit der Zeit, denn zwei verſchiedene chriſtliche Bevoͤl- kerungen in demſelben Lande beiſammen, bilden am Ende eine dritte gemeinſame Sprache und Volksart, in der ſie ihren Frieden finden und nichts ſteht dann der Vereini- gung der Regierungsformen weiter entgegen; allein der beharrlich zuſammengeſetzte Staat ſtraͤubt ſich ent- ſchieden gegen Einrichtungen, welche ſein Daſeyn zerſtoͤren wuͤrden. Es moͤgen Laͤnder mit verſchiedenartigen Bevoͤlke- rungen, groß genug jede um ſelber ein Reich fuͤr ſich zu bil- den und jede eingedenk, daß das ehemahls der Fall war, unter demſelben Fuͤrſtenhaupte ſich vereinen, oder es mag eine große Nation, die ein Jahrtauſend hindurch ein Reich bildete, in viele Monarchieen zerfallen ſeyn, die das Recht der voͤlligen Selbſtaͤndigkeit beſitzen und an die Stelle der Reichseinheit einen unaufloͤslichen Bundesverein ſetzen, — in beiden Faͤllen, der Grund der Zuſammengeſetztheit liege 11*

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/175>, abgerufen am 24.11.2024.