Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Vom Rechte des Widerstandes. den Gehorsam zu verweigern, unterstützt durch die Pflichtder Stände, Minister, die dergleichen Ausschreibungen und Gesetze unterzeichneten, in den Anklagezustand zu versetzen. Im wirklichen Leben der Dinge tritt aber Bitte und Vor- stellung mannichfach thätig ein, ehe es zu solch einem Äußersten kommt. Kommt es dazu, so ist die Stimme der Besten thätig, daß nicht der Widerstand gegen einzelne Gesetze die ganze Gesetzgebung ergreife; denn sie eben er- kennen die nah und näher rückende Gefahr einer Gewalt das Daseyn zu geben, welche, mächtiger als die Staats- regierung, wahrscheinlich auch für die Freiheit bedrohlicher seyn wird: denn ihre erste That muß, wenn sie siegt, Wie- derherstellung der Ordnung seyn. Hat der Zwiespalt un- versöhnt seinen Fortgang, so entscheidet dann freilich die Gewalt über die künftige Regierung und Verfassung. "Die Entscheidung fällt dann dem Kriege anheim, nicht der Constitution. -- Die Frage über die Entsetzung eines Königs war stets eine außerordentliche Staatsfrage und keine Rechtsfrage, es wird dabei stets wie bei jeder Staatsfrage, um die Stimmung, die Mittel, die wahr- scheinlichen Folgen, mehr als um positive Rechte sich han- deln." (Burke.) Herr Friedrich Murhard (Über Widerstand, Empörung und 12
Vom Rechte des Widerſtandes. den Gehorſam zu verweigern, unterſtuͤtzt durch die Pflichtder Staͤnde, Miniſter, die dergleichen Ausſchreibungen und Geſetze unterzeichneten, in den Anklagezuſtand zu verſetzen. Im wirklichen Leben der Dinge tritt aber Bitte und Vor- ſtellung mannichfach thaͤtig ein, ehe es zu ſolch einem Äußerſten kommt. Kommt es dazu, ſo iſt die Stimme der Beſten thaͤtig, daß nicht der Widerſtand gegen einzelne Geſetze die ganze Geſetzgebung ergreife; denn ſie eben er- kennen die nah und naͤher ruͤckende Gefahr einer Gewalt das Daſeyn zu geben, welche, maͤchtiger als die Staats- regierung, wahrſcheinlich auch fuͤr die Freiheit bedrohlicher ſeyn wird: denn ihre erſte That muß, wenn ſie ſiegt, Wie- derherſtellung der Ordnung ſeyn. Hat der Zwieſpalt un- verſoͤhnt ſeinen Fortgang, ſo entſcheidet dann freilich die Gewalt uͤber die kuͤnftige Regierung und Verfaſſung. “Die Entſcheidung faͤllt dann dem Kriege anheim, nicht der Conſtitution. — Die Frage uͤber die Entſetzung eines Koͤnigs war ſtets eine außerordentliche Staatsfrage und keine Rechtsfrage, es wird dabei ſtets wie bei jeder Staatsfrage, um die Stimmung, die Mittel, die wahr- ſcheinlichen Folgen, mehr als um poſitive Rechte ſich han- deln.” (Burke.) Herr Friedrich Murhard (Über Widerſtand, Empoͤrung und 12
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Vom Rechte des Widerſtandes.
den Gehorſam zu verweigern, unterſtuͤtzt durch die Pflicht
der Staͤnde, Miniſter, die dergleichen Ausſchreibungen und
Geſetze unterzeichneten, in den Anklagezuſtand zu verſetzen.
Im wirklichen Leben der Dinge tritt aber Bitte und Vor-
ſtellung mannichfach thaͤtig ein, ehe es zu ſolch einem
Äußerſten kommt. Kommt es dazu, ſo iſt die Stimme
der Beſten thaͤtig, daß nicht der Widerſtand gegen einzelne
Geſetze die ganze Geſetzgebung ergreife; denn ſie eben er-
kennen die nah und naͤher ruͤckende Gefahr einer Gewalt
das Daſeyn zu geben, welche, maͤchtiger als die Staats-
regierung, wahrſcheinlich auch fuͤr die Freiheit bedrohlicher
ſeyn wird: denn ihre erſte That muß, wenn ſie ſiegt, Wie-
derherſtellung der Ordnung ſeyn. Hat der Zwieſpalt un-
verſoͤhnt ſeinen Fortgang, ſo entſcheidet dann freilich die
Gewalt uͤber die kuͤnftige Regierung und Verfaſſung.
“Die Entſcheidung faͤllt dann dem Kriege anheim, nicht
der Conſtitution. — Die Frage uͤber die Entſetzung eines
Koͤnigs war ſtets eine außerordentliche Staatsfrage und
keine Rechtsfrage, es wird dabei ſtets wie bei jeder
Staatsfrage, um die Stimmung, die Mittel, die wahr-
ſcheinlichen Folgen, mehr als um poſitive Rechte ſich han-
deln.” (Burke.)
Herr Friedrich Murhard (Über Widerſtand, Empoͤrung und
Zwangsuͤbung der Staatsbuͤrger gegen die beſtehende Staatsge-
walt, in ſittlicher und rechtlicher Beziehung. Braunſchw. 1832)
meint (S. 194.), das Problem ſey “Staatsordnungen zu er-
ſchaffen, wodurch jeder Mißbrauch der Staatsgewalt
u. eben dadurch jede Empoͤrung unmoͤglich gemacht
wird.” Wir wuͤrden die Loͤſung dieſes Problems, welche laut
der Vorrede einem zweiten Werke aufgeſpart iſt (das gelieferte
enthaͤlt bloß eine Zuſammenſtellung der Meinungen Anderer) mit
eben ſo großer Verwunderung leſen, als nur die des Johannes
Major ſeyn koͤnnte, ſaͤhe er ſich hier (S. 195.) unter den Kir-
chenvaͤtern aufgefuͤhrt.
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