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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Blick auf d. Systematik d. Staatswissensch.
die demokratischen Principe auszugleichen. Aristoteles nennt
diese Verfassung welche er den Menschen, wie sie einmahl
sind, empfiehlt, Timokratie von der Vermögensschätzung,
während die Timokratie des Platon das Trachten nach
Ehre im Kriege zum Grunde hat und durch einen Ab-
fall der Krieger von seiner besten Verfassung entsteht. Die
Timokratie des Aristoteles, welche er ausführlich in seiner
Ethik (VIII, c. 10.) darlegt, ist nichts anders als eine leich-
ter ausführbare Form seiner Politeia.

In allen sonstigen Einrichtungen wird der Naturgrund
geschützt. Keine Erschütterung der Familie, keine bloße
Staatswirthschaft (wobei gegen Platons Gütergemein-
schaft erinnert wird, daß sie zwar einige Übel hinwegnehme,
aber bei weitem mehr Gutes, und überhaupt nicht möglich
sey), sondern eine Hauswirthschaft, so daß der Mann er-
wirbt, die Frau erhält.

220. Nehmen wir Alles zusammen, Aristoteles bietet
uns einen urbaren Boden der Politik dar, den wir wohl
fortbauen mögen, nur daß wir an die Stelle des harten
Hellenenthums die Christliche Menschen-Liebe und Men-
schen-Achtung setzen, und zwar nicht bloß als humane
Theorie, zur Weide des Gemüths, sondern auch ihren
Entwickelungen im Staate stets getreu bleiben, und dabei
das vorwaltende Element in unserm heutigen Staaten-
Wesen, das Königthum, gründlicher zu begreifen trachten
als Aristoteles es vermochte, der dem Könige sogar Auf-
seher beiordnet (III, 11, 15. VII, 14.).

221. Das Christenthum erschuf eine ganz neue Welt-
betrachtung, indem es die Völker aller Staaten zu Brü-
dern berief. Das konnte nur aus einer großen Innerlich-

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Blick auf d. Syſtematik d. Staatswiſſenſch.
die demokratiſchen Principe auszugleichen. Ariſtoteles nennt
dieſe Verfaſſung welche er den Menſchen, wie ſie einmahl
ſind, empfiehlt, Timokratie von der Vermoͤgensſchaͤtzung,
waͤhrend die Timokratie des Platon das Trachten nach
Ehre im Kriege zum Grunde hat und durch einen Ab-
fall der Krieger von ſeiner beſten Verfaſſung entſteht. Die
Timokratie des Ariſtoteles, welche er ausfuͤhrlich in ſeiner
Ethik (VIII, c. 10.) darlegt, iſt nichts anders als eine leich-
ter ausfuͤhrbare Form ſeiner Politeia.

In allen ſonſtigen Einrichtungen wird der Naturgrund
geſchuͤtzt. Keine Erſchuͤtterung der Familie, keine bloße
Staatswirthſchaft (wobei gegen Platons Guͤtergemein-
ſchaft erinnert wird, daß ſie zwar einige Übel hinwegnehme,
aber bei weitem mehr Gutes, und uͤberhaupt nicht moͤglich
ſey), ſondern eine Hauswirthſchaft, ſo daß der Mann er-
wirbt, die Frau erhaͤlt.

220. Nehmen wir Alles zuſammen, Ariſtoteles bietet
uns einen urbaren Boden der Politik dar, den wir wohl
fortbauen moͤgen, nur daß wir an die Stelle des harten
Hellenenthums die Chriſtliche Menſchen-Liebe und Men-
ſchen-Achtung ſetzen, und zwar nicht bloß als humane
Theorie, zur Weide des Gemuͤths, ſondern auch ihren
Entwickelungen im Staate ſtets getreu bleiben, und dabei
das vorwaltende Element in unſerm heutigen Staaten-
Weſen, das Koͤnigthum, gruͤndlicher zu begreifen trachten
als Ariſtoteles es vermochte, der dem Koͤnige ſogar Auf-
ſeher beiordnet (III, 11, 15. VII, 14.).

221. Das Chriſtenthum erſchuf eine ganz neue Welt-
betrachtung, indem es die Voͤlker aller Staaten zu Bruͤ-
dern berief. Das konnte nur aus einer großen Innerlich-

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[193/0205] Blick auf d. Syſtematik d. Staatswiſſenſch. die demokratiſchen Principe auszugleichen. Ariſtoteles nennt dieſe Verfaſſung welche er den Menſchen, wie ſie einmahl ſind, empfiehlt, Timokratie von der Vermoͤgensſchaͤtzung, waͤhrend die Timokratie des Platon das Trachten nach Ehre im Kriege zum Grunde hat und durch einen Ab- fall der Krieger von ſeiner beſten Verfaſſung entſteht. Die Timokratie des Ariſtoteles, welche er ausfuͤhrlich in ſeiner Ethik (VIII, c. 10.) darlegt, iſt nichts anders als eine leich- ter ausfuͤhrbare Form ſeiner Politeia. In allen ſonſtigen Einrichtungen wird der Naturgrund geſchuͤtzt. Keine Erſchuͤtterung der Familie, keine bloße Staatswirthſchaft (wobei gegen Platons Guͤtergemein- ſchaft erinnert wird, daß ſie zwar einige Übel hinwegnehme, aber bei weitem mehr Gutes, und uͤberhaupt nicht moͤglich ſey), ſondern eine Hauswirthſchaft, ſo daß der Mann er- wirbt, die Frau erhaͤlt. 220. Nehmen wir Alles zuſammen, Ariſtoteles bietet uns einen urbaren Boden der Politik dar, den wir wohl fortbauen moͤgen, nur daß wir an die Stelle des harten Hellenenthums die Chriſtliche Menſchen-Liebe und Men- ſchen-Achtung ſetzen, und zwar nicht bloß als humane Theorie, zur Weide des Gemuͤths, ſondern auch ihren Entwickelungen im Staate ſtets getreu bleiben, und dabei das vorwaltende Element in unſerm heutigen Staaten- Weſen, das Koͤnigthum, gruͤndlicher zu begreifen trachten als Ariſtoteles es vermochte, der dem Koͤnige ſogar Auf- ſeher beiordnet (III, 11, 15. VII, 14.). 221. Das Chriſtenthum erſchuf eine ganz neue Welt- betrachtung, indem es die Voͤlker aller Staaten zu Bruͤ- dern berief. Das konnte nur aus einer großen Innerlich- 13

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/205>, abgerufen am 21.11.2024.