Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Neuntes Capitel. längst ausgebildete Rechtmäßigkeits-Lehre bedarf ihrerohnehin nicht. 237. Für die Staatsfragen der Gegenwart wird die Neuntes Capitel. laͤngſt ausgebildete Rechtmaͤßigkeits-Lehre bedarf ihrerohnehin nicht. 237. Fuͤr die Staatsfragen der Gegenwart wird die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0224" n="212"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Neuntes Capitel</hi>.</fw><lb/> laͤngſt ausgebildete Rechtmaͤßigkeits-Lehre bedarf ihrer<lb/> ohnehin nicht.</p><lb/> <p>237. Fuͤr die Staatsfragen der Gegenwart wird die<lb/> Philoſophie nicht viel mehr thun koͤnnen als die Haupt-<lb/> ſache, daß ſie Sittlichkeit und Recht in einem viel hoͤhe-<lb/> ren Daſeyn als dem menſchlichen zu begruͤnden fortfaͤhrt.<lb/> Der Politik bleibt die wuͤrdige Aufgabe, mit einem durch<lb/> die Vergleichung der Zeitalter geſtaͤrkten Blicke die noth-<lb/> wendigen Neubildungen von den Neuerungen zu unterſchei-<lb/> den, welche unerſaͤttlich ſeys der Muthwille ſeys der Un-<lb/> muth erſinnt. Die Lage der realen Volks-Elemente iſt<lb/> aber dieſe. Faſt uͤberall im Welttheile bildet ein weitver-<lb/> breiteter, ſtets an Gleichartigkeit wachſender <hi rendition="#g">Mittelſtand</hi><lb/> den Kern der Bevoͤlkerung; er hat das Wiſſen der alten<lb/> Geiſtlichkeit, das Vermoͤgen des alten Adels zugleich mit<lb/> ſeinen Waffen in ſich aufgenommen. Ihn hat jede Re-<lb/> gierung vornehmlich zu beachten, denn in ihm ruht ge-<lb/> genwaͤrtig der Schwerpunkt des Staates, der ganze Koͤr-<lb/> per folgt ſeiner Bewegung. Will dieſer Mittelſtand ſich<lb/> als Maſſe geltend machen, ſo hat er die Macht, die ein<lb/> jeder hat, ſich ſelber umzubringen, ſich in einen Bildungs-<lb/> und Vermoͤgens-loſen Poͤbel zu verwandeln. Strebt er<lb/> einſichtig nach ſchuͤtzenden Einrichtungen, ſo moͤgen ſeine<lb/> Mitglieder bedenken, daß nichts ſchuͤtzt als was uͤber uns<lb/> ſteht, als was feſtſteht, erhaben uͤber dem wechſelnden<lb/> Willen der Einzelnen, als was zugleich beſchraͤnkt. Laſſen<lb/> ſeine Mitglieder der gemeſſenen Fortbildung Raum,<lb/> ſo kommt es in Betracht des Endreſultats wenig<lb/> darauf an, ob dieſe emſiger auf den Wegen der<lb/> Verwaltung oder der Verfaſſung vorſchreitet; denn<lb/> beide bilden keine Parallelen, es kommt der Punkt,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [212/0224]
Neuntes Capitel.
laͤngſt ausgebildete Rechtmaͤßigkeits-Lehre bedarf ihrer
ohnehin nicht.
237. Fuͤr die Staatsfragen der Gegenwart wird die
Philoſophie nicht viel mehr thun koͤnnen als die Haupt-
ſache, daß ſie Sittlichkeit und Recht in einem viel hoͤhe-
ren Daſeyn als dem menſchlichen zu begruͤnden fortfaͤhrt.
Der Politik bleibt die wuͤrdige Aufgabe, mit einem durch
die Vergleichung der Zeitalter geſtaͤrkten Blicke die noth-
wendigen Neubildungen von den Neuerungen zu unterſchei-
den, welche unerſaͤttlich ſeys der Muthwille ſeys der Un-
muth erſinnt. Die Lage der realen Volks-Elemente iſt
aber dieſe. Faſt uͤberall im Welttheile bildet ein weitver-
breiteter, ſtets an Gleichartigkeit wachſender Mittelſtand
den Kern der Bevoͤlkerung; er hat das Wiſſen der alten
Geiſtlichkeit, das Vermoͤgen des alten Adels zugleich mit
ſeinen Waffen in ſich aufgenommen. Ihn hat jede Re-
gierung vornehmlich zu beachten, denn in ihm ruht ge-
genwaͤrtig der Schwerpunkt des Staates, der ganze Koͤr-
per folgt ſeiner Bewegung. Will dieſer Mittelſtand ſich
als Maſſe geltend machen, ſo hat er die Macht, die ein
jeder hat, ſich ſelber umzubringen, ſich in einen Bildungs-
und Vermoͤgens-loſen Poͤbel zu verwandeln. Strebt er
einſichtig nach ſchuͤtzenden Einrichtungen, ſo moͤgen ſeine
Mitglieder bedenken, daß nichts ſchuͤtzt als was uͤber uns
ſteht, als was feſtſteht, erhaben uͤber dem wechſelnden
Willen der Einzelnen, als was zugleich beſchraͤnkt. Laſſen
ſeine Mitglieder der gemeſſenen Fortbildung Raum,
ſo kommt es in Betracht des Endreſultats wenig
darauf an, ob dieſe emſiger auf den Wegen der
Verwaltung oder der Verfaſſung vorſchreitet; denn
beide bilden keine Parallelen, es kommt der Punkt,
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