Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Viertzigste (Vierte)
weil mich der Verlust und vermeynte schreckliche Tod meines Sohnes ge-
kräncket und gequälet/ ja auff meinem Tod-Bette würde es mich ange-
fochten haben; Aber ich habe nun erlebet die seelige catastrophen, den er-
freulichen Tausch/ nun ficht mich nichts mehr an/ nun habe ich kein Anlie-
gen mehr.

III. Solatii & gaudii causam, Die Vrsach solches
Trostes und Freude;
das war das Anschauen seines Sohnes
Joseph:
Jch hab zwar/ will er sagen/ das Evangelium gehöret: Dein
Sohn lebet; Aber ich glaubte es nicht/ mein Hertz dachte viel anders:
darauff kamen die Wagen Josephs/ als sigilla, Pfand und Wahrzeichen/
da ward mein Geist wider lebendig/ da respirirt ich ein wenig: Nun mir
aber der Glaube in die Hand kommt/ so will ich gerne sterben: möcht iemand
sagen: Warumb gerne sterben? er hätt vielmehr sollen sagen: Nun will ich
gerne noch länger leben/ gute sanffte Tag haben/ schlaffen und meines Soh-
nes Herrligkeit recht geniessen; Antwort: So hätt er sagen sollen/ wann sein
datum auff das irrdische nur gestanden/ er sahe seinen Bilgram Stand an/
daß die Tage seiner Wahlfahrt wenig und böse/ so war er alt und Lebens-
satt/ derowegen hieß bey ihm nur gern sterben: allein waren ihm seine Kin-
der und Kinds-Kinder angelegen/ deren siebentzig gewesen/ aber nunmehr
sie einen solchen treuen nutricium und propatrem, ernehrer und Versorger
bekommen/ Ade! so hält mich nichts mehr auff.

Hieran und in diesem Stück ist Jacob ein typus Simeonicus,
ein Furbild auff den alt-verlebten frommen Simeon und den
himmlischen Joseph Christum; auff Simeon/
sag ich/ der zwar
auch bey sich betrachtet apolusin mortis & terrores mortis, die für-
stehende Todes-Gefahr und Schrecken;
aber er hat auch Trost
und Freude
concipirt und geschöpfft aus dem Friede/ daß nach der
Wahlfahrt im Friede seine Wohlfahrt folgen werde; Jetzt kommet er
auff die Grundfeste des Trostes: Jetzt/ will er sagen/ mag man mir
meine Augen zutrucken/ sie haben genug gesehen/ sie haben den besten in die-
ser und jener Welt Augen-Lust/ das alleredelste Kleinod gesehen; Das ist
die Trost-Quell und das
thema, so wir ietzo in der Furcht des
Herren abhandlen wollen/ nemlich visio, die edle Schau des
Messi
ae und Heilandes/ meine Augen/ sagt er/ haben deinen
Heiland gesehen;
Das gnadenreiche Phoenomenon Christus

Jesus

Die Viertzigſte (Vierte)
weil mich der Verluſt und vermeynte ſchreckliche Tod meines Sohnes ge-
kraͤncket und gequaͤlet/ ja auff meinem Tod-Bette wuͤrde es mich ange-
fochten haben; Aber ich habe nun erlebet die ſeelige cataſtrophen, den er-
freulichen Tauſch/ nun ficht mich nichts mehr an/ nun habe ich kein Anlie-
gen mehr.

III. Solatii & gaudii cauſam, Die Vrſach ſolches
Troſtes und Freude;
das war das Anſchauen ſeines Sohnes
Joſeph:
Jch hab zwar/ will er ſagen/ das Evangelium gehoͤret: Dein
Sohn lebet; Aber ich glaubte es nicht/ mein Hertz dachte viel anders:
darauff kamen die Wagen Joſephs/ als ſigilla, Pfand und Wahrzeichen/
da ward mein Geiſt wider lebendig/ da reſpirirt ich ein wenig: Nun mir
aber der Glaube in die Hand kom̃t/ ſo will ich gerne ſterben: moͤcht iemand
ſagen: Warumb gerne ſterben? er haͤtt vielmehr ſollen ſagen: Nun will ich
gerne noch laͤnger leben/ gute ſanffte Tag haben/ ſchlaffen und meines Soh-
nes Herrligkeit recht genieſſen; Antwort: So haͤtt er ſagen ſollen/ wañ ſein
datum auff das irrdiſche nur geſtanden/ er ſahe ſeinen Bilgram Stand an/
daß die Tage ſeiner Wahlfahrt wenig und boͤſe/ ſo war er alt und Lebens-
ſatt/ derowegen hieß bey ihm nur gern ſterben: allein waren ihm ſeine Kin-
der und Kinds-Kinder angelegen/ deren ſiebentzig geweſen/ aber nunmehr
ſie einen ſolchen treuen nutricium und propatrem, ernehrer und Verſorger
bekommen/ Ade! ſo haͤlt mich nichts mehr auff.

Hieran und in dieſem Stuͤck iſt Jacob ein typus Simeonicus,
ein Fůrbild auff den alt-verlebten frommen Simeon und den
himmliſchen Joſeph Chriſtum; auff Simeon/
ſag ich/ der zwar
auch bey ſich betrachtet ἀπόλυσιν mortis & terrores mortis, die fuͤr-
ſtehende Todes-Gefahr und Schrecken;
aber er hat auch Troſt
und Freude
concipirt und geſchoͤpfft aus dem Friede/ daß nach der
Wahlfahrt im Friede ſeine Wohlfahrt folgen werde; Jetzt kommet er
auff die Grundfeſte des Troſtes: Jetzt/ will er ſagen/ mag man mir
meine Augen zutrucken/ ſie haben genug geſehen/ ſie haben den beſten in die-
ſer und jener Welt Augen-Luſt/ das alleredelſte Kleinod geſehen; Das iſt
die Troſt-Quell und das
thema, ſo wir ietzo in der Furcht des
Herren abhandlen wollen/ nemlich viſio, die edle Schau des
Meſſi
æ und Heilandes/ meine Augen/ ſagt er/ haben deinen
Heiland geſehen;
Das gnadenreiche Phœnomenon Chriſtus

Jeſus
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0520" n="488"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Viertzig&#x017F;te (Vierte)</hi></fw><lb/>
weil mich der Verlu&#x017F;t und vermeynte &#x017F;chreckliche Tod meines Sohnes ge-<lb/>
kra&#x0364;ncket und gequa&#x0364;let/ ja auff meinem Tod-Bette wu&#x0364;rde es mich ange-<lb/>
fochten haben; Aber ich habe nun erlebet die &#x017F;eelige <hi rendition="#aq">cata&#x017F;trophen,</hi> den er-<lb/>
freulichen Tau&#x017F;ch/ nun ficht mich nichts mehr an/ nun habe ich kein Anlie-<lb/>
gen mehr.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">III.</hi> Solatii &amp; gaudii cau&#x017F;am,</hi><hi rendition="#fr">Die Vr&#x017F;ach &#x017F;olches<lb/>
Tro&#x017F;tes und Freude;</hi> das war <hi rendition="#fr">das An&#x017F;chauen &#x017F;eines Sohnes<lb/>
Jo&#x017F;eph:</hi> Jch hab zwar/ will er &#x017F;agen/ das Evangelium geho&#x0364;ret: Dein<lb/>
Sohn lebet; Aber ich glaubte es nicht/ mein Hertz dachte viel anders:<lb/>
darauff kamen die Wagen Jo&#x017F;ephs/ als <hi rendition="#aq">&#x017F;igilla,</hi> Pfand und Wahrzeichen/<lb/>
da ward mein Gei&#x017F;t wider lebendig/ da <hi rendition="#aq">re&#x017F;pir</hi>irt ich ein wenig: Nun mir<lb/>
aber der Glaube in die Hand kom&#x0303;t/ &#x017F;o will ich gerne &#x017F;terben: mo&#x0364;cht iemand<lb/>
&#x017F;agen: Warumb gerne &#x017F;terben? er ha&#x0364;tt vielmehr &#x017F;ollen &#x017F;agen: Nun will ich<lb/>
gerne noch la&#x0364;nger leben/ gute &#x017F;anffte Tag haben/ &#x017F;chlaffen und meines Soh-<lb/>
nes Herrligkeit recht genie&#x017F;&#x017F;en; Antwort: So ha&#x0364;tt er &#x017F;agen &#x017F;ollen/ wan&#x0303; &#x017F;ein<lb/><hi rendition="#aq">datum</hi> auff das irrdi&#x017F;che nur ge&#x017F;tanden/ er &#x017F;ahe &#x017F;einen Bilgram Stand an/<lb/>
daß die Tage &#x017F;einer Wahlfahrt wenig und bo&#x0364;&#x017F;e/ &#x017F;o war er alt und Lebens-<lb/>
&#x017F;att/ derowegen hieß bey ihm nur gern &#x017F;terben: allein waren ihm &#x017F;eine Kin-<lb/>
der und Kinds-Kinder angelegen/ deren &#x017F;iebentzig gewe&#x017F;en/ aber nunmehr<lb/>
&#x017F;ie einen &#x017F;olchen treuen <hi rendition="#aq">nutricium</hi> und <hi rendition="#aq">propatrem,</hi> ernehrer und Ver&#x017F;orger<lb/>
bekommen/ Ade! &#x017F;o ha&#x0364;lt mich nichts mehr auff.</p><lb/>
          <p>Hieran und in die&#x017F;em Stu&#x0364;ck <hi rendition="#fr">i&#x017F;t Jacob ein</hi> <hi rendition="#aq">typus Simeonicus,</hi><lb/><hi rendition="#fr">ein F&#x016F;rbild auff den alt-verlebten frommen Simeon und den<lb/>
himmli&#x017F;chen Jo&#x017F;eph Chri&#x017F;tum; auff Simeon/</hi> &#x017F;ag ich/ der zwar<lb/>
auch bey &#x017F;ich betrachtet &#x1F00;&#x03C0;&#x03CC;&#x03BB;&#x03C5;&#x03C3;&#x03B9;&#x03BD; <hi rendition="#aq">mortis &amp; terrores mortis,</hi> <hi rendition="#fr">die fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;tehende Todes-Gefahr und Schrecken;</hi> aber er hat auch <hi rendition="#fr">Tro&#x017F;t<lb/>
und Freude</hi> <hi rendition="#aq">concip</hi>irt und ge&#x017F;cho&#x0364;pfft <hi rendition="#fr">aus dem Friede/</hi> daß nach der<lb/>
Wahlfahrt im Friede &#x017F;eine Wohlfahrt folgen werde; Jetzt kommet er<lb/>
auff <hi rendition="#fr">die Grundfe&#x017F;te des Tro&#x017F;tes:</hi> Jetzt/ will er &#x017F;agen/ mag man mir<lb/>
meine Augen zutrucken/ &#x017F;ie haben genug ge&#x017F;ehen/ &#x017F;ie haben den be&#x017F;ten in die-<lb/>
&#x017F;er und jener Welt Augen-Lu&#x017F;t/ das alleredel&#x017F;te Kleinod ge&#x017F;ehen; <hi rendition="#fr">Das i&#x017F;t<lb/>
die Tro&#x017F;t-Quell und das</hi> <hi rendition="#aq">thema,</hi> &#x017F;o wir ietzo in der Furcht des<lb/><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Herren</hi></hi> abhandlen wollen/ nemlich <hi rendition="#aq">vi&#x017F;io,</hi> <hi rendition="#fr">die edle Schau des<lb/>
Me&#x017F;&#x017F;i</hi><hi rendition="#aq">æ</hi> <hi rendition="#fr">und Heilandes/ meine Augen/</hi> &#x017F;agt er/ <hi rendition="#fr">haben deinen<lb/>
Heiland ge&#x017F;ehen;</hi> Das gnadenreiche <hi rendition="#aq">Ph&#x0153;nomenon</hi> <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;tus</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Je&#x017F;us</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[488/0520] Die Viertzigſte (Vierte) weil mich der Verluſt und vermeynte ſchreckliche Tod meines Sohnes ge- kraͤncket und gequaͤlet/ ja auff meinem Tod-Bette wuͤrde es mich ange- fochten haben; Aber ich habe nun erlebet die ſeelige cataſtrophen, den er- freulichen Tauſch/ nun ficht mich nichts mehr an/ nun habe ich kein Anlie- gen mehr. III. Solatii & gaudii cauſam, Die Vrſach ſolches Troſtes und Freude; das war das Anſchauen ſeines Sohnes Joſeph: Jch hab zwar/ will er ſagen/ das Evangelium gehoͤret: Dein Sohn lebet; Aber ich glaubte es nicht/ mein Hertz dachte viel anders: darauff kamen die Wagen Joſephs/ als ſigilla, Pfand und Wahrzeichen/ da ward mein Geiſt wider lebendig/ da reſpirirt ich ein wenig: Nun mir aber der Glaube in die Hand kom̃t/ ſo will ich gerne ſterben: moͤcht iemand ſagen: Warumb gerne ſterben? er haͤtt vielmehr ſollen ſagen: Nun will ich gerne noch laͤnger leben/ gute ſanffte Tag haben/ ſchlaffen und meines Soh- nes Herrligkeit recht genieſſen; Antwort: So haͤtt er ſagen ſollen/ wañ ſein datum auff das irrdiſche nur geſtanden/ er ſahe ſeinen Bilgram Stand an/ daß die Tage ſeiner Wahlfahrt wenig und boͤſe/ ſo war er alt und Lebens- ſatt/ derowegen hieß bey ihm nur gern ſterben: allein waren ihm ſeine Kin- der und Kinds-Kinder angelegen/ deren ſiebentzig geweſen/ aber nunmehr ſie einen ſolchen treuen nutricium und propatrem, ernehrer und Verſorger bekommen/ Ade! ſo haͤlt mich nichts mehr auff. Hieran und in dieſem Stuͤck iſt Jacob ein typus Simeonicus, ein Fůrbild auff den alt-verlebten frommen Simeon und den himmliſchen Joſeph Chriſtum; auff Simeon/ ſag ich/ der zwar auch bey ſich betrachtet ἀπόλυσιν mortis & terrores mortis, die fuͤr- ſtehende Todes-Gefahr und Schrecken; aber er hat auch Troſt und Freude concipirt und geſchoͤpfft aus dem Friede/ daß nach der Wahlfahrt im Friede ſeine Wohlfahrt folgen werde; Jetzt kommet er auff die Grundfeſte des Troſtes: Jetzt/ will er ſagen/ mag man mir meine Augen zutrucken/ ſie haben genug geſehen/ ſie haben den beſten in die- ſer und jener Welt Augen-Luſt/ das alleredelſte Kleinod geſehen; Das iſt die Troſt-Quell und das thema, ſo wir ietzo in der Furcht des Herren abhandlen wollen/ nemlich viſio, die edle Schau des Meſſiæ und Heilandes/ meine Augen/ ſagt er/ haben deinen Heiland geſehen; Das gnadenreiche Phœnomenon Chriſtus Jeſus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/520
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/520>, abgerufen am 22.11.2024.