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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Predigt.
Welt trüge. Lutherus beweiset solches mit dem Exempel eines Mönchs/Luther.
Comm. ad
Genes. 42.
fol.
104.

der dieweil er im Closter gewest/ immer Vrsach gefunden zu zürnen und eifern/
und also zu sündigen/ hat er sich in eine Einöde begeben; als er einsmals sei-
nen Krug am Brunden angestossen: wirfft er ihn im Zorn auff den Boden
und bricht ihn vollends; Da er zu sich selber kommt/ gedencket er allererst
der Sache nach/ da hab ichs wohl getroffen! Er hat empfunden/ daß er
nicht durch andere Leute/ sondern seine eigene verderbte Natur seye zum
Zorn und Vngedult angereitzet worden/ hat sich demnach wider in das
Closter begeben/ und sich der Gedult und Bescheidenheit befliessen.

Aber das ist der Weg/ der Welt brauchen und nicht mißbrauchen;
Brauche der Welt/ schreibet Augustinus, wie ein Wandersmann im
Saal des Tisches/ Bechers und Eymers oder andern Gefäß brauchet/
als ein Schaffner der davon muß/ nicht als wann du ewig darinnen blei-
ben woltest. Wir sollen die weltlichen Dinge besitzen/ schreibet Grego-
rius M. tom. 36. in Evang.
aber uns nicht von denselben besitzen lassen. Ja
freylich ists an dem/ wie Chrysostomus sagt ad Rom. 8. Jn dem Ver-
langen sihestu/ daß dich die Creatur schamroth mache; die Creatur seuff-
zet/ du lachest: Sie begehrt deine Erlösung/ du wilt lieber gefangen seyn.
So soltu nicht dein Hertz an das gegenwärtige hencken/ sondern seuffzen;
dann thut das die Creatur und sehnet sich nach der Freyheit/ wie kan dir
wohl seyn in der Hafft und Gefängnüß dieser Welt/ und dero vergäng-
lichen Güter? So wenig die Creatur ihrer Hoffnung verfehlet/ so wenig/
und noch viel weniger wird der außerwehlten Christen Hoffnung nicht
lassen zu Schanden werden. Gott wolle unsere Hoffnung durch das
Pfand seines Geistes in unsern Hertzen versiegeln/
Amen.



Die
Sechster Theil. D d d d

Predigt.
Welt truͤge. Lutherus beweiſet ſolches mit dem Exempel eines Moͤnchs/Luther.
Comm. ad
Geneſ. 42.
fol.
104.

der dieweil er im Cloſter geweſt/ im̃er Vrſach gefunden zu zuͤrnen und eifern/
und alſo zu ſuͤndigen/ hat er ſich in eine Einoͤde begeben; als er einsmals ſei-
nen Krug am Bruñen angeſtoſſen: wirfft er ihn im Zorn auff den Boden
und bricht ihn vollends; Da er zu ſich ſelber kommt/ gedencket er allererſt
der Sache nach/ da hab ichs wohl getroffen! Er hat empfunden/ daß er
nicht durch andere Leute/ ſondern ſeine eigene verderbte Natur ſeye zum
Zorn und Vngedult angereitzet worden/ hat ſich demnach wider in das
Cloſter begeben/ und ſich der Gedult und Beſcheidenheit beflieſſen.

Aber das iſt der Weg/ der Welt brauchen und nicht mißbrauchen;
Brauche der Welt/ ſchreibet Auguſtinus, wie ein Wandersmann im
Saal des Tiſches/ Bechers und Eymers oder andern Gefaͤß brauchet/
als ein Schaffner der davon muß/ nicht als wann du ewig darinnen blei-
ben wolteſt. Wir ſollen die weltlichen Dinge beſitzen/ ſchreibet Grego-
rius M. tom. 36. in Evang.
aber uns nicht von denſelben beſitzen laſſen. Ja
freylich iſts an dem/ wie Chryſoſtomus ſagt ad Rom. 8. Jn dem Ver-
langen ſiheſtu/ daß dich die Creatur ſchamroth mache; die Creatur ſeuff-
zet/ du lacheſt: Sie begehrt deine Erloͤſung/ du wilt lieber gefangen ſeyn.
So ſoltu nicht dein Hertz an das gegenwaͤrtige hencken/ ſondern ſeuffzen;
dann thut das die Creatur und ſehnet ſich nach der Freyheit/ wie kan dir
wohl ſeyn in der Hafft und Gefaͤngnuͤß dieſer Welt/ und dero vergaͤng-
lichen Guͤter? So wenig die Creatur ihrer Hoffnung verfehlet/ ſo wenig/
und noch viel weniger wird der außerwehlten Chriſten Hoffnung nicht
laſſen zu Schanden werden. Gott wolle unſere Hoffnung durch das
Pfand ſeines Geiſtes in unſern Hertzen verſiegeln/
Amen.



Die
Sechſter Theil. D d d d
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[577/0609] Predigt. Welt truͤge. Lutherus beweiſet ſolches mit dem Exempel eines Moͤnchs/ der dieweil er im Cloſter geweſt/ im̃er Vrſach gefunden zu zuͤrnen und eifern/ und alſo zu ſuͤndigen/ hat er ſich in eine Einoͤde begeben; als er einsmals ſei- nen Krug am Bruñen angeſtoſſen: wirfft er ihn im Zorn auff den Boden und bricht ihn vollends; Da er zu ſich ſelber kommt/ gedencket er allererſt der Sache nach/ da hab ichs wohl getroffen! Er hat empfunden/ daß er nicht durch andere Leute/ ſondern ſeine eigene verderbte Natur ſeye zum Zorn und Vngedult angereitzet worden/ hat ſich demnach wider in das Cloſter begeben/ und ſich der Gedult und Beſcheidenheit beflieſſen. Luther. Comm. ad Geneſ. 42. fol. 104. Aber das iſt der Weg/ der Welt brauchen und nicht mißbrauchen; Brauche der Welt/ ſchreibet Auguſtinus, wie ein Wandersmann im Saal des Tiſches/ Bechers und Eymers oder andern Gefaͤß brauchet/ als ein Schaffner der davon muß/ nicht als wann du ewig darinnen blei- ben wolteſt. Wir ſollen die weltlichen Dinge beſitzen/ ſchreibet Grego- rius M. tom. 36. in Evang. aber uns nicht von denſelben beſitzen laſſen. Ja freylich iſts an dem/ wie Chryſoſtomus ſagt ad Rom. 8. Jn dem Ver- langen ſiheſtu/ daß dich die Creatur ſchamroth mache; die Creatur ſeuff- zet/ du lacheſt: Sie begehrt deine Erloͤſung/ du wilt lieber gefangen ſeyn. So ſoltu nicht dein Hertz an das gegenwaͤrtige hencken/ ſondern ſeuffzen; dann thut das die Creatur und ſehnet ſich nach der Freyheit/ wie kan dir wohl ſeyn in der Hafft und Gefaͤngnuͤß dieſer Welt/ und dero vergaͤng- lichen Guͤter? So wenig die Creatur ihrer Hoffnung verfehlet/ ſo wenig/ und noch viel weniger wird der außerwehlten Chriſten Hoffnung nicht laſſen zu Schanden werden. Gott wolle unſere Hoffnung durch das Pfand ſeines Geiſtes in unſern Hertzen verſiegeln/ Amen. Die Sechſter Theil. D d d d

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/609>, abgerufen am 27.11.2024.