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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

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Die zwölffte
Die
Zwölffte und letste
Eingangs-Predigt/
Von
Dem Sacramentlichen Siegel.

GEliebte in Christo. Jacobs Hertz/ unser Hertz! So
mögen wir wol sagen und urtheilen/ von der Histori und
Wunderspiel/ welches die Göttliche Providentz mit ihme
dem heiligen Patriarchen Jacob/ und seinem Sohn Jo-
seph/ gespielet/ beschrieben Gen. 37. und 45. Da Jacobs
Hertz uns gleichsam anatomirt, beschrieben und fürgeleget wird

Als I. Ein Trostloses/ betrübtes/ wehmütiges Hertz.
Nachdem er seinen Sohn Joseph verlohren/ und in die conjectur oder
Wahn gesetzet worden/ ein böses/ wildes/ reissendes Thier habe ihn zerris-
sen und gefressen/ nichts mehr übrig gelassen/ als seinen blutigen bunten
Rock; Ach sagt er/ nun werde ich mit Hertzenleyd hinunter fahren in die
Gruben/ zu meinem Sohn! Ach der schweren Sünde/ was hab ich alter
Narr gedacht/ daß ich das theure depositum, meinen liebsten Sohn/ also
hinauß geschleudert und verliederlicht? Daß ich den Knaben ohn comi-
tat
und sicher Geleit oder Gefertschafft/ ohn Wehr und Waffen von mir
gelassen/ und also in die Rapus gegeben? Jch bin das wilde reissende
Thier/ ich bin ein Mörder an ihm worden: O Wehmuth/ O bitter
Wermuth!

II. Als ein Trostdürfftiges und begieriges Hertz. Kein
Hirsch schreyet in der Hatz und Jagt so durstig und sehnlich nach frischem
Wasser/ keine Perlingebärende Meer-Schnecke seufftzet so hefftig nach
dem kühlen Himmels-Thau/ kein Krancker rufft so ängstiglich nach der
Artzney/ als Jacob damal nach den lebendigen Trost-Quellen Jsraelis:
Zwar seine Kinder/ Söhn und Töchter/ tretten herzu und trösten ihn/
aber dieweil es leidige Tröster/ und Wolcken ohne Wasser geweßt/ wolt
er sich nicht trösten lassen. War also

III. Ein Troststreitendes und schwachglaubiges Hertz.
Es erschallen zwar in seinen Ohren bona nova, seine Söhne bringen
ihm das fröliche Evangelium/ Joseph lebe noch/ und sey ein grosser Herr/

er
Die zwoͤlffte
Die
Zwoͤlffte und letſte
Eingangs-Predigt/
Von
Dem Sacramentlichen Siegel.

GEliebte in Chriſto. Jacobs Hertz/ unſer Hertz! So
moͤgen wir wol ſagen und urtheilen/ von der Hiſtori und
Wunderſpiel/ welches die Goͤttliche Providentz mit ihme
dem heiligen Patriarchen Jacob/ und ſeinem Sohn Jo-
ſeph/ geſpielet/ beſchrieben Gen. 37. und 45. Da Jacobs
Hertz uns gleichſam anatomirt, beſchrieben und fuͤrgeleget wird

Als I. Ein Troſtloſes/ betruͤbtes/ wehmuͤtiges Hertz.
Nachdem er ſeinen Sohn Joſeph verlohren/ und in die conjectur oder
Wahn geſetzet worden/ ein boͤſes/ wildes/ reiſſendes Thier habe ihn zerriſ-
ſen und gefreſſen/ nichts mehr uͤbrig gelaſſen/ als ſeinen blutigen bunten
Rock; Ach ſagt er/ nun werde ich mit Hertzenleyd hinunter fahren in die
Gruben/ zu meinem Sohn! Ach der ſchweren Suͤnde/ was hab ich alter
Narꝛ gedacht/ daß ich das theure depoſitum, meinen liebſten Sohn/ alſo
hinauß geſchleudert und verliederlicht? Daß ich den Knaben ohn comi-
tat
und ſicher Geleit oder Gefertſchafft/ ohn Wehr und Waffen von mir
gelaſſen/ und alſo in die Rapuſ gegeben? Jch bin das wilde reiſſende
Thier/ ich bin ein Moͤrder an ihm worden: O Wehmuth/ O bitter
Wermuth!

II. Als ein Troſtduͤrfftiges und begieriges Hertz. Kein
Hirſch ſchreyet in der Hatz und Jagt ſo durſtig und ſehnlich nach friſchem
Waſſer/ keine Perlingebaͤrende Meer-Schnecke ſeufftzet ſo hefftig nach
dem kuͤhlen Himmels-Thau/ kein Krancker rufft ſo aͤngſtiglich nach der
Artzney/ als Jacob damal nach den lebendigen Troſt-Quellen Jſraelis:
Zwar ſeine Kinder/ Soͤhn und Toͤchter/ tretten herzu und troͤſten ihn/
aber dieweil es leidige Troͤſter/ und Wolcken ohne Waſſer geweßt/ wolt
er ſich nicht troͤſten laſſen. War alſo

III. Ein Troſtſtreitendes und ſchwachglaubiges Hertz.
Es erſchallen zwar in ſeinen Ohren bona nova, ſeine Soͤhne bringen
ihm das froͤliche Evangelium/ Joſeph lebe noch/ und ſey ein groſſer Herꝛ/

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[186/0208] Die zwoͤlffte Die Zwoͤlffte und letſte Eingangs-Predigt/ Von Dem Sacramentlichen Siegel. GEliebte in Chriſto. Jacobs Hertz/ unſer Hertz! So moͤgen wir wol ſagen und urtheilen/ von der Hiſtori und Wunderſpiel/ welches die Goͤttliche Providentz mit ihme dem heiligen Patriarchen Jacob/ und ſeinem Sohn Jo- ſeph/ geſpielet/ beſchrieben Gen. 37. und 45. Da Jacobs Hertz uns gleichſam anatomirt, beſchrieben und fuͤrgeleget wird Als I. Ein Troſtloſes/ betruͤbtes/ wehmuͤtiges Hertz. Nachdem er ſeinen Sohn Joſeph verlohren/ und in die conjectur oder Wahn geſetzet worden/ ein boͤſes/ wildes/ reiſſendes Thier habe ihn zerriſ- ſen und gefreſſen/ nichts mehr uͤbrig gelaſſen/ als ſeinen blutigen bunten Rock; Ach ſagt er/ nun werde ich mit Hertzenleyd hinunter fahren in die Gruben/ zu meinem Sohn! Ach der ſchweren Suͤnde/ was hab ich alter Narꝛ gedacht/ daß ich das theure depoſitum, meinen liebſten Sohn/ alſo hinauß geſchleudert und verliederlicht? Daß ich den Knaben ohn comi- tat und ſicher Geleit oder Gefertſchafft/ ohn Wehr und Waffen von mir gelaſſen/ und alſo in die Rapuſ gegeben? Jch bin das wilde reiſſende Thier/ ich bin ein Moͤrder an ihm worden: O Wehmuth/ O bitter Wermuth! II. Als ein Troſtduͤrfftiges und begieriges Hertz. Kein Hirſch ſchreyet in der Hatz und Jagt ſo durſtig und ſehnlich nach friſchem Waſſer/ keine Perlingebaͤrende Meer-Schnecke ſeufftzet ſo hefftig nach dem kuͤhlen Himmels-Thau/ kein Krancker rufft ſo aͤngſtiglich nach der Artzney/ als Jacob damal nach den lebendigen Troſt-Quellen Jſraelis: Zwar ſeine Kinder/ Soͤhn und Toͤchter/ tretten herzu und troͤſten ihn/ aber dieweil es leidige Troͤſter/ und Wolcken ohne Waſſer geweßt/ wolt er ſich nicht troͤſten laſſen. War alſo III. Ein Troſtſtreitendes und ſchwachglaubiges Hertz. Es erſchallen zwar in ſeinen Ohren bona nova, ſeine Soͤhne bringen ihm das froͤliche Evangelium/ Joſeph lebe noch/ und ſey ein groſſer Herꝛ/ er

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/208>, abgerufen am 23.11.2024.