Zu welchem Ende/ und solche devotion zu stärcken/ wollen wir jetzt und ins künfftig das Signaculum Sacramentale & memoriale, welches in abgelesener Wunder-Geschicht uns zu betrachten vorkomt/ mit GOtt/ erklären. Für diß erste mahl seind wir entschlossen still zu stehen allein bey dem ersten Phaenomeno, der heilwerthen Quellen/ aus welcher Wasser und Blut in die H. Sacramenta geflossen. Nemlich der heiligsten und heilsamsten Wunde der eröffneten Seiten. Dieselbe nun also zubetrachten/ daß Gottes Ehre befördert/ wir im Glauben erbauet und in unser Seelen erquicket werden/ bitten wir den himmlischen Vater um seines guten H. Geistes Würckung/ Gnad und Segen/ Amen.
OB nun zwar wol das Wort der Wunden im Text nicht auß- getruckt stehet/ so gibts doch die uponoia per se, der effect oder Würckung zeugt von seiner Ursach und Ursprung/ der Was- ser- und Blut-Fluß von der Quell/ die Beschreibung deß actus oder Mißhandlung deß Kriegs-Knechts (enuxe te logkhe, er hat gestochen mit einem Speer) redet von einer gestochenen Wunde/ dadurch das continuum solvirt/ durch einen mörderischen Stich und Stoß. Es war vulnus laterale, ein Seiten-Wund/ ein rothe frische Wund. An welcher Seit aber? Der rechten oder lincken? Können wir eigentlich nicht wissen: Wiewol wir die alte tradition Cyrilli de vul- nere cordiali sinistro, es sey ein Hertz-Stoß oder Hertzens-Wund ge- wesen auff der lincken Seiten/ nicht allerdings verwerffen wollen/ der Stratiot hab wollen exploriren und erblicken/ ob der HErr wahrhafftig tod seye/ darum hab er das principium vitae, oder die Quelle deß Le- bens angreiffen wollen/ auff daß/ so er noch nicht gar tod wäre/ er ihm die Schmertzen verkürtzen möchte mit diesem Hertz-Stich oder Stoß. Dem aber zu wider/ bezeugt der Evangelist klar im vorhergehenden v. 33.(*) referen- te Erasm. Schmid/ in h. l. p. 757. Er sey schon gestorbengewesen. Darum jener Christliche Mahler und Controfeter Lucas Cranachius, (*) der teutsche Apelles, ihm recht gethan/ daß er dem Bildnüß Christi oder gemahlten crucifix (welches noch jetzo zu Wittenberg in anteriore coenobio Augusti auffgehebet und zu finden) auff keiner Seiten die Wunde machen wollen/ welcher auch deßwegen/ da er gefragt worden/ geantwortet: Er wolle warten biß die Gelehrten hierüber eins werden/ als von welchen er noch nichts gewisses vernehmen können: Bey welcher Antwort wir es auch lassen bewenden.
Es sey nun die Seit gewesen/ welche es wolle/ die rechte oder lincke/ so ist sie doch vulnus apertum & hians, eine eröffnete/ gespaltene/ fri-
sche/
A 3
Predigt.
Zu welchem Ende/ und ſolche devotion zu ſtaͤrcken/ wollen wir jetzt und ins kuͤnfftig das Signaculum Sacramentale & memoriale, welches in abgeleſener Wunder-Geſchicht uns zu betrachten vorkomt/ mit GOtt/ erklaͤren. Fuͤr diß erſte mahl ſeind wir entſchloſſen ſtill zu ſtehen allein bey dem erſten Phænomeno, der heilwerthen Quellen/ aus welcher Waſſer und Blut in die H. Sacramenta gefloſſen. Nemlich der heiligſten und heilſamſten Wunde der eroͤffneten Seiten. Dieſelbe nun alſo zubetrachten/ daß Gottes Ehre befoͤrdert/ wir im Glauben erbauet und in unſer Seelen erquicket werden/ bitten wir den himmliſchen Vater um ſeines guten H. Geiſtes Wuͤrckung/ Gnad und Segen/ Amen.
OB nun zwar wol das Wort der Wunden im Text nicht auß- getruckt ſtehet/ ſo gibts doch die ὑπόνοια per ſe, der effect oder Wuͤrckung zeugt von ſeiner Urſach und Urſprung/ der Waſ- ſer- und Blut-Fluß von der Quell/ die Beſchreibung deß actus oder Mißhandlung deß Kriegs-Knechts (ἔνυξε τῇ λόγχῃ, er hat geſtochen mit einem Speer) redet von einer geſtochenen Wunde/ dadurch das continuum ſolvirt/ durch einen moͤrderiſchen Stich und Stoß. Es war vulnus laterale, ein Seiten-Wund/ ein rothe friſche Wund. An welcher Seit aber? Der rechten oder lincken? Koͤnnen wir eigentlich nicht wiſſen: Wiewol wir die alte tradition Cyrilli de vul- nere cordiali ſiniſtro, es ſey ein Hertz-Stoß oder Hertzens-Wund ge- weſen auff der lincken Seiten/ nicht allerdings verwerffen wollen/ der Stratiot hab wollen exploriren und erblicken/ ob der HErꝛ wahrhafftig tod ſeye/ darum hab er das principium vitæ, oder die Quelle deß Le- bens angreiffen wollen/ auff daß/ ſo er noch nicht gar tod waͤre/ er ihm die Schmertzen verkuͤrtzen moͤchte mit dieſem Hertz-Stich oder Stoß. Dem aber zu wider/ bezeugt der Evangeliſt klar im vorhergehenden v. 33.(*) referen- te Eraſm. Schmid/ in h. l. p. 757. Er ſey ſchon geſtorbengeweſen. Darum jener Chriſtliche Mahler und Controfeter Lucas Cranachius, (*) der teutſche Apelles, ihm recht gethan/ daß er dem Bildnuͤß Chriſti oder gemahlten crucifix (welches noch jetzo zu Wittenberg in anteriore cœnobio Auguſti auffgehebet und zu finden) auff keiner Seiten die Wunde machen wollen/ welcher auch deßwegen/ da er gefragt worden/ geantwortet: Er wolle warten biß die Gelehrten hieruͤber eins werden/ als von welchen er noch nichts gewiſſes vernehmen koͤnnen: Bey welcher Antwort wir es auch laſſen bewenden.
Es ſey nun die Seit geweſen/ welche es wolle/ die rechte oder lincke/ ſo iſt ſie doch vulnus apertum & hians, eine eroͤffnete/ geſpaltene/ fri-
ſche/
A 3
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0027"n="5"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Predigt.</hi></fw><lb/><p>Zu welchem Ende/ und ſolche <hirendition="#aq">devotion</hi> zu ſtaͤrcken/ wollen wir jetzt<lb/>
und ins kuͤnfftig das <hirendition="#aq">Signaculum Sacramentale & memoriale,</hi> welches<lb/>
in abgeleſener Wunder-Geſchicht uns zu betrachten vorkomt/ mit GOtt/<lb/>
erklaͤren. Fuͤr diß erſte mahl ſeind wir entſchloſſen ſtill zu ſtehen allein bey<lb/>
dem erſten <hirendition="#aq">Phænomeno,</hi> der heilwerthen Quellen/ aus welcher Waſſer<lb/>
und Blut in die H. Sacramenta gefloſſen. Nemlich <hirendition="#fr">der heiligſten<lb/>
und heilſamſten Wunde der eroͤffneten Seiten.</hi> Dieſelbe nun<lb/>
alſo zubetrachten/ daß Gottes Ehre befoͤrdert/ wir im Glauben erbauet und<lb/>
in unſer Seelen erquicket werden/ bitten wir den himmliſchen Vater um<lb/>ſeines guten H. Geiſtes Wuͤrckung/ Gnad und Segen/ Amen.</p><lb/><p><hirendition="#in">O</hi>B nun zwar wol das Wort der <hirendition="#fr">Wunden</hi> im Text nicht auß-<lb/>
getruckt ſtehet/ ſo gibts doch die ὑπόνοια<hirendition="#aq">per ſe,</hi> der <hirendition="#aq">effect</hi> oder<lb/>
Wuͤrckung zeugt von ſeiner Urſach und Urſprung/ der Waſ-<lb/>ſer- und Blut-Fluß von der Quell/ die Beſchreibung deß <hirendition="#aq">actus</hi> oder<lb/>
Mißhandlung deß Kriegs-Knechts (ἔνυξετῇλόγχῃ, <hirendition="#fr">er hat geſtochen<lb/>
mit einem Speer</hi>) redet von einer geſtochenen Wunde/ dadurch<lb/>
das <hirendition="#aq">continuum ſolvi</hi>rt/ durch einen moͤrderiſchen Stich und Stoß.<lb/>
Es war <hirendition="#aq">vulnus laterale,</hi> ein <hirendition="#fr">Seiten-Wund/</hi> ein rothe friſche<lb/>
Wund. An welcher Seit aber? Der rechten oder lincken? Koͤnnen wir<lb/>
eigentlich nicht wiſſen: Wiewol wir die alte <hirendition="#aq">tradition Cyrilli de vul-<lb/>
nere cordiali ſiniſtro,</hi> es ſey ein Hertz-Stoß oder Hertzens-Wund ge-<lb/>
weſen auff der lincken Seiten/ nicht allerdings verwerffen wollen/ der<lb/><hirendition="#aq">Stratiot</hi> hab wollen <hirendition="#aq">explori</hi>ren und erblicken/ ob der HErꝛ wahrhafftig<lb/>
tod ſeye/ darum hab er das <hirendition="#aq">principium vitæ,</hi> oder die Quelle deß Le-<lb/>
bens angreiffen wollen/ auff daß/ ſo er noch nicht gar tod waͤre/ er ihm<lb/>
die Schmertzen verkuͤrtzen moͤchte mit dieſem Hertz-Stich oder Stoß.<lb/>
Dem aber zu wider/ bezeugt der Evangeliſt klar im vorhergehenden v. 33.<noteplace="right">(*) <hirendition="#aq">referen-<lb/>
te Eraſm.</hi><lb/>
Schmid/<lb/><hirendition="#aq">in h. l. p.</hi><lb/>
757.</note><lb/><hirendition="#fr">Er ſey ſchon geſtorbengeweſen.</hi> Darum jener Chriſtliche Mahler<lb/>
und Controfeter <hirendition="#aq">Lucas Cranachius,</hi> (*) der teutſche <hirendition="#aq">Apelles,</hi> ihm recht<lb/>
gethan/ daß er dem Bildnuͤß Chriſti oder gemahlten <hirendition="#aq">crucifix</hi> (welches<lb/>
noch jetzo zu Wittenberg <hirendition="#aq">in anteriore cœnobio Auguſti</hi> auffgehebet und<lb/>
zu finden) auff keiner Seiten die Wunde machen wollen/ welcher auch<lb/>
deßwegen/ da er gefragt worden/ geantwortet: Er wolle warten biß die<lb/>
Gelehrten hieruͤber eins werden/ als von welchen er noch nichts gewiſſes<lb/>
vernehmen koͤnnen: Bey welcher Antwort wir es auch laſſen bewenden.</p><lb/><p>Es ſey nun die Seit geweſen/ welche es wolle/ die rechte oder lincke/<lb/>ſo iſt ſie doch <hirendition="#aq">vulnus apertum & hians,</hi> eine eroͤffnete/ geſpaltene/ fri-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">A 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſche/</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[5/0027]
Predigt.
Zu welchem Ende/ und ſolche devotion zu ſtaͤrcken/ wollen wir jetzt
und ins kuͤnfftig das Signaculum Sacramentale & memoriale, welches
in abgeleſener Wunder-Geſchicht uns zu betrachten vorkomt/ mit GOtt/
erklaͤren. Fuͤr diß erſte mahl ſeind wir entſchloſſen ſtill zu ſtehen allein bey
dem erſten Phænomeno, der heilwerthen Quellen/ aus welcher Waſſer
und Blut in die H. Sacramenta gefloſſen. Nemlich der heiligſten
und heilſamſten Wunde der eroͤffneten Seiten. Dieſelbe nun
alſo zubetrachten/ daß Gottes Ehre befoͤrdert/ wir im Glauben erbauet und
in unſer Seelen erquicket werden/ bitten wir den himmliſchen Vater um
ſeines guten H. Geiſtes Wuͤrckung/ Gnad und Segen/ Amen.
OB nun zwar wol das Wort der Wunden im Text nicht auß-
getruckt ſtehet/ ſo gibts doch die ὑπόνοια per ſe, der effect oder
Wuͤrckung zeugt von ſeiner Urſach und Urſprung/ der Waſ-
ſer- und Blut-Fluß von der Quell/ die Beſchreibung deß actus oder
Mißhandlung deß Kriegs-Knechts (ἔνυξε τῇ λόγχῃ, er hat geſtochen
mit einem Speer) redet von einer geſtochenen Wunde/ dadurch
das continuum ſolvirt/ durch einen moͤrderiſchen Stich und Stoß.
Es war vulnus laterale, ein Seiten-Wund/ ein rothe friſche
Wund. An welcher Seit aber? Der rechten oder lincken? Koͤnnen wir
eigentlich nicht wiſſen: Wiewol wir die alte tradition Cyrilli de vul-
nere cordiali ſiniſtro, es ſey ein Hertz-Stoß oder Hertzens-Wund ge-
weſen auff der lincken Seiten/ nicht allerdings verwerffen wollen/ der
Stratiot hab wollen exploriren und erblicken/ ob der HErꝛ wahrhafftig
tod ſeye/ darum hab er das principium vitæ, oder die Quelle deß Le-
bens angreiffen wollen/ auff daß/ ſo er noch nicht gar tod waͤre/ er ihm
die Schmertzen verkuͤrtzen moͤchte mit dieſem Hertz-Stich oder Stoß.
Dem aber zu wider/ bezeugt der Evangeliſt klar im vorhergehenden v. 33.
Er ſey ſchon geſtorbengeweſen. Darum jener Chriſtliche Mahler
und Controfeter Lucas Cranachius, (*) der teutſche Apelles, ihm recht
gethan/ daß er dem Bildnuͤß Chriſti oder gemahlten crucifix (welches
noch jetzo zu Wittenberg in anteriore cœnobio Auguſti auffgehebet und
zu finden) auff keiner Seiten die Wunde machen wollen/ welcher auch
deßwegen/ da er gefragt worden/ geantwortet: Er wolle warten biß die
Gelehrten hieruͤber eins werden/ als von welchen er noch nichts gewiſſes
vernehmen koͤnnen: Bey welcher Antwort wir es auch laſſen bewenden.
(*) referen-
te Eraſm.
Schmid/
in h. l. p.
757.
Es ſey nun die Seit geweſen/ welche es wolle/ die rechte oder lincke/
ſo iſt ſie doch vulnus apertum & hians, eine eroͤffnete/ geſpaltene/ fri-
ſche/
A 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/27>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.