Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.Predigt. worden/ in desselben situation und Stellung in dem Grabe/ im allerheilig-stem Grabe/ in welchem gelegen Gazophylacium sapientiae; in der Arche/ in welcher die grünende Ruth Aaronis gelegen/ zween Engel/ einer zun Haupten/ der ander zun Füssen sassen wie die Cherubin auff der Arche. Was hat aber der eine Engel im Grabe gemacht? Joh. 20/ 12. Er saß da nicht nur als ein Doctor, sondern auch als Discipul und Student/ wie Paulus zu den Füssen Gamalielis gesessen. Deut. 33/ 3. Act. 22/ 30. anders nicht/ als ein emsiger/ sinnreicher Student/ wann er in einem Buch sonderbare Arcana findet/ so sitzet er meditabundus tieffsinnig/ dencket der Sachen urinatorie nach. Also sitzet dieser Jüngling auch da. Jst kein poetisch Ge- dicht/ in eigenem Hirn gewachsen; sondern St. Petrus der sagt von den H. Engeln 1. Petr. 1/ 12. eis a epithumounsin parakupsai A die Arcana die uner- forschlichen Weißheit Gottes/ die von der Welt her verschwie- gen/ jetzt aber kund worden/ Eph. 3/ 10. Unter welchen auch eines war das kündlich grosse Geheimnuß/ so in Joseph Grab vergeaben lag/ daß der dürre Stab wie derumb gegrünet. Parakupsai heißt nicht bloß schauen/ sondern genau mit niedergebucktem Angesicht tieffsinnig durchschauen/ wie man durch ein Gegitter und Fenster schauet. Cant. 2. Gen. 26. Luc. 24, 12. epithumounsin, es gelustet die Engel zu schauen: sie könnens nicht erschöpf- fen/ sie wundern/ und könnens nicht außwundern; sie loben/ und könnens nicht außloben/ es gelüstet sie immer je länger je mehr/ insatiabiliter, wie die Cherubim auff der Bunds-Lade nicht gar hinein gesehen/ sondern nur auff den Deckel/ da hiesse es: Das Auge sihet sich hie nimmer satt. Also lassen sich Isangeli studiosi, Engel-gleiche und Engelförmige Studen- ten und Scholaren gern in ihren Schulgräbern finden. Was da thun? Nicht springen/ reiten/ (welche sonst progymnasmata adiaphora und Mittelding) nicht tantzen/ springen/ dann was ist das nutze/ wird man damit dem gemeinen Wesen dienen? Consilia tantzen? Sondern sitzen/ Sitzleder ist von nöthen/ sitzen ad pedes Gamalielis, sitzen und schwitzen/ sitzen/ aber parakupsantes, als die Einschauende. Eine jede Scienz hat ihre Arcana, tiefsinnig/ immer Lust/ nimmer Verdruß/ nachzudencken/ sonderlich das unun necessariun, das jenige nötige zu erforschen/ die Arcana und Trostfliessende mysteria fidei, die Geheimnüssen deß Glaubens recht zu fassen. Gallionische Heydnische Gemüther lassen sich bedüncken/ das gehe sie nicht an. O nein! hoc ergon, alia studia parerga, Joel. 2. Jünglinge sollen Gesichte sehen. Jch schreib euch Jünglinge/ 1. Joh. 2/ 13. Das Argument schließt vest. So die Engel gelüstet insatiabiliter, unersättlich hinein zu schauen/ denen doch Christus nicht zu gut in die Welt kommen/ so die edel-
Predigt. worden/ in deſſelben ſituation und Stellung in dem Grabe/ im allerheilig-ſtem Grabe/ in welchem gelegen Gazophylacium ſapientiæ; in der Arche/ in welcher die gruͤnende Ruth Aaronis gelegen/ zween Engel/ einer zun Haupten/ der ander zun Fuͤſſen ſaſſen wie die Cherubin auff der Arche. Was hat abeꝛ deꝛ eine Engel im Gꝛabe gemacht? Joh. 20/ 12. Eꝛ ſaß da nicht nur als ein Doctor, ſondern auch als Diſcipul uñ Student/ wie Paulus zu den Fuͤſſen Gamalielis geſeſſen. Deut. 33/ 3. Act. 22/ 30. anders nicht/ als ein emſiger/ ſinnreicher Student/ wann er in einem Buch ſonderbare Arcana findet/ ſo ſitzet er meditabundus tieffſinnig/ dencket der Sachen urinatoriè nach. Alſo ſitzet dieſer Juͤngling auch da. Jſt kein poetiſch Ge- dicht/ in eigenem Hirn gewachſen; ſondern St. Petrus der ſagt von den H. Engeln 1. Petr. 1/ 12. εἰς ἅ ἐπιθυμου̃σιν παρακύψαι Ἁ die Arcana die uner- forſchlichen Weißheit Gottes/ die von der Welt her verſchwie- gen/ jetzt aber kund worden/ Eph. 3/ 10. Unter welchen auch eines war das kuͤndlich groſſe Geheimnuß/ ſo in Joſeph Grab vergeaben lag/ daß der duͤrre Stab wie derumb gegruͤnet. Παρακύψαι heißt nicht bloß ſchauen/ ſondern genau mit niedergebucktem Angeſicht tieffſinnig durchſchauen/ wie man durch ein Gegitter und Fenſter ſchauet. Cant. 2. Gen. 26. Luc. 24, 12. ἐπιθυμου̃σιν, es geluſtet die Engel zu ſchauen: ſie koͤnnens nicht erſchoͤpf- fen/ ſie wundern/ und koͤnnens nicht außwundern; ſie loben/ und koͤnnens nicht außloben/ es geluͤſtet ſie im̃er je laͤnger je mehr/ inſatiabiliter, wie die Cherubim auff der Bunds-Lade nicht gar hinein geſehen/ ſondern nur auff den Deckel/ da hieſſe es: Das Auge ſihet ſich hie nimmer ſatt. Alſo laſſen ſich Iſangeli ſtudioſi, Engel-gleiche uñ Engelfoͤrmige Studen- ten und Scholaren gern in ihren Schulgraͤbern finden. Was da thun? Nicht ſpringen/ reiten/ (welche ſonſt progymnaſmata adiaphora und Mittelding) nicht tantzen/ ſpringen/ dann was iſt das nutze/ wird man damit dem gemeinen Weſen dienen? Conſilia tantzen? Sondern ſitzen/ Sitzleder iſt von noͤthen/ ſitzen ad pedes Gamalielis, ſitzen und ſchwitzen/ ſitzen/ aber παρακυψαντες, als die Einſchauende. Eine jede Scienz hat ihre Arcana, tiefſinnig/ im̃er Luſt/ nim̃er Veꝛdruß/ nachzudencken/ ſondeꝛlich das unũ neceſſariũ, das jenige noͤtige zu eꝛfoꝛſchẽ/ die Arcana uñ Tꝛoſtflieſſende myſteria fidei, die Geheimnuͤſſen deß Glaubens recht zu faſſẽ. Gallioniſche Heydniſche Gemuͤther laſſen ſich beduͤncken/ das gehe ſie nicht an. O nein! hoc ergon, alia ſtudia πάρεργα, Joel. 2. Juͤnglinge ſollen Geſichte ſehen. Jch ſchreib euch Juͤnglinge/ 1. Joh. 2/ 13. Das Argument ſchließt veſt. So die Engel geluͤſtet inſatiabiliter, unerſaͤttlich hinein zu ſchauen/ denen doch Chriſtus nicht zu gut in die Welt kommen/ ſo die edel-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0791" n="767"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Predigt.</hi></fw><lb/> worden/ in deſſelben <hi rendition="#aq">ſituation</hi> und Stellung in dem Grabe/ im allerheilig-<lb/> ſtem Grabe/ in welchem gelegen <hi rendition="#aq">Gazophylacium ſapientiæ;</hi> in der<lb/> Arche/ in welcher die gruͤnende Ruth Aaronis gelegen/ zween Engel/ einer<lb/> zun Haupten/ der ander zun Fuͤſſen ſaſſen wie die Cherubin auff der Arche.<lb/> Was hat abeꝛ deꝛ eine Engel im Gꝛabe gemacht? Joh. 20/ 12. Eꝛ ſaß da nicht<lb/> nur als ein <hi rendition="#aq">Doctor,</hi> ſondern auch als <hi rendition="#aq">Diſcipul</hi> uñ Student/ wie Paulus zu<lb/> den Fuͤſſen <hi rendition="#aq">Gamalielis</hi> geſeſſen. Deut. 33/ 3. Act. 22/ 30. anders nicht/ als<lb/> ein emſiger/ ſinnreicher Student/ wann er in einem Buch ſonderbare<lb/><hi rendition="#aq">Arcana</hi> findet/ ſo ſitzet er <hi rendition="#aq">meditabundus</hi> tieffſinnig/ dencket der Sachen<lb/><hi rendition="#aq">urinatoriè</hi> nach. Alſo ſitzet dieſer Juͤngling auch da. Jſt kein poetiſch Ge-<lb/> dicht/ in eigenem Hirn gewachſen; ſondern St. Petrus der ſagt von den<lb/> H. Engeln 1. Petr. 1/ 12. εἰς ἅ ἐπιθυμου̃σιν παρακύψαι Ἁ die <hi rendition="#aq">Arcana</hi> die uner-<lb/> forſchlichen <hi rendition="#fr">Weißheit Gottes/ die von der Welt her verſchwie-<lb/> gen/ jetzt aber kund worden/</hi> Eph. 3/ 10. Unter welchen auch eines<lb/> war das kuͤndlich groſſe Geheimnuß/ ſo in Joſeph Grab vergeaben lag/ daß<lb/> der duͤrre Stab wie derumb gegruͤnet. Παρακύψαι heißt nicht bloß ſchauen/<lb/> ſondern genau mit niedergebucktem Angeſicht tieffſinnig durchſchauen/<lb/> wie man durch ein Gegitter und Fenſter ſchauet. <hi rendition="#aq">Cant. 2. Gen. 26. Luc.</hi> 24,<lb/> 12. ἐπιθυμου̃σιν, es geluſtet die Engel zu ſchauen: ſie koͤnnens nicht erſchoͤpf-<lb/> fen/ ſie wundern/ und koͤnnens nicht außwundern; ſie loben/ und koͤnnens<lb/> nicht außloben/ es geluͤſtet ſie im̃er je laͤnger je mehr/ <hi rendition="#aq">inſatiabiliter,</hi> wie die<lb/><hi rendition="#aq">Cherubim</hi> auff der Bunds-Lade nicht gar hinein geſehen/ ſondern nur<lb/> auff den Deckel/ da hieſſe es: <hi rendition="#fr">Das Auge ſihet ſich hie nimmer ſatt.</hi><lb/> Alſo laſſen ſich <hi rendition="#aq">Iſangeli ſtudioſi,</hi> Engel-gleiche uñ Engelfoͤrmige Studen-<lb/> ten und Scholaren gern in ihren Schulgraͤbern finden. Was da thun?<lb/> Nicht ſpringen/ reiten/ (welche ſonſt <hi rendition="#aq">progymnaſmata adiaphora</hi> und<lb/> Mittelding) nicht tantzen/ ſpringen/ dann was iſt das nutze/ wird man<lb/> damit dem gemeinen Weſen dienen? <hi rendition="#aq">Conſilia</hi> tantzen? Sondern <hi rendition="#fr">ſitzen/</hi><lb/> Sitzleder iſt von noͤthen/ ſitzen <hi rendition="#aq">ad pedes Gamalielis,</hi> ſitzen und ſchwitzen/<lb/> ſitzen/ aber παρακυψαντες, als die Einſchauende. Eine jede <hi rendition="#aq">Scienz</hi> hat ihre<lb/><hi rendition="#aq">Arcana,</hi> tiefſinnig/ im̃er Luſt/ nim̃er Veꝛdruß/ nachzudencken/ ſondeꝛlich das<lb/><hi rendition="#aq">unũ neceſſariũ,</hi> das jenige noͤtige zu eꝛfoꝛſchẽ/ die <hi rendition="#aq">Arcana</hi> uñ Tꝛoſtflieſſende<lb/><hi rendition="#aq">myſteria fidei,</hi> die Geheimnuͤſſen deß Glaubens recht zu faſſẽ. <hi rendition="#aq">Gallioni</hi>ſche<lb/> Heydniſche Gemuͤther laſſen ſich beduͤncken/ das gehe ſie nicht an. O nein!<lb/><hi rendition="#aq">hoc ergon, alia ſtudia</hi> πάρεργα, <hi rendition="#aq">Joel.</hi> 2. <hi rendition="#fr">Juͤnglinge ſollen Geſichte<lb/> ſehen. Jch ſchreib euch Juͤnglinge/</hi> 1. Joh. 2/ 13. Das <hi rendition="#aq">Argument</hi><lb/> ſchließt veſt. So die Engel geluͤſtet <hi rendition="#aq">inſatiabiliter,</hi> unerſaͤttlich hinein zu<lb/> ſchauen/ denen doch Chriſtus nicht zu gut in die Welt kommen/ ſo die<lb/> <fw place="bottom" type="catch">edel-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [767/0791]
Predigt.
worden/ in deſſelben ſituation und Stellung in dem Grabe/ im allerheilig-
ſtem Grabe/ in welchem gelegen Gazophylacium ſapientiæ; in der
Arche/ in welcher die gruͤnende Ruth Aaronis gelegen/ zween Engel/ einer
zun Haupten/ der ander zun Fuͤſſen ſaſſen wie die Cherubin auff der Arche.
Was hat abeꝛ deꝛ eine Engel im Gꝛabe gemacht? Joh. 20/ 12. Eꝛ ſaß da nicht
nur als ein Doctor, ſondern auch als Diſcipul uñ Student/ wie Paulus zu
den Fuͤſſen Gamalielis geſeſſen. Deut. 33/ 3. Act. 22/ 30. anders nicht/ als
ein emſiger/ ſinnreicher Student/ wann er in einem Buch ſonderbare
Arcana findet/ ſo ſitzet er meditabundus tieffſinnig/ dencket der Sachen
urinatoriè nach. Alſo ſitzet dieſer Juͤngling auch da. Jſt kein poetiſch Ge-
dicht/ in eigenem Hirn gewachſen; ſondern St. Petrus der ſagt von den
H. Engeln 1. Petr. 1/ 12. εἰς ἅ ἐπιθυμου̃σιν παρακύψαι Ἁ die Arcana die uner-
forſchlichen Weißheit Gottes/ die von der Welt her verſchwie-
gen/ jetzt aber kund worden/ Eph. 3/ 10. Unter welchen auch eines
war das kuͤndlich groſſe Geheimnuß/ ſo in Joſeph Grab vergeaben lag/ daß
der duͤrre Stab wie derumb gegruͤnet. Παρακύψαι heißt nicht bloß ſchauen/
ſondern genau mit niedergebucktem Angeſicht tieffſinnig durchſchauen/
wie man durch ein Gegitter und Fenſter ſchauet. Cant. 2. Gen. 26. Luc. 24,
12. ἐπιθυμου̃σιν, es geluſtet die Engel zu ſchauen: ſie koͤnnens nicht erſchoͤpf-
fen/ ſie wundern/ und koͤnnens nicht außwundern; ſie loben/ und koͤnnens
nicht außloben/ es geluͤſtet ſie im̃er je laͤnger je mehr/ inſatiabiliter, wie die
Cherubim auff der Bunds-Lade nicht gar hinein geſehen/ ſondern nur
auff den Deckel/ da hieſſe es: Das Auge ſihet ſich hie nimmer ſatt.
Alſo laſſen ſich Iſangeli ſtudioſi, Engel-gleiche uñ Engelfoͤrmige Studen-
ten und Scholaren gern in ihren Schulgraͤbern finden. Was da thun?
Nicht ſpringen/ reiten/ (welche ſonſt progymnaſmata adiaphora und
Mittelding) nicht tantzen/ ſpringen/ dann was iſt das nutze/ wird man
damit dem gemeinen Weſen dienen? Conſilia tantzen? Sondern ſitzen/
Sitzleder iſt von noͤthen/ ſitzen ad pedes Gamalielis, ſitzen und ſchwitzen/
ſitzen/ aber παρακυψαντες, als die Einſchauende. Eine jede Scienz hat ihre
Arcana, tiefſinnig/ im̃er Luſt/ nim̃er Veꝛdruß/ nachzudencken/ ſondeꝛlich das
unũ neceſſariũ, das jenige noͤtige zu eꝛfoꝛſchẽ/ die Arcana uñ Tꝛoſtflieſſende
myſteria fidei, die Geheimnuͤſſen deß Glaubens recht zu faſſẽ. Gallioniſche
Heydniſche Gemuͤther laſſen ſich beduͤncken/ das gehe ſie nicht an. O nein!
hoc ergon, alia ſtudia πάρεργα, Joel. 2. Juͤnglinge ſollen Geſichte
ſehen. Jch ſchreib euch Juͤnglinge/ 1. Joh. 2/ 13. Das Argument
ſchließt veſt. So die Engel geluͤſtet inſatiabiliter, unerſaͤttlich hinein zu
ſchauen/ denen doch Chriſtus nicht zu gut in die Welt kommen/ ſo die
edel-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/791 |
Zitationshilfe: | Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 767. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/791>, abgerufen am 28.06.2024. |