Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.Predigt. I. Virtus vivifica, Die Krafft deß lebendig-machenden und
Predigt. I. Virtus vivifica, Die Krafft deß lebendig-machenden und
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Predigt.
I. Virtus vivifica, Die Krafft deß lebendig-machenden
Geiſtes/ Joh. 6/ 63. 2. Cor. 3/ 6. ſonderlich Coloſſ. 2/ 13. GOtt hat
auch euch mit ihm (Chriſto) lebendig gemacht/ da ihr todt wa-
ret in den Sůnden/ und in der Vorhaut eures Fleiſches. Da
die Tauffe eine Beſchneidung genennet wird/ ſo nicht mit Menſchen-Haͤn-
den geſchicht/ und vermeldet/ daß GOtt mit Chriſto auch uns durch die
Tauff lebendig gemacht/ da wir todt waren in Suͤnden. Zu gleicher
Weiſe/ wie in der erſten Schoͤpffung Himmels und Erden Ruach Elo-
him, der Geiſt Gottes ſchwebet uͤber den Waſſern/ _
heiſts in feiner Sprach/ das iſt/ Er hat ſich gleich einer Brut-Henne uͤber
das groſſe Welt-Ey/ oder das ungeheure/ ſcheutzliche und unformliche
oͤde und wuͤſte Chaos gelegt/ Gottziemender Weiſe daſſelbe außgebruͤ-
tet und außgewuͤrcket/ alles lebend und webend gemacht/ Fiſch und Voͤgel/
und alles was lebend und webend ſeyn ſolte; Alſo ſchwebet auch der H.
Geiſt in dem Tauff-Waſſer uͤber die (κακου̃ κόρακος κακὰ ὦα) die leere
lebloſe und todte Eyer der erſten Geburt/ bruͤtet ſie auß/ und macht ſie durch
ſolchen incubitum geiſtlich lebendig in Gott/ nos piſciculi in aquâ naſci-
mur, ſagt Gleichnuß-Weiſe Tertullianus (*)/ wir werden als Fiſchlein im
Waſſer gebohren. Der terminus iſt ein huldreiches Gnaden Leben/ Joh.
3/ 63. cap. 5/ 24. und Gal. 2/ 20. ſagt St. Paulus: Jch lebe nun/ doch
nicht ich/ ſondern Chriſtus lebet in mir/ dann was ich jetzt lebe
im Fleiſch/ das lebe ich in dem Glauben deß Sohns GOttes.
Jſt ein rechtſchaffenes Weſen und Leben/ das natuͤrliche Leben iſt
zwar auch ein Leben/ aber ein elendes muͤheſames Leben/ ein ſterbliches
vergaͤngliches Leben; ubi vita ſupplicio, mors eſt ſolatio, da das Leben
ein Straff iſt/ der Tod aber ein Troſt: Aber dieſes Gnaden-Leben iſt ein
warhafftes/ beſtaͤndiges/ unvergaͤngliches/ himmliſches/ ſeliges Leben;
Ein heiliges ordentlich dietiſches Leben ohne ἀσωτίᾳ und Unordnung.
Mancher Menſch fuͤhret ein unordentlich wuͤſtes und wildes Sau-Leben/
frißt und ſaufft was ihm ſchmeckt/ haͤlt keine Diet, braucht keine Artzney/
verkuͤrtzt ihm alſo ſelbſt das Leben. Ein ſolches Leben iſt und ſoll dieſes
nicht ſeyn/ ſondern ein regulirtes/ beſcheidenes/ feines/ dietiſches Leben/ ſo
erhalten wird durch die Speiſe deß Goͤttlichen Worts/ und durch die heil-
ſame Artzney deß heiligen Abendmalhs/ wider die λυϖοθυμίαν geiſtliche
Ohnmacht und Kranckheit unſer Seelen. Ja ein recht Goͤttliches Le-
ben iſt es/ wie dergleichen von dem Leben Henochs geruͤhmet wird Gen. 5/
22. da im Gegentheil die Welt lebet ein Heydniſches/ Epicuriſches/ Vie-
hiſches Leben/ ja gar ein recht teuffeliſches Leben. Ein ſolcher roher Gott-
und
vid. Lact.
cat. part. 6.
pag. 73. ſq.
(*) Lib. de
Bapt. c. 1.
Eph. 4, 23.
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Zitationshilfe: | Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 911. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/935>, abgerufen am 16.07.2024. |