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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.

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Predigt.

In sacris mysteriis multa sunt, quae secreta esse debent. Bellarm.
T. 2. de V. D. c.
15.

Es möchte allzugemein werden/ dadurch dieses Geheimnüß in ein schlech-
tes ansehen käme. Dem entgegen gehet der Wunsch des grossen Manns
Gottes Mose. Num. XI, 29. Wolte GOtt! daß alles Volck des
HErrn weissagte.
Und demnach auch/ wolte GOtt! daß alles Volck
ohne unterscheid jung und alt/ Burger und Bauren/ Mann und Weib
Gottes Wort und die Geheimnusse der Christlichen Religion nicht nur
hörten/ sondern auch faßten/ eigentlich/ sattsam und gründlich verstünden/
und wieder alle Jrrthum/ auch mancherley Liste des Teuffels behaupte-
ten/ und also auff sattem Fuß des Glaubens stünden. Massen das
Wort weissagen auch so viel heißt/ als die Schrifft außlegen/ verstehen/
appliciren/ Trost/ Heil/ Leben/ Warnung darauß schöpffen.

2. To Quomodo esse elegkhon apistiao, das/ Wie? in Glaubens-
Sachen zeuget von dem Unglauben des Hertzens. Die Quomodomi-
sten seyen Nicodemisten. Das Quomodo seye verdamlich. O nein!
Nicht ist erstlich alles quomodo verdamlich/ sonst müßte auch die hoch-
gebenedeyte unter den Weibern die Jungfrau Maria eine verdamliche
Frage dem Engel Gabriel fürgelegt haben/ da sie gefragt: Wie kan das
zugehen? das quomodo ist zweyerley/ ein Lehrbegieriges und ein fürwitzi-
ges. Gleich wie grüblen wollen in Sachen/ davon in Gottes Wort keine
Offenbarung fürhanden/ dabey weder Safft noch Krafft/ weder warm
noch kalt/ weder Trost noch Erbauung zuerholen/ sündlich und übel ge-
than heisset; Also ist im gegentheil recht und wol gethan fragen/ quomo-
do?
in Sachen/ so in der Fundgrube der H. Schrifft zuforschen uns fürge-
legt/ darauß Trost und Erbauung zu erwarten/ dardurch der Jrr-Geist/
dergern im finstern mauset und im trüben fischet ans Licht gebracht/
Warheit und Lugen/ Nacht und Tag unterscheiden werden mag und soll.
3. Die hochgerühmte und gelobte simplicität und Einfältigkeit des Glau-
bens/ die nicht viel grüblen und spindisiren zulässet. Antwort/ wann
simplicitas ist die Tauben-Einfalt/ die herrliche Kron des Glaubens/ so
da funckelt vom hellen schein der leuchtenden Erkantnüß und kindlichem
Beyfall/ der erkanten/ lautern/ ungemischten/ von kräfftigen Lugen und
Grund-Jrrthummen abgesonderten Warheit/ hertzlichem Vertrauen auff
die Verheissung/ so in der beliebten Warheit angenommen worden/ ohne
tück und bösen Vorsatz. Gen. XX, 5. 2. Sam. XV, 11. ohne Neid und
Mißgunst. Act. II, 47. ohne Ehr und Gewinnsucht. Rom. XII, 8.

2. Cor.
Neundter Theil. T
Predigt.

In ſacris myſteriis multa ſunt, quæ ſecreta eſſe debent. Bellarm.
T. 2. de V. D. c.
15.

Es moͤchte allzugemein werden/ dadurch dieſes Geheimnuͤß in ein ſchlech-
tes anſehen kaͤme. Dem entgegen gehet der Wunſch des groſſen Manns
Gottes Moſe. Num. XI, 29. Wolte GOtt! daß alles Volck des
HErꝛn weiſſagte.
Und demnach auch/ wolte GOtt! daß alles Volck
ohne unterſcheid jung und alt/ Burger und Bauren/ Mann und Weib
Gottes Wort und die Geheimnuſſe der Chriſtlichen Religion nicht nur
hoͤrten/ ſondern auch faßten/ eigentlich/ ſattſam und gruͤndlich verſtuͤnden/
und wieder alle Jrꝛthum/ auch mancherley Liſte des Teuffels behaupte-
ten/ und alſo auff ſattem Fuß des Glaubens ſtuͤnden. Maſſen das
Wort weiſſagen auch ſo viel heißt/ als die Schrifft außlegen/ verſtehen/
appliciren/ Troſt/ Heil/ Leben/ Warnung darauß ſchoͤpffen.

2. Τὸ Quomodo eſſe ἕλεγχον ἀπιϛίαο, das/ Wie? in Glaubens-
Sachen zeuget von dem Unglauben des Hertzens. Die Quomodomi-
ſten ſeyen Nicodemiſten. Das Quomodo ſeye verdamlich. O nein!
Nicht iſt erſtlich alles quomodo verdamlich/ ſonſt muͤßte auch die hoch-
gebenedeyte unter den Weibern die Jungfrau Maria eine verdamliche
Frage dem Engel Gabriel fuͤrgelegt haben/ da ſie gefragt: Wie kan das
zugehen? das quomodo iſt zweyerley/ ein Lehrbegieriges und ein fuͤrwitzi-
ges. Gleich wie gruͤblen wollen in Sachen/ davon in Gottes Wort keine
Offenbarung fuͤrhanden/ dabey weder Safft noch Krafft/ weder warm
noch kalt/ weder Troſt noch Erbauung zuerholen/ ſuͤndlich und uͤbel ge-
than heiſſet; Alſo iſt im gegentheil recht und wol gethan fragen/ quomo-
do?
in Sachen/ ſo in der Fundgrube der H. Schrifft zuforſchen uns fuͤrge-
legt/ darauß Troſt und Erbauung zu erwarten/ dardurch der Jrꝛ-Geiſt/
dergern im finſtern mauſet und im truͤben fiſchet ans Licht gebracht/
Warheit und Lugen/ Nacht und Tag unterſcheiden werden mag und ſoll.
3. Die hochgeruͤhmte und gelobte ſimplicitaͤt und Einfaͤltigkeit des Glau-
bens/ die nicht viel gruͤblen und ſpindiſiren zulaͤſſet. Antwort/ wann
ſimplicitas iſt die Tauben-Einfalt/ die herꝛliche Kron des Glaubens/ ſo
da funckelt vom hellen ſchein der leuchtenden Erkantnuͤß und kindlichem
Beyfall/ der erkanten/ lautern/ ungemiſchten/ von kraͤfftigen Lugen und
Grund-Jrꝛthummen abgeſonderten Warheit/ hertzlichem Vertrauen auff
die Verheiſſung/ ſo in der beliebten Warheit angenommen worden/ ohne
tuͤck und boͤſen Vorſatz. Gen. XX, 5. 2. Sam. XV, 11. ohne Neid und
Mißgunſt. Act. II, 47. ohne Ehr und Gewinnſucht. Rom. XII, 8.

2. Cor.
Neundter Theil. T
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[145/0165] Predigt. In ſacris myſteriis multa ſunt, quæ ſecreta eſſe debent. Bellarm. T. 2. de V. D. c. 15. Es moͤchte allzugemein werden/ dadurch dieſes Geheimnuͤß in ein ſchlech- tes anſehen kaͤme. Dem entgegen gehet der Wunſch des groſſen Manns Gottes Moſe. Num. XI, 29. Wolte GOtt! daß alles Volck des HErꝛn weiſſagte. Und demnach auch/ wolte GOtt! daß alles Volck ohne unterſcheid jung und alt/ Burger und Bauren/ Mann und Weib Gottes Wort und die Geheimnuſſe der Chriſtlichen Religion nicht nur hoͤrten/ ſondern auch faßten/ eigentlich/ ſattſam und gruͤndlich verſtuͤnden/ und wieder alle Jrꝛthum/ auch mancherley Liſte des Teuffels behaupte- ten/ und alſo auff ſattem Fuß des Glaubens ſtuͤnden. Maſſen das Wort weiſſagen auch ſo viel heißt/ als die Schrifft außlegen/ verſtehen/ appliciren/ Troſt/ Heil/ Leben/ Warnung darauß ſchoͤpffen. 2. Τὸ Quomodo eſſe ἕλεγχον ἀπιϛίαο, das/ Wie? in Glaubens- Sachen zeuget von dem Unglauben des Hertzens. Die Quomodomi- ſten ſeyen Nicodemiſten. Das Quomodo ſeye verdamlich. O nein! Nicht iſt erſtlich alles quomodo verdamlich/ ſonſt muͤßte auch die hoch- gebenedeyte unter den Weibern die Jungfrau Maria eine verdamliche Frage dem Engel Gabriel fuͤrgelegt haben/ da ſie gefragt: Wie kan das zugehen? das quomodo iſt zweyerley/ ein Lehrbegieriges und ein fuͤrwitzi- ges. Gleich wie gruͤblen wollen in Sachen/ davon in Gottes Wort keine Offenbarung fuͤrhanden/ dabey weder Safft noch Krafft/ weder warm noch kalt/ weder Troſt noch Erbauung zuerholen/ ſuͤndlich und uͤbel ge- than heiſſet; Alſo iſt im gegentheil recht und wol gethan fragen/ quomo- do? in Sachen/ ſo in der Fundgrube der H. Schrifft zuforſchen uns fuͤrge- legt/ darauß Troſt und Erbauung zu erwarten/ dardurch der Jrꝛ-Geiſt/ dergern im finſtern mauſet und im truͤben fiſchet ans Licht gebracht/ Warheit und Lugen/ Nacht und Tag unterſcheiden werden mag und ſoll. 3. Die hochgeruͤhmte und gelobte ſimplicitaͤt und Einfaͤltigkeit des Glau- bens/ die nicht viel gruͤblen und ſpindiſiren zulaͤſſet. Antwort/ wann ſimplicitas iſt die Tauben-Einfalt/ die herꝛliche Kron des Glaubens/ ſo da funckelt vom hellen ſchein der leuchtenden Erkantnuͤß und kindlichem Beyfall/ der erkanten/ lautern/ ungemiſchten/ von kraͤfftigen Lugen und Grund-Jrꝛthummen abgeſonderten Warheit/ hertzlichem Vertrauen auff die Verheiſſung/ ſo in der beliebten Warheit angenommen worden/ ohne tuͤck und boͤſen Vorſatz. Gen. XX, 5. 2. Sam. XV, 11. ohne Neid und Mißgunſt. Act. II, 47. ohne Ehr und Gewinnſucht. Rom. XII, 8. 2. Cor. Neundter Theil. T

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/165>, abgerufen am 24.11.2024.