Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Erste Predigt
innocentes, vel solvere se noxios arbitrentur, cum apud DEUM non
sententia sacerdotum, sed reorum vita quaeratur.
das ist: Diesen
Spruch verstehen etliche Bischöffe und Pfarrer nicht recht/ und
massen ihnen etwas von der Pharisäer Hoffart an/ daß sie sich
vermessen/ und ihnen einbilden/ sie können entweder die Un-
schuldigen verdammen/ oder die schuldigen absolviren/ da doch
GOtt nicht gehet nach dem Urtheil der Priester/ sondern nach
dem Leben und Wandel der Menschen/ so fern sie schuldig oder
unschuldig seynd. Tanquam actum dulcissimum, als ein hoch-
tröstliche Handlung/ die entgegen zu setzen des Teuffels Zweiffel-Strick.
Es geschicht zwar offt durch allerhand Anfechtungen/ daß ein armer Sün-
der die Absolution hört/ aber gedencket/ ist auch GOtt mit zu frieden? was
sagt der dazu? vielleicht hat man die Zech ohne den Wirth gemacht? der
soll alsdann zuruck sehen auff Christi Verheissung/ mit einem Eyd betheu-
ret/ warlich/ ich sage euch/ was ihr auff Erden lösen werdet soll
auch im Himmel loß seyn. Weiter sage ich euch: wo zween
unter euch eins werden auff Erden/ warum es ist/ daß sie bitten
wollen/ das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Him-
mel. Matth. 18/ 18. 19. Geschicht also schon die Absolution nicht imme-
diate
auß GOttes Mund/ wie bey dem Gichtbrüchtigen: Sey getrost
mein Sohn/ dir seynd deine Sünde vergeben/ so geschicht sie doch
warhafftig/ und mit dieser tessera mag man kecklich erscheinen am Jüng-
sten Tag. Maßen nach diesem seinem Wort wird der Sohn Gottes rich-
ten. Dann so der Vater seinen Sohn darum in die Welt gesand/ der
Sohn selbs/ der kleidophoros und Schlüssel-Träger selbs den Schlüssel her-
ab vom Himmel mit gebracht: und der H. Geist zu solchem End den
Jüngern angehaucht und angeblasen worden. Was wil dann ein ar-
mer Sünder zweiffeln/ daß er nicht mit Freudigkeit außruffe: Strick ist
entzwey/ und ich bin frey: Demselben Dreyeinigen GOtt/ von wel-
chem/ und durch welchen/ und in welchem alle dinge/
sey Ehre in Ewigkeit.

AMEN.

Die

Die Erſte Predigt
innocentes, vel ſolvere ſe noxios arbitrentur, cum apud DEUM non
ſententia ſacerdotum, ſed reorum vita quæratur.
das iſt: Dieſen
Spruch verſtehen etliche Biſchoͤffe und Pfarrer nicht recht/ und
maſſen ihnen etwas von der Phariſaͤer Hoffart an/ daß ſie ſich
vermeſſen/ und ihnen einbilden/ ſie koͤnnen entweder die Un-
ſchuldigen verdammen/ oder die ſchuldigen abſolviren/ da doch
GOtt nicht gehet nach dem Urtheil der Prieſter/ ſondern nach
dem Leben und Wandel der Menſchen/ ſo fern ſie ſchuldig oder
unſchuldig ſeynd. Tanquam actum dulciſſimum, als ein hoch-
troͤſtliche Handlung/ die entgegen zu ſetzen des Teuffels Zweiffel-Strick.
Es geſchicht zwar offt durch allerhand Anfechtungen/ daß ein armer Suͤn-
der die Abſolution hoͤrt/ aber gedencket/ iſt auch GOtt mit zu frieden? was
ſagt der dazu? vielleicht hat man die Zech ohne den Wirth gemacht? der
ſoll alsdann zuruck ſehen auff Chriſti Verheiſſung/ mit einem Eyd betheu-
ret/ warlich/ ich ſage euch/ was ihr auff Erden loͤſen werdet ſoll
auch im Himmel loß ſeyn. Weiter ſage ich euch: wo zween
unter euch eins werden auff Erden/ warum es iſt/ daß ſie bitten
wollen/ das ſoll ihnen widerfahren von meinem Vater im Him-
mel. Matth. 18/ 18. 19. Geſchicht alſo ſchon die Abſolution nicht imme-
diatè
auß GOttes Mund/ wie bey dem Gichtbruͤchtigen: Sey getroſt
mein Sohn/ dir ſeynd deine Suͤnde vergeben/ ſo geſchicht ſie doch
warhafftig/ und mit dieſer teſſera mag man kecklich erſcheinen am Juͤng-
ſten Tag. Maßen nach dieſem ſeinem Wort wird der Sohn Gottes rich-
ten. Dann ſo der Vater ſeinen Sohn darum in die Welt geſand/ der
Sohn ſelbs/ der κλειδοφόρος und Schluͤſſel-Traͤger ſelbs den Schluͤſſel her-
ab vom Himmel mit gebracht: und der H. Geiſt zu ſolchem End den
Juͤngern angehaucht und angeblaſen worden. Was wil dann ein ar-
mer Suͤnder zweiffeln/ daß er nicht mit Freudigkeit außruffe: Strick iſt
entzwey/ und ich bin frey: Demſelben Dreyeinigen GOtt/ von wel-
chem/ und durch welchen/ und in welchem alle dinge/
ſey Ehre in Ewigkeit.

AMEN.

Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0216" n="198"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Er&#x017F;te Predigt</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">innocentes, vel &#x017F;olvere &#x017F;e noxios arbitrentur, cum apud DEUM non<lb/>
&#x017F;ententia &#x017F;acerdotum, &#x017F;ed reorum vita quæratur.</hi> das i&#x017F;t: Die&#x017F;en<lb/>
Spruch ver&#x017F;tehen etliche Bi&#x017F;cho&#x0364;ffe und Pfarrer nicht recht/ und<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;en ihnen etwas von der Phari&#x017F;a&#x0364;er Hoffart an/ daß &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
verme&#x017F;&#x017F;en/ und ihnen einbilden/ &#x017F;ie ko&#x0364;nnen entweder die Un-<lb/>
&#x017F;chuldigen verdammen/ oder die &#x017F;chuldigen ab&#x017F;olviren/ da doch<lb/>
GOtt nicht gehet nach dem Urtheil der Prie&#x017F;ter/ &#x017F;ondern nach<lb/>
dem Leben und Wandel der Men&#x017F;chen/ &#x017F;o fern &#x017F;ie &#x017F;chuldig oder<lb/>
un&#x017F;chuldig &#x017F;eynd. <hi rendition="#aq">Tanquam actum dulci&#x017F;&#x017F;imum,</hi> als ein hoch-<lb/>
tro&#x0364;&#x017F;tliche Handlung/ die entgegen zu &#x017F;etzen des Teuffels Zweiffel-Strick.<lb/>
Es ge&#x017F;chicht zwar offt durch allerhand Anfechtungen/ daß ein armer Su&#x0364;n-<lb/>
der die Ab&#x017F;olution ho&#x0364;rt/ aber gedencket/ i&#x017F;t auch GOtt mit zu frieden? was<lb/>
&#x017F;agt der dazu? vielleicht hat man die Zech ohne den Wirth gemacht? der<lb/>
&#x017F;oll alsdann zuruck &#x017F;ehen auff Chri&#x017F;ti Verhei&#x017F;&#x017F;ung/ mit einem Eyd betheu-<lb/>
ret/ warlich/ ich &#x017F;age euch/ was ihr auff Erden lo&#x0364;&#x017F;en werdet &#x017F;oll<lb/>
auch im Himmel loß &#x017F;eyn. Weiter &#x017F;age ich euch: wo zween<lb/>
unter euch eins werden auff Erden/ warum es i&#x017F;t/ daß &#x017F;ie bitten<lb/>
wollen/ das &#x017F;oll ihnen widerfahren von meinem Vater im Him-<lb/>
mel. Matth. 18/ 18. 19. Ge&#x017F;chicht al&#x017F;o &#x017F;chon die Ab&#x017F;olution nicht <hi rendition="#aq">imme-<lb/>
diatè</hi> auß GOttes Mund/ wie bey dem Gichtbru&#x0364;chtigen: Sey getro&#x017F;t<lb/>
mein Sohn/ dir &#x017F;eynd deine Su&#x0364;nde vergeben/ &#x017F;o ge&#x017F;chicht &#x017F;ie doch<lb/>
warhafftig/ und mit die&#x017F;er <hi rendition="#aq">te&#x017F;&#x017F;era</hi> mag man kecklich er&#x017F;cheinen am Ju&#x0364;ng-<lb/>
&#x017F;ten Tag. Maßen nach die&#x017F;em &#x017F;einem Wort wird der Sohn <hi rendition="#k">Go</hi>ttes rich-<lb/>
ten. Dann &#x017F;o der Vater &#x017F;einen Sohn darum in die Welt ge&#x017F;and/ der<lb/>
Sohn &#x017F;elbs/ der &#x03BA;&#x03BB;&#x03B5;&#x03B9;&#x03B4;&#x03BF;&#x03C6;&#x03CC;&#x03C1;&#x03BF;&#x03C2; und Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el-Tra&#x0364;ger &#x017F;elbs den Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el her-<lb/>
ab vom Himmel mit gebracht: und der H. Gei&#x017F;t zu &#x017F;olchem End den<lb/>
Ju&#x0364;ngern angehaucht und angebla&#x017F;en worden. Was wil dann ein ar-<lb/>
mer Su&#x0364;nder zweiffeln/ daß er nicht mit Freudigkeit außruffe: Strick i&#x017F;t<lb/><hi rendition="#c">entzwey/ und ich bin frey: Dem&#x017F;elben Dreyeinigen <hi rendition="#k">GOtt/</hi> von wel-<lb/>
chem/ und durch welchen/ und in welchem alle dinge/<lb/>
&#x017F;ey Ehre in Ewigkeit.</hi></p><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">AMEN.</hi> </hi> </p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0216] Die Erſte Predigt innocentes, vel ſolvere ſe noxios arbitrentur, cum apud DEUM non ſententia ſacerdotum, ſed reorum vita quæratur. das iſt: Dieſen Spruch verſtehen etliche Biſchoͤffe und Pfarrer nicht recht/ und maſſen ihnen etwas von der Phariſaͤer Hoffart an/ daß ſie ſich vermeſſen/ und ihnen einbilden/ ſie koͤnnen entweder die Un- ſchuldigen verdammen/ oder die ſchuldigen abſolviren/ da doch GOtt nicht gehet nach dem Urtheil der Prieſter/ ſondern nach dem Leben und Wandel der Menſchen/ ſo fern ſie ſchuldig oder unſchuldig ſeynd. Tanquam actum dulciſſimum, als ein hoch- troͤſtliche Handlung/ die entgegen zu ſetzen des Teuffels Zweiffel-Strick. Es geſchicht zwar offt durch allerhand Anfechtungen/ daß ein armer Suͤn- der die Abſolution hoͤrt/ aber gedencket/ iſt auch GOtt mit zu frieden? was ſagt der dazu? vielleicht hat man die Zech ohne den Wirth gemacht? der ſoll alsdann zuruck ſehen auff Chriſti Verheiſſung/ mit einem Eyd betheu- ret/ warlich/ ich ſage euch/ was ihr auff Erden loͤſen werdet ſoll auch im Himmel loß ſeyn. Weiter ſage ich euch: wo zween unter euch eins werden auff Erden/ warum es iſt/ daß ſie bitten wollen/ das ſoll ihnen widerfahren von meinem Vater im Him- mel. Matth. 18/ 18. 19. Geſchicht alſo ſchon die Abſolution nicht imme- diatè auß GOttes Mund/ wie bey dem Gichtbruͤchtigen: Sey getroſt mein Sohn/ dir ſeynd deine Suͤnde vergeben/ ſo geſchicht ſie doch warhafftig/ und mit dieſer teſſera mag man kecklich erſcheinen am Juͤng- ſten Tag. Maßen nach dieſem ſeinem Wort wird der Sohn Gottes rich- ten. Dann ſo der Vater ſeinen Sohn darum in die Welt geſand/ der Sohn ſelbs/ der κλειδοφόρος und Schluͤſſel-Traͤger ſelbs den Schluͤſſel her- ab vom Himmel mit gebracht: und der H. Geiſt zu ſolchem End den Juͤngern angehaucht und angeblaſen worden. Was wil dann ein ar- mer Suͤnder zweiffeln/ daß er nicht mit Freudigkeit außruffe: Strick iſt entzwey/ und ich bin frey: Demſelben Dreyeinigen GOtt/ von wel- chem/ und durch welchen/ und in welchem alle dinge/ ſey Ehre in Ewigkeit. AMEN. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/216
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/216>, abgerufen am 21.11.2024.