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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Vom Gewalt der Schlüssel.
compedes und ligamina, Fessel und Banden von der Seiten des bußfer-
tigen Sünders fallen/ wie von Petri Händen und Füssen. Darauff
dann entstehet Freude über alle Freude/ Freude im Hertzen des armen
Sünders/ Freude im Himmel für den Englen GOttes/ und der gantzen
triumphierenden Kirchen. Scheinet zwar für unsern Augen gering/ ist
aber an sich selbs ein groß und herrliches Werck/ dann was ist die Absolu-
tion anders/ als eine geistliche Aufferweckung und Erleuchtung? Wir
haben heut acht tag durch GOttes Gnad erwogen/ wem die Schlüssel an-
vertrauet und gleichsam an die Seiten gehänget. Nun folget in richtiger
Ordnung/ daß wir die Schlüssel selbs/ einen nach dem andern beschauen
und erwegen/ und zwar zu allervorderst den Löß-Schlüssel/ verfaßt in denen
Worten: Was ihr auff Erden lösen werdet/ soll auch im Him-
mel loß seyn. Hievon zu reden zu GOttes Ehre/ und Trost aller blo[ss]en
Gewissen/ wolle Christus JEsus uns mildiglich erscheinen mit der Krafft
auß der Höhe. Amen!

GEliebte in Christo. Der gantze actus oder das Werck der
Absolution/ so in dem Wort lusis kai aphesis stehet/ begreifft in sich
unterschiedliche actus und Handlungen. Der erste actus heisset
I. Lutrou annunciatio, die Verkündigung der Rantzion und
Löß-Gelds. Wie mich mein Vater gesandt hat/ spricht Chri-
stus/ so sende ich euch auch. Nun aber hat ihn der Geist des Herrn/
laut seiner eigenen Wort/ gesandt/ zu verkündigen das Evangelium
den Armen/ zu heylen die zerstossene Hertzen/ zu predigen den
Gefangenen/ daß sie loß seyn sollen. Luc. 4/ 18. Also hat auch Chri-
stus mit dieser Instruction seine Jünger außgesandt. Soll einem armen
Sünder das Leben geschencket werden/ so muß ihm dasselbe auch verkün-
diget/ und das lutron oder Löß-Geld angezeiget werden/ dadurch ihm das
Leben geschencket wird. Soll ein armer Sclav in der Türckey auß seiner
Gefangenschafft/ Fessel und Banden erlöset/ und auff freyen Fuß gestellet
werden/ so muß man ihm auch sagen/ dieser oder jener Herr wolle die Ran-
tzion für ihn erlegen/ er soll sie annehmen/ und sein Leben damit erkauffen.
Dasselbe nun ist nichts anders/ als das Wort des Evangelij/ darinnen
uns vermeldet wird/ welcher massen unser Goel und Bluts-Freund Chri-
stus Jesus/ alle Menschen mit seinem Blut rantzioniret und erlöset von der
Dienstbarkeit der Sünde/ und zur Kindschafft GOttes gezogen. Dahin
dann gehören alle die Evangelische Sprüche/ wann der Prediger sagt:
So höret nun an den Trost des H. Evangelij: Also spricht Christus Matth.

20/ 28.

Vom Gewalt der Schluͤſſel.
compedes und ligamina, Feſſel und Banden von der Seiten des bußfer-
tigen Suͤnders fallen/ wie von Petri Haͤnden und Fuͤſſen. Darauff
dann entſtehet Freude uͤber alle Freude/ Freude im Hertzen des armen
Suͤnders/ Freude im Himmel fuͤr den Englen GOttes/ und der gantzen
triumphierenden Kirchen. Scheinet zwar fuͤr unſern Augen gering/ iſt
aber an ſich ſelbs ein groß und herꝛliches Werck/ dann was iſt die Abſolu-
tion anders/ als eine geiſtliche Aufferweckung und Erleuchtung? Wir
haben heut acht tag durch GOttes Gnad erwogen/ wem die Schluͤſſel an-
vertrauet und gleichſam an die Seiten gehaͤnget. Nun folget in richtiger
Ordnung/ daß wir die Schluͤſſel ſelbs/ einen nach dem andern beſchauen
und erwegen/ und zwar zu allervorderſt den Loͤß-Schluͤſſel/ verfaßt in denen
Worten: Was ihr auff Erden loͤſen werdet/ ſoll auch im Him-
mel loß ſeyn. Hievon zu reden zu GOttes Ehre/ und Troſt aller blo[ſſ]en
Gewiſſen/ wolle Chriſtus JEſus uns mildiglich erſcheinen mit der Krafft
auß der Hoͤhe. Amen!

GEliebte in Chriſto. Der gantze actus oder das Werck der
Abſolution/ ſo in dem Wort λύσις καὶ ἄφεσις ſtehet/ begreifft in ſich
unterſchiedliche actus und Handlungen. Der erſte actus heiſſet
I. Λύτρου annunciatio, die Verkuͤndigung der Rantzion und
Loͤß-Gelds. Wie mich mein Vater geſandt hat/ ſpricht Chri-
ſtus/ ſo ſende ich euch auch. Nun aber hat ihn der Geiſt des Herrn/
laut ſeiner eigenen Wort/ geſandt/ zu verkuͤndigen das Evangelium
den Armen/ zu heylen die zerſtoſſene Hertzen/ zu predigen den
Gefangenen/ daß ſie loß ſeyn ſollen. Luc. 4/ 18. Alſo hat auch Chri-
ſtus mit dieſer Inſtruction ſeine Juͤnger außgeſandt. Soll einem armen
Suͤnder das Leben geſchencket werden/ ſo muß ihm daſſelbe auch verkuͤn-
diget/ und das λύτρον oder Loͤß-Geld angezeiget werden/ dadurch ihm das
Leben geſchencket wird. Soll ein armer Sclav in der Tuͤrckey auß ſeiner
Gefangenſchafft/ Feſſel und Banden erloͤſet/ und auff freyen Fuß geſtellet
werden/ ſo muß man ihm auch ſagen/ dieſer oder jener Herꝛ wolle die Ran-
tzion fuͤr ihn erlegen/ er ſoll ſie annehmen/ und ſein Leben damit erkauffen.
Daſſelbe nun iſt nichts anders/ als das Wort des Evangelij/ darinnen
uns vermeldet wird/ welcher maſſen unſer Goel und Bluts-Freund Chri-
ſtus Jeſus/ alle Menſchen mit ſeinem Blut rantzioniret und erloͤſet von der
Dienſtbarkeit der Suͤnde/ und zur Kindſchafft GOttes gezogen. Dahin
dann gehoͤren alle die Evangeliſche Spruͤche/ wann der Prediger ſagt:
So hoͤret nun an den Troſt des H. Evangelij: Alſo ſpricht Chriſtus Matth.

20/ 28.
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[231/0249] Vom Gewalt der Schluͤſſel. compedes und ligamina, Feſſel und Banden von der Seiten des bußfer- tigen Suͤnders fallen/ wie von Petri Haͤnden und Fuͤſſen. Darauff dann entſtehet Freude uͤber alle Freude/ Freude im Hertzen des armen Suͤnders/ Freude im Himmel fuͤr den Englen GOttes/ und der gantzen triumphierenden Kirchen. Scheinet zwar fuͤr unſern Augen gering/ iſt aber an ſich ſelbs ein groß und herꝛliches Werck/ dann was iſt die Abſolu- tion anders/ als eine geiſtliche Aufferweckung und Erleuchtung? Wir haben heut acht tag durch GOttes Gnad erwogen/ wem die Schluͤſſel an- vertrauet und gleichſam an die Seiten gehaͤnget. Nun folget in richtiger Ordnung/ daß wir die Schluͤſſel ſelbs/ einen nach dem andern beſchauen und erwegen/ und zwar zu allervorderſt den Loͤß-Schluͤſſel/ verfaßt in denen Worten: Was ihr auff Erden loͤſen werdet/ ſoll auch im Him- mel loß ſeyn. Hievon zu reden zu GOttes Ehre/ und Troſt aller bloſſen Gewiſſen/ wolle Chriſtus JEſus uns mildiglich erſcheinen mit der Krafft auß der Hoͤhe. Amen! GEliebte in Chriſto. Der gantze actus oder das Werck der Abſolution/ ſo in dem Wort λύσις καὶ ἄφεσις ſtehet/ begreifft in ſich unterſchiedliche actus und Handlungen. Der erſte actus heiſſet I. Λύτρου annunciatio, die Verkuͤndigung der Rantzion und Loͤß-Gelds. Wie mich mein Vater geſandt hat/ ſpricht Chri- ſtus/ ſo ſende ich euch auch. Nun aber hat ihn der Geiſt des Herrn/ laut ſeiner eigenen Wort/ geſandt/ zu verkuͤndigen das Evangelium den Armen/ zu heylen die zerſtoſſene Hertzen/ zu predigen den Gefangenen/ daß ſie loß ſeyn ſollen. Luc. 4/ 18. Alſo hat auch Chri- ſtus mit dieſer Inſtruction ſeine Juͤnger außgeſandt. Soll einem armen Suͤnder das Leben geſchencket werden/ ſo muß ihm daſſelbe auch verkuͤn- diget/ und das λύτρον oder Loͤß-Geld angezeiget werden/ dadurch ihm das Leben geſchencket wird. Soll ein armer Sclav in der Tuͤrckey auß ſeiner Gefangenſchafft/ Feſſel und Banden erloͤſet/ und auff freyen Fuß geſtellet werden/ ſo muß man ihm auch ſagen/ dieſer oder jener Herꝛ wolle die Ran- tzion fuͤr ihn erlegen/ er ſoll ſie annehmen/ und ſein Leben damit erkauffen. Daſſelbe nun iſt nichts anders/ als das Wort des Evangelij/ darinnen uns vermeldet wird/ welcher maſſen unſer Goel und Bluts-Freund Chri- ſtus Jeſus/ alle Menſchen mit ſeinem Blut rantzioniret und erloͤſet von der Dienſtbarkeit der Suͤnde/ und zur Kindſchafft GOttes gezogen. Dahin dann gehoͤren alle die Evangeliſche Spruͤche/ wann der Prediger ſagt: So hoͤret nun an den Troſt des H. Evangelij: Alſo ſpricht Chriſtus Matth. 20/ 28.

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/249>, abgerufen am 21.11.2024.