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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Vom Gewalt der Schlüssel.
Dem König gefiel dieser Auffzug so wohl/ daß er sich selbs dazu schlug/ und
der siebende seyn wolte. Was geschicht? man hätte den siebenden gern
gekennet/ derowegen als der Tantz angegangen/ nimmt Hertzog von Orleans
einem Diener eine Fackel oder Wind-Liecht auß der Hand/ leuchtet damit
dem König unter das Gesicht/ davon gieng der Hanff und Pech am Nar-
ren-Kleid an/ daß der König davon anfieng zu brennen. Die andere
Faßnacht-Butzen lieffen herzu/ vergassen ihrer eygenen Narren-Kleider/
und wolten dem König helffen. Aber in dem sie löschen wolten/ gerathen
sie gleicher gestalt in die Flamme/ und weil jederman dem König zulieff/
verbranten vier Herren so jämmerlich/ daß sie daran sterben mußten.
Der König wurde zwar errettet/ gerieth aber in eine Tobsucht oder Tollheit/
deren er biß an sein End nicht kunte ledig werden und abkommen.

Diese Histori/ M. L. ist wohl ein augenscheinlich Exempel Göttlichen
Straff-Gerichts über solche Faßnacht-Narrey/ daran sich die jenige/ so zu
Hoff und anders wo mit solchen Mummschantzen umgehen/ wohl spieglen
solten. Sie ist aber auch ein Bildnuß des menschlichen Lebens-Lauffs/
wie derselbe ins gemein durch und durch schändlich geführet und vollbracht
wird. Dann was ist derselbe anders/ als 1. ein rechtes Faßnacht-Spiel/
da die vermumte und mit des Teuffels Larv nach dem Fall bekleidete sünd-
liche Welt anders nichts thut/ als Aergernus geben/ tanquam re prae-
clare gesta,
als hätte sie es gar wol getroffen/ und wills doch niemand ge-
than haben. Es gehet alles vermummt her: die Heucheley schmincket sich
mit sonderbahrem Eyffer und Heiligkeit/ der Geitz vermummet sich unter
die Sparsamkeit/ die Trunckenheit unter die Fröligkeit/ die Ungerechtig-
keit unter den Schein des Rechten/ Lugen unter die Warheit. Die poli-
tische Entschuldigungen seind das Narren-Kleid/ darunter sich mancher
Schalck verbirgt. Kommt nun 2. das Liecht der Warheit darzu/ wel-
ches die Welt nicht leidet/ da heißt es/ Veritas odium parit, Warheit brin-
get Feindschafft/ wer die Warheit geiget/ dem schlägt man den Fidel-Bo-
gen auff den Kopff/ da greift man dem Kälblein ins Aug/ und es brennet
alsbald. Unser alte Adam/ der hitzige Esel-Reuter kans nicht leiden/ er
wird zu einem feurigen Mann ja gar zu einem feurigen Drachen. Dazu
schlagen sich 3. unselige Löscher/ zum Exempel/ unzeitige und unvernünff-
tige Correctores und Consores, Silber- und Zanck-Süchtige Juristen/
welche/ damit sie auch eine Feder von der Ganß kriegen/ ehe sie davon fleugt/
allerhand weit außsehende/ Beutel-lärende Rechts-Händel anfangen.
Die Calumnia und Läster-Zung thut auch ihr bestes dabey/ sonderlich wo
der Zaun am niedrigsten ist/ und jederman darüber springen wil. Summa:

Man
M m iil

Vom Gewalt der Schluͤſſel.
Dem Koͤnig gefiel dieſer Auffzug ſo wohl/ daß er ſich ſelbs dazu ſchlug/ und
der ſiebende ſeyn wolte. Was geſchicht? man haͤtte den ſiebenden gern
gekennet/ derowegen als der Tantz angegangen/ nim̃t Hertzog von Orleans
einem Diener eine Fackel oder Wind-Liecht auß der Hand/ leuchtet damit
dem Koͤnig unter das Geſicht/ davon gieng der Hanff und Pech am Nar-
ren-Kleid an/ daß der Koͤnig davon anfieng zu brennen. Die andere
Faßnacht-Butzen lieffen herzu/ vergaſſen ihrer eygenen Narren-Kleider/
und wolten dem Koͤnig helffen. Aber in dem ſie loͤſchen wolten/ gerathen
ſie gleicher geſtalt in die Flamme/ und weil jederman dem Koͤnig zulieff/
verbranten vier Herren ſo jaͤmmerlich/ daß ſie daran ſterben mußten.
Der Koͤnig wurde zwar errettet/ gerieth aber in eine Tobſucht oder Tollheit/
deren er biß an ſein End nicht kunte ledig werden und abkommen.

Dieſe Hiſtori/ M. L. iſt wohl ein augenſcheinlich Exempel Goͤttlichen
Straff-Gerichts uͤber ſolche Faßnacht-Narrey/ daran ſich die jenige/ ſo zu
Hoff und anders wo mit ſolchen Mum̃ſchantzen umgehen/ wohl ſpieglen
ſolten. Sie iſt aber auch ein Bildnuß des menſchlichen Lebens-Lauffs/
wie derſelbe ins gemein durch und durch ſchaͤndlich gefuͤhret und vollbracht
wird. Dann was iſt derſelbe anders/ als 1. ein rechtes Faßnacht-Spiel/
da die vermumte und mit des Teuffels Larv nach dem Fall bekleidete ſuͤnd-
liche Welt anders nichts thut/ als Aergernus geben/ tanquam re præ-
clarè geſtâ,
als haͤtte ſie es gar wol getroffen/ und wills doch niemand ge-
than haben. Es gehet alles vermum̃t her: die Heucheley ſchmincket ſich
mit ſonderbahrem Eyffer und Heiligkeit/ der Geitz vermummet ſich unter
die Sparſamkeit/ die Trunckenheit unter die Froͤligkeit/ die Ungerechtig-
keit unter den Schein des Rechten/ Lugen unter die Warheit. Die poli-
tiſche Entſchuldigungen ſeind das Narren-Kleid/ darunter ſich mancher
Schalck verbirgt. Kommt nun 2. das Liecht der Warheit darzu/ wel-
ches die Welt nicht leidet/ da heißt es/ Veritas odium parit, Warheit brin-
get Feindſchafft/ wer die Warheit geiget/ dem ſchlaͤgt man den Fidel-Bo-
gen auff den Kopff/ da greift man dem Kaͤlblein ins Aug/ und es brennet
alsbald. Unſer alte Adam/ der hitzige Eſel-Reuter kans nicht leiden/ er
wird zu einem feurigen Mann ja gar zu einem feurigen Drachen. Dazu
ſchlagen ſich 3. unſelige Loͤſcher/ zum Exempel/ unzeitige und unvernuͤnff-
tige Correctores und Conſores, Silber- und Zanck-Suͤchtige Juriſten/
welche/ damit ſie auch eine Feder von der Ganß kriegen/ ehe ſie davon fleugt/
allerhand weit außſehende/ Beutel-laͤrende Rechts-Haͤndel anfangen.
Die Calumnia und Laͤſter-Zung thut auch ihr beſtes dabey/ ſonderlich wo
der Zaun am niedrigſten iſt/ und jederman daruͤber ſpringen wil. Sum̃a:

Man
M m iil
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[277/0295] Vom Gewalt der Schluͤſſel. Dem Koͤnig gefiel dieſer Auffzug ſo wohl/ daß er ſich ſelbs dazu ſchlug/ und der ſiebende ſeyn wolte. Was geſchicht? man haͤtte den ſiebenden gern gekennet/ derowegen als der Tantz angegangen/ nim̃t Hertzog von Orleans einem Diener eine Fackel oder Wind-Liecht auß der Hand/ leuchtet damit dem Koͤnig unter das Geſicht/ davon gieng der Hanff und Pech am Nar- ren-Kleid an/ daß der Koͤnig davon anfieng zu brennen. Die andere Faßnacht-Butzen lieffen herzu/ vergaſſen ihrer eygenen Narren-Kleider/ und wolten dem Koͤnig helffen. Aber in dem ſie loͤſchen wolten/ gerathen ſie gleicher geſtalt in die Flamme/ und weil jederman dem Koͤnig zulieff/ verbranten vier Herren ſo jaͤmmerlich/ daß ſie daran ſterben mußten. Der Koͤnig wurde zwar errettet/ gerieth aber in eine Tobſucht oder Tollheit/ deren er biß an ſein End nicht kunte ledig werden und abkommen. Dieſe Hiſtori/ M. L. iſt wohl ein augenſcheinlich Exempel Goͤttlichen Straff-Gerichts uͤber ſolche Faßnacht-Narrey/ daran ſich die jenige/ ſo zu Hoff und anders wo mit ſolchen Mum̃ſchantzen umgehen/ wohl ſpieglen ſolten. Sie iſt aber auch ein Bildnuß des menſchlichen Lebens-Lauffs/ wie derſelbe ins gemein durch und durch ſchaͤndlich gefuͤhret und vollbracht wird. Dann was iſt derſelbe anders/ als 1. ein rechtes Faßnacht-Spiel/ da die vermumte und mit des Teuffels Larv nach dem Fall bekleidete ſuͤnd- liche Welt anders nichts thut/ als Aergernus geben/ tanquam re præ- clarè geſtâ, als haͤtte ſie es gar wol getroffen/ und wills doch niemand ge- than haben. Es gehet alles vermum̃t her: die Heucheley ſchmincket ſich mit ſonderbahrem Eyffer und Heiligkeit/ der Geitz vermummet ſich unter die Sparſamkeit/ die Trunckenheit unter die Froͤligkeit/ die Ungerechtig- keit unter den Schein des Rechten/ Lugen unter die Warheit. Die poli- tiſche Entſchuldigungen ſeind das Narren-Kleid/ darunter ſich mancher Schalck verbirgt. Kommt nun 2. das Liecht der Warheit darzu/ wel- ches die Welt nicht leidet/ da heißt es/ Veritas odium parit, Warheit brin- get Feindſchafft/ wer die Warheit geiget/ dem ſchlaͤgt man den Fidel-Bo- gen auff den Kopff/ da greift man dem Kaͤlblein ins Aug/ und es brennet alsbald. Unſer alte Adam/ der hitzige Eſel-Reuter kans nicht leiden/ er wird zu einem feurigen Mann ja gar zu einem feurigen Drachen. Dazu ſchlagen ſich 3. unſelige Loͤſcher/ zum Exempel/ unzeitige und unvernuͤnff- tige Correctores und Conſores, Silber- und Zanck-Suͤchtige Juriſten/ welche/ damit ſie auch eine Feder von der Ganß kriegen/ ehe ſie davon fleugt/ allerhand weit außſehende/ Beutel-laͤrende Rechts-Haͤndel anfangen. Die Calumnia und Laͤſter-Zung thut auch ihr beſtes dabey/ ſonderlich wo der Zaun am niedrigſten iſt/ und jederman daruͤber ſpringen wil. Sum̃a: Man M m iil

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/295>, abgerufen am 22.11.2024.