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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Vom Gewalt der Schlüssel.
als seine Besserung/ auff daß er nicht einen andern (den Hencker) der-
mahlen eins hören müsse.

Wo/ sprichstu/ bleibt auff solche weise das Siebner-Gericht/ ist dann
die Policey-Stub für die Gänße gebauet? diese Lehre scheinet dem Anaba-
ptiimo
und Widertäufferey gleich? Antwort: Besser wäre es/ man be-
dörffte so vieler Gerichter nicht. Auß bösen Sitten seynd gute Gesätze
gewachsen; dieweil die Kirchen-Buß schon längst gefallen/ und doch der
gemeine Fried will turbiret werden. Je ärger die Welt wird/ je mehr ju-
dicia
und Gerichte muß man erdencken/ das grimmige Thier im Zaum
zu halten. Man kan dem guten nicht zuviel thun. Wann gleich Obrig-
keit und Kirch die Hand anlegt/ so bedarffs doch Glück und schön Wetter/
daß man es zurecht bringe. Darnach ist zu wissen/ quod Evangelium non
aboleat politias,
GOttes Wort und Kirchen-Zucht ist den politischen
Ordnungen nicht zuwider. Jn der ersten Kirchen kunte man nicht weiter/
man hätte dann wollen für die heydnische Obrigkeit kommen/ und den
Christlichen Namen prostituiren. Aber wir können weiter steigen/
wann das nicht helffen will.

Dieser Unterricht geschicht nun abermahl pros oikodomen Ecclesiae &
revocationem antiquitatis,
daß wir doch/ wie in der Lehr/ also auch im Le-
ben und Wandel in die Consanguinität/ Verwandschafft und Fußstapf-
fen der ersten Kirchen tretten möchten/ und also recht Christ- und Brüder-
lich unter einander leben. Anfangs zur Zeit Lutheri und seiner Parastaten/
da man nach der Babylonischen Gefängnuß wiederum angesangen zu
bauen/ hat man Schwerdt und Bau-Zeug zugleich haben müssen/ wie
Nehem. 4, 17. Mit der einen Hand thaten sie die Arbeit/ und mit
der andern hielten sie die Waffen. Anfangs kunte es nicht so seyn/
die Reformations Helden hatten so viel zuthun mit der Refutation, daß
sie die aedification und Kirchen-Bau nicht so wol fortführen kunten.
Nun aber der Bau außgeführet ist/ so ist von nöthen der katartismos, das
Flicken. Es wäre ja ein liederlicher Haußhalter/ welchem ein schönes
Hauß geschencket worden/ der es nicht wolte im Bau erhalten/ ließ ihm al-
lenthalben ins Dach regnen/ besserts nicht/ und ließ es endlich gar einfallen.
Also ist es schlim gehauset/ wann man den eingerissenen Aergernussen
nicht wehren/ und die Kirche nicht durch gute Zucht erhalten wolte. Ae-
cker/ die lang wüst gelegen/ bauet man/ warum solte man nicht auch die
gefallene Kirchen-Disciplin wieder auffrichten?

2. Soll es dienen pros taxin kai euskhemosunen, zu guter Ordnung
und Ehrbarkeit/ daß doch solcher schönen Ordnung GOttes jederman

nach-
O o ij

Vom Gewalt der Schluͤſſel.
als ſeine Beſſerung/ auff daß er nicht einen andern (den Hencker) der-
mahlen eins hoͤren muͤſſe.

Wo/ ſprichſtu/ bleibt auff ſolche weiſe das Siebner-Gericht/ iſt dann
die Policey-Stub fuͤr die Gaͤnße gebauet? dieſe Lehre ſcheinet dem Anaba-
ptiimo
und Widertaͤufferey gleich? Antwort: Beſſer waͤre es/ man be-
doͤrffte ſo vieler Gerichter nicht. Auß boͤſen Sitten ſeynd gute Geſaͤtze
gewachſen; dieweil die Kirchen-Buß ſchon laͤngſt gefallen/ und doch der
gemeine Fried will turbiret werden. Je aͤrger die Welt wird/ je mehr ju-
dicia
und Gerichte muß man erdencken/ das grimmige Thier im Zaum
zu halten. Man kan dem guten nicht zuviel thun. Wann gleich Obrig-
keit und Kirch die Hand anlegt/ ſo bedarffs doch Gluͤck und ſchoͤn Wetter/
daß man es zurecht bringe. Darnach iſt zu wiſſen/ quod Evangelium non
aboleat politias,
GOttes Wort und Kirchen-Zucht iſt den politiſchen
Ordnungen nicht zuwider. Jn der erſten Kirchen kunte man nicht weiter/
man haͤtte dann wollen fuͤr die heydniſche Obrigkeit kommen/ und den
Chriſtlichen Namen proſtituiren. Aber wir koͤnnen weiter ſteigen/
wann das nicht helffen will.

Dieſer Unterricht geſchicht nun abermahl πρὸς ὀικοδομὴν Eccleſiæ &
revocationem antiquitatis,
daß wir doch/ wie in der Lehr/ alſo auch im Le-
ben und Wandel in die Conſanguinitaͤt/ Verwandſchafft und Fußſtapf-
fen der erſten Kirchen tretten moͤchten/ und alſo recht Chriſt- und Bruͤder-
lich unter einander leben. Anfangs zur Zeit Lutheri und ſeiner Paraſtaten/
da man nach der Babyloniſchen Gefaͤngnuß wiederum angeſangen zu
bauen/ hat man Schwerdt und Bau-Zeug zugleich haben muͤſſen/ wie
Nehem. 4, 17. Mit der einen Hand thaten ſie die Arbeit/ und mit
der andern hielten ſie die Waffen. Anfangs kunte es nicht ſo ſeyn/
die Reformations Helden hatten ſo viel zuthun mit der Refutation, daß
ſie die ædification und Kirchen-Bau nicht ſo wol fortfuͤhren kunten.
Nun aber der Bau außgefuͤhret iſt/ ſo iſt von noͤthen der καταρτισμὸς, das
Flicken. Es waͤre ja ein liederlicher Haußhalter/ welchem ein ſchoͤnes
Hauß geſchencket worden/ der es nicht wolte im Bau erhalten/ ließ ihm al-
lenthalben ins Dach regnen/ beſſerts nicht/ und ließ es endlich gar einfallen.
Alſo iſt es ſchlim gehauſet/ wann man den eingeriſſenen Aergernuſſen
nicht wehren/ und die Kirche nicht durch gute Zucht erhalten wolte. Ae-
cker/ die lang wuͤſt gelegen/ bauet man/ warum ſolte man nicht auch die
gefallene Kirchen-Diſciplin wieder auffrichten?

2. Soll es dienen πρὸς τάξιν καὶ ἐυσχημοσύνην, zu guter Ordnung
und Ehrbarkeit/ daß doch ſolcher ſchoͤnen Ordnung GOttes jederman

nach-
O o ij
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[291/0309] Vom Gewalt der Schluͤſſel. als ſeine Beſſerung/ auff daß er nicht einen andern (den Hencker) der- mahlen eins hoͤren muͤſſe. Wo/ ſprichſtu/ bleibt auff ſolche weiſe das Siebner-Gericht/ iſt dann die Policey-Stub fuͤr die Gaͤnße gebauet? dieſe Lehre ſcheinet dem Anaba- ptiimo und Widertaͤufferey gleich? Antwort: Beſſer waͤre es/ man be- doͤrffte ſo vieler Gerichter nicht. Auß boͤſen Sitten ſeynd gute Geſaͤtze gewachſen; dieweil die Kirchen-Buß ſchon laͤngſt gefallen/ und doch der gemeine Fried will turbiret werden. Je aͤrger die Welt wird/ je mehr ju- dicia und Gerichte muß man erdencken/ das grimmige Thier im Zaum zu halten. Man kan dem guten nicht zuviel thun. Wann gleich Obrig- keit und Kirch die Hand anlegt/ ſo bedarffs doch Gluͤck und ſchoͤn Wetter/ daß man es zurecht bringe. Darnach iſt zu wiſſen/ quod Evangelium non aboleat politias, GOttes Wort und Kirchen-Zucht iſt den politiſchen Ordnungen nicht zuwider. Jn der erſten Kirchen kunte man nicht weiter/ man haͤtte dann wollen fuͤr die heydniſche Obrigkeit kommen/ und den Chriſtlichen Namen proſtituiren. Aber wir koͤnnen weiter ſteigen/ wann das nicht helffen will. Dieſer Unterricht geſchicht nun abermahl πρὸς ὀικοδομὴν Eccleſiæ & revocationem antiquitatis, daß wir doch/ wie in der Lehr/ alſo auch im Le- ben und Wandel in die Conſanguinitaͤt/ Verwandſchafft und Fußſtapf- fen der erſten Kirchen tretten moͤchten/ und alſo recht Chriſt- und Bruͤder- lich unter einander leben. Anfangs zur Zeit Lutheri und ſeiner Paraſtaten/ da man nach der Babyloniſchen Gefaͤngnuß wiederum angeſangen zu bauen/ hat man Schwerdt und Bau-Zeug zugleich haben muͤſſen/ wie Nehem. 4, 17. Mit der einen Hand thaten ſie die Arbeit/ und mit der andern hielten ſie die Waffen. Anfangs kunte es nicht ſo ſeyn/ die Reformations Helden hatten ſo viel zuthun mit der Refutation, daß ſie die ædification und Kirchen-Bau nicht ſo wol fortfuͤhren kunten. Nun aber der Bau außgefuͤhret iſt/ ſo iſt von noͤthen der καταρτισμὸς, das Flicken. Es waͤre ja ein liederlicher Haußhalter/ welchem ein ſchoͤnes Hauß geſchencket worden/ der es nicht wolte im Bau erhalten/ ließ ihm al- lenthalben ins Dach regnen/ beſſerts nicht/ und ließ es endlich gar einfallen. Alſo iſt es ſchlim gehauſet/ wann man den eingeriſſenen Aergernuſſen nicht wehren/ und die Kirche nicht durch gute Zucht erhalten wolte. Ae- cker/ die lang wuͤſt gelegen/ bauet man/ warum ſolte man nicht auch die gefallene Kirchen-Diſciplin wieder auffrichten? 2. Soll es dienen πρὸς τάξιν καὶ ἐυσχημοσύνην, zu guter Ordnung und Ehrbarkeit/ daß doch ſolcher ſchoͤnen Ordnung GOttes jederman nach- O o ij

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/309>, abgerufen am 23.11.2024.