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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Vom Gewalt der Schlüssel.
Der Herr sende uns hiezu seine Hülffe vom Heiligthum/ und stärcke
uns auß Zion/ er gebe was unser Hertz begehret/ und erfülle alle unsere An-
schläge. Amen.

GEliebte in Christo. So ist nun das Mittel/ pan pragma,
in specie aber und sonderlich ratione subjectae materiae, alles das
jenige/ was im Sechsten Haupt-Stuck zur Erbauung und Besse-
rung der Christlichen Kirchen vonnöthen/ zu gewinnen. Symphonia pre-
cum,
die einhellige/ einmüthige/ einmündige/ einhertzige Zusammen-stim-
mung des Gebets. Jst ein Gleichnuß genommen von einem allgemei-
nen zusammen gesetzten Noth-Geschrey/ da man um Hülffe rufft/ wie dort
das gantze Volck in Egypten um Brod. Gen. 41, 55. Das Volck Jsrael
um Abwendung des grimmigen Zorns GOttes/ Num. 11, 2. Derglei-
chen symphonische Gebet sind von Alters her je und allezeit in der Christli-
chen Kirchen die geübte/ offentliche Litaniae geweßt; ubi quasi agmine
facto, & manu facta expostulamus, & vim facimus DEO, quae DEO
grata est:
da wir gleichsam hauffenweiß Hand anlegen/ expostuliren/ und
Gott Gewalt anthun/ welches ihm angenehm ist. wie Tertull. in Apolog.
redet. Da man Gott den Herrn rings herum als mit einer Wagen-
burg umgibt/ in die mitte fasset/ und gleichsam im Arrest gefangen halt/
denselben nicht lasset/ er segne dann. Bey Josepho liset man von dem Jü-
dischen Volck folgende Histori: Als Pilatus bey seinem Auffzug das
Kriegs-Volck von Caesarea gen Jerusalem ins Winterläger führete/
brachte er zugleich die Zeichen/ darauff des Käysers Tiberij Bild/ Jtem
der Römische Adler/ und andere geschnitzte Bilder/ (deren sich die Römische
Soldaten/ wie wir der Fahnen oder Flecken/ bey den Compagnien gebrau-
chen) in die Stadt/ das der vorigen Land-Pfleger keiner sich unterstanden
hatte/ wiewol er doch/ Auffruhr zu vermeiden/ solches bey Nacht gethan hat.
Da die Burger zu Jerusalem das erfahren/ lieffen sie mit Hauffen zu Pi-
lato/ und baten ihn/ daß er diese Zeichen/ weil sie wider ihre Gesätze waren/
auß der Stadt an einen andern Ort schaffen wolte. Da er ihnen aber sol-
ches abschluge/ mit vermelden/ wie es dem Käyser zur Schmach ge-
reichte/ sie aber sich nicht abweisen liessen/ dräuet er ihnen den Tod/ wo sie
nicht abliessen. Aber es halff nichts/ die Juden boten ihre Hälse dar/ begehr-
ten lieber zu sterben/ dann solchen Greuel in der heiligen Stadt zu leiden.
Da Pilatus ihre Beständigkeit sahe/ ließ er die Zeichen oder Fahnen/ auff
welchen Geschnitzte Bilder waren/ von Jerusalem wieder gen Caesaream
bringen. Soviel vermochte das gesellete und hauffenweiß anlauffende

Gebet
Zehender Theil. R r

Vom Gewalt der Schluͤſſel.
Der Herr ſende uns hiezu ſeine Huͤlffe vom Heiligthum/ und ſtaͤrcke
uns auß Zion/ er gebe was unſer Hertz begehret/ und erfuͤlle alle unſere An-
ſchlaͤge. Amen.

GEliebte in Chriſto. So iſt nun das Mittel/ πᾶν πράγμα,
in ſpecie aber und ſonderlich ratione ſubjectæ materiæ, alles das
jenige/ was im Sechſten Haupt-Stuck zur Erbauung und Beſſe-
rung der Chriſtlichen Kirchen vonnoͤthen/ zu gewinnen. Symphonia pre-
cum,
die einhellige/ einmuͤthige/ einmuͤndige/ einhertzige Zuſammen-ſtim-
mung des Gebets. Jſt ein Gleichnuß genommen von einem allgemei-
nen zuſammen geſetzten Noth-Geſchrey/ da man um Huͤlffe rufft/ wie dort
das gantze Volck in Egypten um Brod. Gen. 41, 55. Das Volck Jſrael
um Abwendung des grimmigen Zorns GOttes/ Num. 11, 2. Derglei-
chen ſymphoniſche Gebet ſind von Alters her je und allezeit in der Chriſtli-
chen Kirchen die geuͤbte/ offentliche Litaniæ geweßt; ubi quaſi agmine
facto, & manu factâ expoſtulamus, & vim facimus DEO, quæ DEO
grata eſt:
da wir gleichſam hauffenweiß Hand anlegen/ expoſtuliren/ und
Gott Gewalt anthun/ welches ihm angenehm iſt. wie Tertull. in Apolog.
redet. Da man Gott den Herrn rings herum als mit einer Wagen-
burg umgibt/ in die mitte faſſet/ und gleichſam im Arreſt gefangen halt/
denſelben nicht laſſet/ er ſegne dann. Bey Joſepho liſet man von dem Juͤ-
diſchen Volck folgende Hiſtori: Als Pilatus bey ſeinem Auffzug das
Kriegs-Volck von Cæſarea gen Jeruſalem ins Winterlaͤger fuͤhrete/
brachte er zugleich die Zeichen/ darauff des Kaͤyſers Tiberij Bild/ Jtem
der Roͤmiſche Adler/ und andere geſchnitzte Bilder/ (deren ſich die Roͤmiſche
Soldaten/ wie wir der Fahnen oder Flecken/ bey den Compagnien gebrau-
chen) in die Stadt/ das der vorigen Land-Pfleger keiner ſich unterſtanden
hatte/ wiewol er doch/ Auffruhr zu vermeiden/ ſolches bey Nacht gethan hat.
Da die Burger zu Jeruſalem das erfahren/ lieffen ſie mit Hauffen zu Pi-
lato/ und baten ihn/ daß er dieſe Zeichen/ weil ſie wider ihre Geſaͤtze waren/
auß der Stadt an einen andern Ort ſchaffen wolte. Da er ihnen aber ſol-
ches abſchluge/ mit vermelden/ wie es dem Kaͤyſer zur Schmach ge-
reichte/ ſie aber ſich nicht abweiſen lieſſen/ draͤuet er ihnen den Tod/ wo ſie
nicht ablieſſen. Aber es halff nichts/ die Juden boten ihre Haͤlſe dar/ begehr-
ten lieber zu ſterben/ dann ſolchen Greuel in der heiligen Stadt zu leiden.
Da Pilatus ihre Beſtaͤndigkeit ſahe/ ließ er die Zeichen oder Fahnen/ auff
welchen Geſchnitzte Bilder waren/ von Jeruſalem wieder gen Cæſaream
bringen. Soviel vermochte das geſellete und hauffenweiß anlauffende

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[313/0331] Vom Gewalt der Schluͤſſel. Der Herr ſende uns hiezu ſeine Huͤlffe vom Heiligthum/ und ſtaͤrcke uns auß Zion/ er gebe was unſer Hertz begehret/ und erfuͤlle alle unſere An- ſchlaͤge. Amen. GEliebte in Chriſto. So iſt nun das Mittel/ πᾶν πράγμα, in ſpecie aber und ſonderlich ratione ſubjectæ materiæ, alles das jenige/ was im Sechſten Haupt-Stuck zur Erbauung und Beſſe- rung der Chriſtlichen Kirchen vonnoͤthen/ zu gewinnen. Symphonia pre- cum, die einhellige/ einmuͤthige/ einmuͤndige/ einhertzige Zuſammen-ſtim- mung des Gebets. Jſt ein Gleichnuß genommen von einem allgemei- nen zuſammen geſetzten Noth-Geſchrey/ da man um Huͤlffe rufft/ wie dort das gantze Volck in Egypten um Brod. Gen. 41, 55. Das Volck Jſrael um Abwendung des grimmigen Zorns GOttes/ Num. 11, 2. Derglei- chen ſymphoniſche Gebet ſind von Alters her je und allezeit in der Chriſtli- chen Kirchen die geuͤbte/ offentliche Litaniæ geweßt; ubi quaſi agmine facto, & manu factâ expoſtulamus, & vim facimus DEO, quæ DEO grata eſt: da wir gleichſam hauffenweiß Hand anlegen/ expoſtuliren/ und Gott Gewalt anthun/ welches ihm angenehm iſt. wie Tertull. in Apolog. redet. Da man Gott den Herrn rings herum als mit einer Wagen- burg umgibt/ in die mitte faſſet/ und gleichſam im Arreſt gefangen halt/ denſelben nicht laſſet/ er ſegne dann. Bey Joſepho liſet man von dem Juͤ- diſchen Volck folgende Hiſtori: Als Pilatus bey ſeinem Auffzug das Kriegs-Volck von Cæſarea gen Jeruſalem ins Winterlaͤger fuͤhrete/ brachte er zugleich die Zeichen/ darauff des Kaͤyſers Tiberij Bild/ Jtem der Roͤmiſche Adler/ und andere geſchnitzte Bilder/ (deren ſich die Roͤmiſche Soldaten/ wie wir der Fahnen oder Flecken/ bey den Compagnien gebrau- chen) in die Stadt/ das der vorigen Land-Pfleger keiner ſich unterſtanden hatte/ wiewol er doch/ Auffruhr zu vermeiden/ ſolches bey Nacht gethan hat. Da die Burger zu Jeruſalem das erfahren/ lieffen ſie mit Hauffen zu Pi- lato/ und baten ihn/ daß er dieſe Zeichen/ weil ſie wider ihre Geſaͤtze waren/ auß der Stadt an einen andern Ort ſchaffen wolte. Da er ihnen aber ſol- ches abſchluge/ mit vermelden/ wie es dem Kaͤyſer zur Schmach ge- reichte/ ſie aber ſich nicht abweiſen lieſſen/ draͤuet er ihnen den Tod/ wo ſie nicht ablieſſen. Aber es halff nichts/ die Juden boten ihre Haͤlſe dar/ begehr- ten lieber zu ſterben/ dann ſolchen Greuel in der heiligen Stadt zu leiden. Da Pilatus ihre Beſtaͤndigkeit ſahe/ ließ er die Zeichen oder Fahnen/ auff welchen Geſchnitzte Bilder waren/ von Jeruſalem wieder gen Cæſaream bringen. Soviel vermochte das geſellete und hauffenweiß anlauffende Gebet Zehender Theil. R r

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/331>, abgerufen am 25.11.2024.