Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Stadt-Wirthschaft 2 Abschnitt,
Theile des Körpers entspringet. Diese inwendige
Bewegung nennen sie die Gährung. Allein in der
Beantwortung dieser Frage unterscheiden sie sich, ob
die geistige, die saure und die faulende Gährung
Würkungen von verschiedener Art, oder nur von ver-
schiedenen Graden sind. Jch will diesen Streit nicht
enscheiden, ob ich zwar glaube, daß der letztere Ge-
danke mehreren Grund habe, als der erste. Die Er-
fahrung bestätiget es, daß auf die geistige Gährung
die saure, und auf diese die faulende in einem Kör-
per erfolget. Diese Endscheidung hat keinen merkli-
chen Einfluß in unsere gegenwärtige Absicht. Wir
werden diese erreichen können, wenn wir diejenigen
Stükke anzeigen, wodurch wir die eine Gährung von
der andern unterscheiden. Hier ist es zuerst genug,
wenn wir die geistige Gährung beschreiben. Wir
wollen dem Herrn Maquer folgen, der uns diese
also abbildet: Der Saft von allen Früchten, aller
zukkerhaften Materien aus dem Pflanzen-Reiche, aller
Saamen- und mehligten Körner, wenn sie mit einer
zureichenden Menge Wasser eingerühret werden, sind
die geschicktesten Materien zur geistigen Gährung.
Wenn man diese Säfte in Gefäßen, die nicht allzu-
vest zugemacht sind, in einen mäßigen Grad der Wär-
me setzet, so fangen sie nach einiger Zeit an trübe zu
werden, es entstehet unvermerkt eine kleine Bewe-
gung in ihren Theilen, welche ein kleines Zischen ver-
anlasset; dieses vermehrt sich nach und nach dergestalt,
bis man die groben Theile, welche sie enthalten, als
Obst-Kerne, Getraide-Körner u. s. f. sich auf aller-
hand Art bewegen, und auf die Oberfläche geworfen
siehet. Es sondern sich zugleich einige Blasen ab,
und der Saft bekommt einen scharfen und durchdrin-
genden Geruch, welcher durch die dünnen Dünste,
welche davon ausdunsten, veranlasset wird. Wenn
diese Erscheinungen da sind, so spricht man: der Kör-
per stehet in einer geistigen Gährung.

§. 331.

Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,
Theile des Koͤrpers entſpringet. Dieſe inwendige
Bewegung nennen ſie die Gaͤhrung. Allein in der
Beantwortung dieſer Frage unterſcheiden ſie ſich, ob
die geiſtige, die ſaure und die faulende Gaͤhrung
Wuͤrkungen von verſchiedener Art, oder nur von ver-
ſchiedenen Graden ſind. Jch will dieſen Streit nicht
enſcheiden, ob ich zwar glaube, daß der letztere Ge-
danke mehreren Grund habe, als der erſte. Die Er-
fahrung beſtaͤtiget es, daß auf die geiſtige Gaͤhrung
die ſaure, und auf dieſe die faulende in einem Koͤr-
per erfolget. Dieſe Endſcheidung hat keinen merkli-
chen Einfluß in unſere gegenwaͤrtige Abſicht. Wir
werden dieſe erreichen koͤnnen, wenn wir diejenigen
Stuͤkke anzeigen, wodurch wir die eine Gaͤhrung von
der andern unterſcheiden. Hier iſt es zuerſt genug,
wenn wir die geiſtige Gaͤhrung beſchreiben. Wir
wollen dem Herrn Maquer folgen, der uns dieſe
alſo abbildet: Der Saft von allen Fruͤchten, aller
zukkerhaften Materien aus dem Pflanzen-Reiche, aller
Saamen- und mehligten Koͤrner, wenn ſie mit einer
zureichenden Menge Waſſer eingeruͤhret werden, ſind
die geſchickteſten Materien zur geiſtigen Gaͤhrung.
Wenn man dieſe Saͤfte in Gefaͤßen, die nicht allzu-
veſt zugemacht ſind, in einen maͤßigen Grad der Waͤr-
me ſetzet, ſo fangen ſie nach einiger Zeit an truͤbe zu
werden, es entſtehet unvermerkt eine kleine Bewe-
gung in ihren Theilen, welche ein kleines Ziſchen ver-
anlaſſet; dieſes vermehrt ſich nach und nach dergeſtalt,
bis man die groben Theile, welche ſie enthalten, als
Obſt-Kerne, Getraide-Koͤrner u. ſ. f. ſich auf aller-
hand Art bewegen, und auf die Oberflaͤche geworfen
ſiehet. Es ſondern ſich zugleich einige Blaſen ab,
und der Saft bekommt einen ſcharfen und durchdrin-
genden Geruch, welcher durch die duͤnnen Duͤnſte,
welche davon ausdunſten, veranlaſſet wird. Wenn
dieſe Erſcheinungen da ſind, ſo ſpricht man: der Koͤr-
per ſtehet in einer geiſtigen Gaͤhrung.

§. 331.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0258" n="238"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Stadt-Wirth&#x017F;chaft 2 Ab&#x017F;chnitt,</hi></fw><lb/>
Theile des Ko&#x0364;rpers ent&#x017F;pringet. Die&#x017F;e inwendige<lb/>
Bewegung nennen &#x017F;ie die <hi rendition="#fr">Ga&#x0364;hrung.</hi> Allein in der<lb/>
Beantwortung die&#x017F;er Frage unter&#x017F;cheiden &#x017F;ie &#x017F;ich, ob<lb/>
die <hi rendition="#fr">gei&#x017F;tige,</hi> die <hi rendition="#fr">&#x017F;aure</hi> und die <hi rendition="#fr">faulende Ga&#x0364;hrung</hi><lb/>
Wu&#x0364;rkungen von ver&#x017F;chiedener Art, oder nur von ver-<lb/>
&#x017F;chiedenen Graden &#x017F;ind. Jch will die&#x017F;en Streit nicht<lb/>
en&#x017F;cheiden, ob ich zwar glaube, daß der letztere Ge-<lb/>
danke mehreren Grund habe, als der er&#x017F;te. Die Er-<lb/>
fahrung be&#x017F;ta&#x0364;tiget es, daß auf die gei&#x017F;tige Ga&#x0364;hrung<lb/>
die &#x017F;aure, und auf die&#x017F;e die faulende in einem Ko&#x0364;r-<lb/>
per erfolget. Die&#x017F;e End&#x017F;cheidung hat keinen merkli-<lb/>
chen Einfluß in un&#x017F;ere gegenwa&#x0364;rtige Ab&#x017F;icht. Wir<lb/>
werden die&#x017F;e erreichen ko&#x0364;nnen, wenn wir diejenigen<lb/>
Stu&#x0364;kke anzeigen, wodurch wir die eine Ga&#x0364;hrung von<lb/>
der andern unter&#x017F;cheiden. Hier i&#x017F;t es zuer&#x017F;t genug,<lb/>
wenn wir die gei&#x017F;tige Ga&#x0364;hrung be&#x017F;chreiben. Wir<lb/>
wollen dem Herrn <hi rendition="#fr">Maquer</hi> folgen, der uns die&#x017F;e<lb/>
al&#x017F;o abbildet: Der Saft von allen Fru&#x0364;chten, aller<lb/>
zukkerhaften Materien aus dem Pflanzen-Reiche, aller<lb/>
Saamen- und mehligten Ko&#x0364;rner, wenn &#x017F;ie mit einer<lb/>
zureichenden Menge Wa&#x017F;&#x017F;er eingeru&#x0364;hret werden, &#x017F;ind<lb/>
die ge&#x017F;chickte&#x017F;ten Materien zur gei&#x017F;tigen Ga&#x0364;hrung.<lb/>
Wenn man die&#x017F;e Sa&#x0364;fte in Gefa&#x0364;ßen, die nicht allzu-<lb/>
ve&#x017F;t zugemacht &#x017F;ind, in einen ma&#x0364;ßigen Grad der Wa&#x0364;r-<lb/>
me &#x017F;etzet, &#x017F;o fangen &#x017F;ie nach einiger Zeit an tru&#x0364;be zu<lb/>
werden, es ent&#x017F;tehet unvermerkt eine kleine Bewe-<lb/>
gung in ihren Theilen, welche ein kleines Zi&#x017F;chen ver-<lb/>
anla&#x017F;&#x017F;et; die&#x017F;es vermehrt &#x017F;ich nach und nach derge&#x017F;talt,<lb/>
bis man die groben Theile, welche &#x017F;ie enthalten, als<lb/>
Ob&#x017F;t-Kerne, Getraide-Ko&#x0364;rner u. &#x017F;. f. &#x017F;ich auf aller-<lb/>
hand Art bewegen, und auf die Oberfla&#x0364;che geworfen<lb/>
&#x017F;iehet. Es &#x017F;ondern &#x017F;ich zugleich einige Bla&#x017F;en ab,<lb/>
und der Saft bekommt einen &#x017F;charfen und durchdrin-<lb/>
genden Geruch, welcher durch die du&#x0364;nnen Du&#x0364;n&#x017F;te,<lb/>
welche davon ausdun&#x017F;ten, veranla&#x017F;&#x017F;et wird. Wenn<lb/>
die&#x017F;e Er&#x017F;cheinungen da &#x017F;ind, &#x017F;o &#x017F;pricht man: der Ko&#x0364;r-<lb/>
per &#x017F;tehet in einer <hi rendition="#fr">gei&#x017F;tigen Ga&#x0364;hrung.</hi></p>
            </div><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">§. 331.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0258] Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt, Theile des Koͤrpers entſpringet. Dieſe inwendige Bewegung nennen ſie die Gaͤhrung. Allein in der Beantwortung dieſer Frage unterſcheiden ſie ſich, ob die geiſtige, die ſaure und die faulende Gaͤhrung Wuͤrkungen von verſchiedener Art, oder nur von ver- ſchiedenen Graden ſind. Jch will dieſen Streit nicht enſcheiden, ob ich zwar glaube, daß der letztere Ge- danke mehreren Grund habe, als der erſte. Die Er- fahrung beſtaͤtiget es, daß auf die geiſtige Gaͤhrung die ſaure, und auf dieſe die faulende in einem Koͤr- per erfolget. Dieſe Endſcheidung hat keinen merkli- chen Einfluß in unſere gegenwaͤrtige Abſicht. Wir werden dieſe erreichen koͤnnen, wenn wir diejenigen Stuͤkke anzeigen, wodurch wir die eine Gaͤhrung von der andern unterſcheiden. Hier iſt es zuerſt genug, wenn wir die geiſtige Gaͤhrung beſchreiben. Wir wollen dem Herrn Maquer folgen, der uns dieſe alſo abbildet: Der Saft von allen Fruͤchten, aller zukkerhaften Materien aus dem Pflanzen-Reiche, aller Saamen- und mehligten Koͤrner, wenn ſie mit einer zureichenden Menge Waſſer eingeruͤhret werden, ſind die geſchickteſten Materien zur geiſtigen Gaͤhrung. Wenn man dieſe Saͤfte in Gefaͤßen, die nicht allzu- veſt zugemacht ſind, in einen maͤßigen Grad der Waͤr- me ſetzet, ſo fangen ſie nach einiger Zeit an truͤbe zu werden, es entſtehet unvermerkt eine kleine Bewe- gung in ihren Theilen, welche ein kleines Ziſchen ver- anlaſſet; dieſes vermehrt ſich nach und nach dergeſtalt, bis man die groben Theile, welche ſie enthalten, als Obſt-Kerne, Getraide-Koͤrner u. ſ. f. ſich auf aller- hand Art bewegen, und auf die Oberflaͤche geworfen ſiehet. Es ſondern ſich zugleich einige Blaſen ab, und der Saft bekommt einen ſcharfen und durchdrin- genden Geruch, welcher durch die duͤnnen Duͤnſte, welche davon ausdunſten, veranlaſſet wird. Wenn dieſe Erſcheinungen da ſind, ſo ſpricht man: der Koͤr- per ſtehet in einer geiſtigen Gaͤhrung. §. 331.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/258
Zitationshilfe: Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/258>, abgerufen am 05.12.2024.