Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756.

Bild:
<< vorherige Seite
von den Manufacturen und Fabriquen.
§. 538.

Die übrigen Gründe, nach welchen die MenschenFernere Be-
urtheilung
der zufälli-
gen Voll-
kommenheit,
in Ansehung
der Geschick-
lichkeit des
Künstlers,

die zufällige Vollkommenheit von den Werken der
Kunst beurtheilen, können nicht so leicht auf allgemei-
ne Regeln gebracht werden. Bald diese, bald jene
Verknüpfung würket ein besonderes Urtheil. Bald
gründet sich dieß in der Absicht, wozu es soll gebraucht
werden, bald in den Begriffen, die sich die Menschen
von dem Wohlstande bilden, und bey diesen heist es
nicht nur ländlich, sittlich, sondern auch, schikket euch
in der Zeit. Wir wollen es versuchen, ob wir von die-
sem einige allgemeine Sätze, die brauchbar sind, wer-
den vest setzen können.

Der erste Satz ist dieser: Soll ein Werk der
Runst zufällig vollkommen seyn, so muß des-
sen Anblick in uns den Gedanken von einer
nicht leicht nachzuahmenden Geschicklichkeit
des Künstlers erwekken.

Geschiehet dieß, so giebt uns das Werk der Kunst ei-
nen sinnlichen Begrif, von einer Vollkommenheit, und
dieß ist eine Schönheit.

Anmerk. Man spricht z. B. feines Leinwand
ist besser, als grobes. Wollen wir dieß überhaupt
sagen, so ist es ein falsches Urtheil. Zum Sack
ist grobes Leinwand besser, als feines. Wir müssen
diese Urtheile allemahl in Ansehung der Absicht be-
stimmen. Kann eine Absicht so wohl durch gro-
bes als auch durch feines Leinwand erhalten wer-
den, so ist das feine besser. Warum? es ist
schöner. Denn einen feinen Faden spinnen und
vest verarbeiten, das zeuget von einer größern Ge-
schicklichkeit des Künstlers, als wenn die Fäden
grob sind.

§. 539.
Y 3
von den Manufacturen und Fabriquen.
§. 538.

Die uͤbrigen Gruͤnde, nach welchen die MenſchenFernere Be-
urtheilung
der zufaͤlli-
gen Voll-
kommenheit,
in Anſehung
der Geſchick-
lichkeit des
Kuͤnſtlers,

die zufaͤllige Vollkommenheit von den Werken der
Kunſt beurtheilen, koͤnnen nicht ſo leicht auf allgemei-
ne Regeln gebracht werden. Bald dieſe, bald jene
Verknuͤpfung wuͤrket ein beſonderes Urtheil. Bald
gruͤndet ſich dieß in der Abſicht, wozu es ſoll gebraucht
werden, bald in den Begriffen, die ſich die Menſchen
von dem Wohlſtande bilden, und bey dieſen heiſt es
nicht nur laͤndlich, ſittlich, ſondern auch, ſchikket euch
in der Zeit. Wir wollen es verſuchen, ob wir von die-
ſem einige allgemeine Saͤtze, die brauchbar ſind, wer-
den veſt ſetzen koͤnnen.

Der erſte Satz iſt dieſer: Soll ein Werk der
Runſt zufaͤllig vollkommen ſeyn, ſo muß deſ-
ſen Anblick in uns den Gedanken von einer
nicht leicht nachzuahmenden Geſchicklichkeit
des Kuͤnſtlers erwekken.

Geſchiehet dieß, ſo giebt uns das Werk der Kunſt ei-
nen ſinnlichen Begrif, von einer Vollkommenheit, und
dieß iſt eine Schoͤnheit.

Anmerk. Man ſpricht z. B. feines Leinwand
iſt beſſer, als grobes. Wollen wir dieß uͤberhaupt
ſagen, ſo iſt es ein falſches Urtheil. Zum Sack
iſt grobes Leinwand beſſer, als feines. Wir muͤſſen
dieſe Urtheile allemahl in Anſehung der Abſicht be-
ſtimmen. Kann eine Abſicht ſo wohl durch gro-
bes als auch durch feines Leinwand erhalten wer-
den, ſo iſt das feine beſſer. Warum? es iſt
ſchoͤner. Denn einen feinen Faden ſpinnen und
veſt verarbeiten, das zeuget von einer groͤßern Ge-
ſchicklichkeit des Kuͤnſtlers, als wenn die Faͤden
grob ſind.

§. 539.
Y 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0361" n="341"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">von den Manufacturen und Fabriquen.</hi> </fw><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 538.</head><lb/>
              <p>Die u&#x0364;brigen Gru&#x0364;nde, nach welchen die Men&#x017F;chen<note place="right">Fernere Be-<lb/>
urtheilung<lb/>
der zufa&#x0364;lli-<lb/>
gen Voll-<lb/>
kommenheit,<lb/>
in An&#x017F;ehung<lb/>
der Ge&#x017F;chick-<lb/>
lichkeit des<lb/>
Ku&#x0364;n&#x017F;tlers,</note><lb/>
die zufa&#x0364;llige Vollkommenheit von den Werken der<lb/>
Kun&#x017F;t beurtheilen, ko&#x0364;nnen nicht &#x017F;o leicht auf allgemei-<lb/>
ne Regeln gebracht werden. Bald die&#x017F;e, bald jene<lb/>
Verknu&#x0364;pfung wu&#x0364;rket ein be&#x017F;onderes Urtheil. Bald<lb/>
gru&#x0364;ndet &#x017F;ich dieß in der Ab&#x017F;icht, wozu es &#x017F;oll gebraucht<lb/>
werden, bald in den Begriffen, die &#x017F;ich die Men&#x017F;chen<lb/>
von dem Wohl&#x017F;tande bilden, und bey die&#x017F;en hei&#x017F;t es<lb/>
nicht nur la&#x0364;ndlich, &#x017F;ittlich, &#x017F;ondern auch, &#x017F;chikket euch<lb/>
in der Zeit. Wir wollen es ver&#x017F;uchen, ob wir von die-<lb/>
&#x017F;em einige allgemeine Sa&#x0364;tze, die brauchbar &#x017F;ind, wer-<lb/>
den ve&#x017F;t &#x017F;etzen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
              <p> <hi rendition="#et">Der er&#x017F;te Satz i&#x017F;t die&#x017F;er: <hi rendition="#fr">Soll ein Werk der<lb/>
Run&#x017F;t zufa&#x0364;llig vollkommen &#x017F;eyn, &#x017F;o muß de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Anblick in uns den Gedanken von einer<lb/>
nicht leicht nachzuahmenden Ge&#x017F;chicklichkeit<lb/>
des Ku&#x0364;n&#x017F;tlers erwekken.</hi></hi> </p><lb/>
              <p>Ge&#x017F;chiehet dieß, &#x017F;o giebt uns das Werk der Kun&#x017F;t ei-<lb/>
nen &#x017F;innlichen Begrif, von einer Vollkommenheit, und<lb/>
dieß i&#x017F;t eine Scho&#x0364;nheit.</p><lb/>
              <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Anmerk.</hi> Man &#x017F;pricht z. B. feines Leinwand<lb/>
i&#x017F;t be&#x017F;&#x017F;er, als grobes. Wollen wir dieß u&#x0364;berhaupt<lb/>
&#x017F;agen, &#x017F;o i&#x017F;t es ein fal&#x017F;ches Urtheil. Zum Sack<lb/>
i&#x017F;t grobes Leinwand be&#x017F;&#x017F;er, als feines. Wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
die&#x017F;e Urtheile allemahl in An&#x017F;ehung der Ab&#x017F;icht be-<lb/>
&#x017F;timmen. Kann eine Ab&#x017F;icht &#x017F;o wohl durch gro-<lb/>
bes als auch durch feines Leinwand erhalten wer-<lb/>
den, &#x017F;o i&#x017F;t das feine be&#x017F;&#x017F;er. Warum? es i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ner. Denn einen feinen Faden &#x017F;pinnen und<lb/>
ve&#x017F;t verarbeiten, das zeuget von einer gro&#x0364;ßern Ge-<lb/>
&#x017F;chicklichkeit des Ku&#x0364;n&#x017F;tlers, als wenn die Fa&#x0364;den<lb/>
grob &#x017F;ind.</hi> </p>
            </div><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">Y 3</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">§. 539.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[341/0361] von den Manufacturen und Fabriquen. §. 538. Die uͤbrigen Gruͤnde, nach welchen die Menſchen die zufaͤllige Vollkommenheit von den Werken der Kunſt beurtheilen, koͤnnen nicht ſo leicht auf allgemei- ne Regeln gebracht werden. Bald dieſe, bald jene Verknuͤpfung wuͤrket ein beſonderes Urtheil. Bald gruͤndet ſich dieß in der Abſicht, wozu es ſoll gebraucht werden, bald in den Begriffen, die ſich die Menſchen von dem Wohlſtande bilden, und bey dieſen heiſt es nicht nur laͤndlich, ſittlich, ſondern auch, ſchikket euch in der Zeit. Wir wollen es verſuchen, ob wir von die- ſem einige allgemeine Saͤtze, die brauchbar ſind, wer- den veſt ſetzen koͤnnen. Fernere Be- urtheilung der zufaͤlli- gen Voll- kommenheit, in Anſehung der Geſchick- lichkeit des Kuͤnſtlers, Der erſte Satz iſt dieſer: Soll ein Werk der Runſt zufaͤllig vollkommen ſeyn, ſo muß deſ- ſen Anblick in uns den Gedanken von einer nicht leicht nachzuahmenden Geſchicklichkeit des Kuͤnſtlers erwekken. Geſchiehet dieß, ſo giebt uns das Werk der Kunſt ei- nen ſinnlichen Begrif, von einer Vollkommenheit, und dieß iſt eine Schoͤnheit. Anmerk. Man ſpricht z. B. feines Leinwand iſt beſſer, als grobes. Wollen wir dieß uͤberhaupt ſagen, ſo iſt es ein falſches Urtheil. Zum Sack iſt grobes Leinwand beſſer, als feines. Wir muͤſſen dieſe Urtheile allemahl in Anſehung der Abſicht be- ſtimmen. Kann eine Abſicht ſo wohl durch gro- bes als auch durch feines Leinwand erhalten wer- den, ſo iſt das feine beſſer. Warum? es iſt ſchoͤner. Denn einen feinen Faden ſpinnen und veſt verarbeiten, das zeuget von einer groͤßern Ge- ſchicklichkeit des Kuͤnſtlers, als wenn die Faͤden grob ſind. §. 539. Y 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/361
Zitationshilfe: Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/361>, abgerufen am 05.12.2024.