18. 19). Menschen, die sich mit solchen Dingen be- schäftigen, welche die andere Art der Policey-Gesetze hat verbiethen müssen, die sind von der Eigenschaft, daß sie nur durch Strafen von ihren Unternehmungen können zurück gehalten werden. Folglich ist es gewiß, es sey das sicherste, wenn man in der Policey nur zu diesem Ende Strafen setzet, das man diejenigen Dinge verhindern könne, welche die Jnnwohner und den Staat arm machen.
§. 21.
Gesetze sind entweder vollständige, oder unvoll- ständige.
Jn der Lehre der Klugheit macht man einen Un- terschied unter vollständige und unvollständige Gesetze. Sie nennet ein Gesetz alsdenn vollständig, wenn es vermögend ist, den Haupt-Zweck zu würken, wozu es ist gegeben worden. Wir wollen zur Deut- lichkeit noch etwas überflüßiges hinzusetzen. Was nicht leicht Gelegenheit zu solchen Dingen geben kann, die dem Haupt-Zweck des Gesetzes zuwider sind. Sie nennet im Gegentheil ein Gesetze unvollstän- dig, das unvermögend ist, den Haupt-Endzweck zu würken, oder, welches einerley ist, was leicht zu solchen Unternehmungen Gelegenheit geben kann, die dem Haupt-Endzwekke des Gesetzes widersprechen.
Anmerk. So war z. B. das alte Römische Ge- setz, daß kein Legat größer seyn sollte, als der Theil, den ein Erbe bekommt, ein unvollständiges Gesetz. Es war unvermögend, das zu würken, was es wür- ken sollte. Es sollte den Erben Bewegungs- Gründe geben, die Testamente anzunehmen. Das Erbtheil konnte, ohne dieß Gesetze zu verletzen, sehr klein werden. Und daher wurde der Bewegungs- Grund, den es geben sollte, sehr oft zernichtet.
§. 22.
Der Policey-Wiſſenſchaft 1 Abſchnitt,
18. 19). Menſchen, die ſich mit ſolchen Dingen be- ſchaͤftigen, welche die andere Art der Policey-Geſetze hat verbiethen muͤſſen, die ſind von der Eigenſchaft, daß ſie nur durch Strafen von ihren Unternehmungen koͤnnen zuruͤck gehalten werden. Folglich iſt es gewiß, es ſey das ſicherſte, wenn man in der Policey nur zu dieſem Ende Strafen ſetzet, das man diejenigen Dinge verhindern koͤnne, welche die Jnnwohner und den Staat arm machen.
§. 21.
Geſetze ſind entweder vollſtaͤndige, oder unvoll- ſtaͤndige.
Jn der Lehre der Klugheit macht man einen Un- terſchied unter vollſtaͤndige und unvollſtaͤndige Geſetze. Sie nennet ein Geſetz alsdenn vollſtaͤndig, wenn es vermoͤgend iſt, den Haupt-Zweck zu wuͤrken, wozu es iſt gegeben worden. Wir wollen zur Deut- lichkeit noch etwas uͤberfluͤßiges hinzuſetzen. Was nicht leicht Gelegenheit zu ſolchen Dingen geben kann, die dem Haupt-Zweck des Geſetzes zuwider ſind. Sie nennet im Gegentheil ein Geſetze unvollſtaͤn- dig, das unvermoͤgend iſt, den Haupt-Endzweck zu wuͤrken, oder, welches einerley iſt, was leicht zu ſolchen Unternehmungen Gelegenheit geben kann, die dem Haupt-Endzwekke des Geſetzes widerſprechen.
Anmerk. So war z. B. das alte Roͤmiſche Ge- ſetz, daß kein Legat groͤßer ſeyn ſollte, als der Theil, den ein Erbe bekommt, ein unvollſtaͤndiges Geſetz. Es war unvermoͤgend, das zu wuͤrken, was es wuͤr- ken ſollte. Es ſollte den Erben Bewegungs- Gruͤnde geben, die Teſtamente anzunehmen. Das Erbtheil konnte, ohne dieß Geſetze zu verletzen, ſehr klein werden. Und daher wurde der Bewegungs- Grund, den es geben ſollte, ſehr oft zernichtet.
§. 22.
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Der Policey-Wiſſenſchaft 1 Abſchnitt,
18. 19). Menſchen, die ſich mit ſolchen Dingen be-
ſchaͤftigen, welche die andere Art der Policey-Geſetze
hat verbiethen muͤſſen, die ſind von der Eigenſchaft,
daß ſie nur durch Strafen von ihren Unternehmungen
koͤnnen zuruͤck gehalten werden. Folglich iſt es gewiß,
es ſey das ſicherſte, wenn man in der Policey nur zu
dieſem Ende Strafen ſetzet, das man diejenigen
Dinge verhindern koͤnne, welche die Jnnwohner und
den Staat arm machen.
§. 21.
Jn der Lehre der Klugheit macht man einen Un-
terſchied unter vollſtaͤndige und unvollſtaͤndige
Geſetze. Sie nennet ein Geſetz alsdenn vollſtaͤndig,
wenn es vermoͤgend iſt, den Haupt-Zweck zu wuͤrken,
wozu es iſt gegeben worden. Wir wollen zur Deut-
lichkeit noch etwas uͤberfluͤßiges hinzuſetzen. Was
nicht leicht Gelegenheit zu ſolchen Dingen geben kann,
die dem Haupt-Zweck des Geſetzes zuwider ſind.
Sie nennet im Gegentheil ein Geſetze unvollſtaͤn-
dig, das unvermoͤgend iſt, den Haupt-Endzweck zu
wuͤrken, oder, welches einerley iſt, was leicht zu
ſolchen Unternehmungen Gelegenheit geben kann, die
dem Haupt-Endzwekke des Geſetzes widerſprechen.
Anmerk. So war z. B. das alte Roͤmiſche Ge-
ſetz, daß kein Legat groͤßer ſeyn ſollte, als der Theil,
den ein Erbe bekommt, ein unvollſtaͤndiges Geſetz.
Es war unvermoͤgend, das zu wuͤrken, was es wuͤr-
ken ſollte. Es ſollte den Erben Bewegungs-
Gruͤnde geben, die Teſtamente anzunehmen. Das
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klein werden. Und daher wurde der Bewegungs-
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Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/424>, abgerufen am 05.12.2024.
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