einen Unterthan mehr, der jährlich 3000. Thl. Ein- künfte hat. Jst nun der Staat Policey-gemäß eingerichtet, so laufen diese 3000 Thl. durch die Ge- werke, durch die Fabriquen und so ferner herum, ehe sie an die Cammer kommen. Man ziehe nun die Rechnung, und man wird es bald merken, daß jenes Guth dem Fürsten 10 ja wohl centum pro cento tragen könne. Der Groß-Herzog von Florenz be- stätiget die Wahrheit dieser Lehre mit der Erfahrung.
Anmerk. Dieß giebt uns einen Begrif von der wahren Beschaffenheit des großen Landes-Ca- pitals, und von dem, wie es möglich sey, daß die jährlichen Einkünfte eines Fürsten sehr leicht dem Werth des ganzen Fürstenthums gleich wer- den können. Nachfolgende Gedanken des Herrn Geheimen Rath von Biechling verdienen hiebey in Erwegung gezogen zu werden. *) Es ist nicht dafür zu halten, daß ein Fürst alles im Lande für eigen besitzen, und etwa bey Heimfallen oder an- derer Gelegenheit nur bloß auf Ergrößerung sei- nes Cammer-Guths oder Dominii gedenken müs- se, sondern daß auch glückselige und gute Regi- menter seyn könne, wo ein Herr tapfere und rei- che, doch darbey gehorsame, und dem Vaterlande getreue Stände hat. Mit armen, gepreßten, sclavischen und bettelhaften Unterthanen ist für- wahr wenig auszurichten, sie haben schlechte Liebe zu ihrem Regenten und deßen Bedienten. Sein Glück und Unglück bewegt sie wenig, weil sie wis- sen, daß sie doch arme Stümpler bleiben, und we- gen des allzu strengen, oder Geld-begierigen Re- giments, zur Besserung ihrer Nahrung nicht kom- men können. Das wäre mit bewährten Exempeln
alter
*)Jn der zweyten Zugabe von Seckendorfs Fürsten- Staat auf der 30 Seite.
Des Cammer-Weſens 2. Abſchnitt,
einen Unterthan mehr, der jaͤhrlich 3000. Thl. Ein- kuͤnfte hat. Jſt nun der Staat Policey-gemaͤß eingerichtet, ſo laufen dieſe 3000 Thl. durch die Ge- werke, durch die Fabriquen und ſo ferner herum, ehe ſie an die Cammer kommen. Man ziehe nun die Rechnung, und man wird es bald merken, daß jenes Guth dem Fuͤrſten 10 ja wohl centum pro cento tragen koͤnne. Der Groß-Herzog von Florenz be- ſtaͤtiget die Wahrheit dieſer Lehre mit der Erfahrung.
Anmerk. Dieß giebt uns einen Begrif von der wahren Beſchaffenheit des großen Landes-Ca- pitals, und von dem, wie es moͤglich ſey, daß die jaͤhrlichen Einkuͤnfte eines Fuͤrſten ſehr leicht dem Werth des ganzen Fuͤrſtenthums gleich wer- den koͤnnen. Nachfolgende Gedanken des Herrn Geheimen Rath von Biechling verdienen hiebey in Erwegung gezogen zu werden. *) Es iſt nicht dafuͤr zu halten, daß ein Fuͤrſt alles im Lande fuͤr eigen beſitzen, und etwa bey Heimfallen oder an- derer Gelegenheit nur bloß auf Ergroͤßerung ſei- nes Cammer-Guths oder Dominii gedenken muͤſ- ſe, ſondern daß auch gluͤckſelige und gute Regi- menter ſeyn koͤnne, wo ein Herr tapfere und rei- che, doch darbey gehorſame, und dem Vaterlande getreue Staͤnde hat. Mit armen, gepreßten, ſclaviſchen und bettelhaften Unterthanen iſt fuͤr- wahr wenig auszurichten, ſie haben ſchlechte Liebe zu ihrem Regenten und deßen Bedienten. Sein Gluͤck und Ungluͤck bewegt ſie wenig, weil ſie wiſ- ſen, daß ſie doch arme Stuͤmpler bleiben, und we- gen des allzu ſtrengen, oder Geld-begierigen Re- giments, zur Beſſerung ihrer Nahrung nicht kom- men koͤnnen. Das waͤre mit bewaͤhrten Exempeln
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*)Jn der zweyten Zugabe von Seckendorfs Fuͤrſten- Staat auf der 30 Seite.
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Des Cammer-Weſens 2. Abſchnitt,
einen Unterthan mehr, der jaͤhrlich 3000. Thl. Ein-
kuͤnfte hat. Jſt nun der Staat Policey-gemaͤß
eingerichtet, ſo laufen dieſe 3000 Thl. durch die Ge-
werke, durch die Fabriquen und ſo ferner herum, ehe
ſie an die Cammer kommen. Man ziehe nun die
Rechnung, und man wird es bald merken, daß jenes
Guth dem Fuͤrſten 10 ja wohl centum pro cento
tragen koͤnne. Der Groß-Herzog von Florenz be-
ſtaͤtiget die Wahrheit dieſer Lehre mit der Erfahrung.
Anmerk. Dieß giebt uns einen Begrif von
der wahren Beſchaffenheit des großen Landes-Ca-
pitals, und von dem, wie es moͤglich ſey, daß
die jaͤhrlichen Einkuͤnfte eines Fuͤrſten ſehr leicht
dem Werth des ganzen Fuͤrſtenthums gleich wer-
den koͤnnen. Nachfolgende Gedanken des Herrn
Geheimen Rath von Biechling verdienen hiebey
in Erwegung gezogen zu werden. *) Es iſt nicht
dafuͤr zu halten, daß ein Fuͤrſt alles im Lande fuͤr
eigen beſitzen, und etwa bey Heimfallen oder an-
derer Gelegenheit nur bloß auf Ergroͤßerung ſei-
nes Cammer-Guths oder Dominii gedenken muͤſ-
ſe, ſondern daß auch gluͤckſelige und gute Regi-
menter ſeyn koͤnne, wo ein Herr tapfere und rei-
che, doch darbey gehorſame, und dem Vaterlande
getreue Staͤnde hat. Mit armen, gepreßten,
ſclaviſchen und bettelhaften Unterthanen iſt fuͤr-
wahr wenig auszurichten, ſie haben ſchlechte Liebe
zu ihrem Regenten und deßen Bedienten. Sein
Gluͤck und Ungluͤck bewegt ſie wenig, weil ſie wiſ-
ſen, daß ſie doch arme Stuͤmpler bleiben, und we-
gen des allzu ſtrengen, oder Geld-begierigen Re-
giments, zur Beſſerung ihrer Nahrung nicht kom-
men koͤnnen. Das waͤre mit bewaͤhrten Exempeln
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*) Jn der zweyten Zugabe von Seckendorfs Fuͤrſten-
Staat auf der 30 Seite.
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Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 578. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/598>, abgerufen am 05.12.2024.
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