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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Cap. 6. Verdauung.
langsam reagierte, aber am 9. das Bruchstück dicht umschlosz. Am 11.
fieng dies zweite Blatt an, sich wieder auszubreiten; das Bruchstück
war offenbar erweicht, und Dr. Klein berichtet: "ein groszer Theil des
"Schmelzes und der gröszere Theil des Zahnbeins des Kalkes beraubt."
2. Versuch. -- 1. Mai; ein Bruchstück auf ein Blatt gelegt; am 2.
waren die Tentakeln ziemlich ordentlich eingebogen, bei reichlicher Ab-
sonderung auf der Scheibe, und blieben bis zum 7. eingebogen, wo sich
das Blatt wieder ausbreitete. Das Fragment wurde nun auf ein frisches
Blatt gebracht, welches am nächsten Tage (am 8.) in der stärksten Weise
eingebogen war und bis zum 11. so blieb, wo es sich wieder ausbreitete.
Dr. Klein berichtet: "ein groszer Theil des Schmelzes und der gröszere
"Theil des Zahnbeins des Kalkes beraubt."
3. Versuch. -- 1. Mai; ein Bruchstück mit Speichel befeuchtet
und auf ein Blatt gebracht, welches bis zum 5. gut eingebogen blieb
und sich dann wieder ausbreitete. Der Schmelz war durchaus nicht und
das Zahnbein nur unbedeutend erweicht. Das Bruchstück wurde nun auf
ein frisches Blatt gebracht, welches am nächsten Morgen (6.) stark ein-
gebogen war und bis zum 11. so blieb. Der Schmelz und das Zahnbein
waren jetzt beide etwas erweicht, und Dr. Klein berichtet: "weniger
"als die Hälfte des Schmelzes, aber der gröszere Theil des Zahnbeins
"des Kalkes beraubt."
4. Versuch. -- 1. Mai; ein äuszerst kleines und dünnes Stückchen
Zahnbein wurde, mit Speichel befeuchtet, auf ein Blatt gebracht, welches
bald eingebogen wurde und sich am 5. wieder ausbreitete. Das Zahn-
bein war so biegsam geworden wie dünnes Papier. Es wurde dann auf
ein frisches Blatt gebracht, welches am nächsten Morgen (am 6.) stark
eingebogen war und sich am 10. wieder öffnete. Das seiner Kalksalze
beraubte Zahnbein war nun so zart, dasz es durch die blosze Kraft der
sich ausbreitenden Tentakeln in Stückchen zerrissen wurde.

Aus diesen Versuchen geht hervor, dasz die Schmelzsubstanz von
dem Secrete mit mehr Schwierigkeit angegriffen wird, als das Zahn-
bein, wie sich nach ihrer auszerordentlichen Härte hätte erwarten
lassen; beide werden ferner schwieriger angegriffen als Knochen. Nach-
dem der Procesz der Auflösung einmal begonnen hat, wird er mit
gröszerer Leichtigkeit weiter geführt; dies kann man daraus schlieszen,
dasz die Blätter, auf welche die Bruchstücke übertragen wurden, in
allen vier Fällen im Laufe eines einzigen Tages stark eingebogen wur-
den, während die erste Reihe Blätter viel weniger schnell und energisch
reagierten. Die Kanten und Vorsprünge der faserigen Grundsubstanz
des Schmelzes und Zahnbeins (vielleicht mit Ausnahme des 4. Falles,
welcher nicht ordentlich beobachtet werden konnte) waren nicht im
mindesten abgerundet; auch bemerkt Dr. Klein, dasz ihre mikrosko-
pische Structur nicht verändert gewesen sei. Dies hätte man aber

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langsam reagierte, aber am 9. das Bruchstück dicht umschlosz. Am 11.
fieng dies zweite Blatt an, sich wieder auszubreiten; das Bruchstück
war offenbar erweicht, und Dr. Klein berichtet: »ein groszer Theil des
„Schmelzes und der gröszere Theil des Zahnbeins des Kalkes beraubt.«
2. Versuch. — 1. Mai; ein Bruchstück auf ein Blatt gelegt; am 2.
waren die Tentakeln ziemlich ordentlich eingebogen, bei reichlicher Ab-
sonderung auf der Scheibe, und blieben bis zum 7. eingebogen, wo sich
das Blatt wieder ausbreitete. Das Fragment wurde nun auf ein frisches
Blatt gebracht, welches am nächsten Tage (am 8.) in der stärksten Weise
eingebogen war und bis zum 11. so blieb, wo es sich wieder ausbreitete.
Dr. Klein berichtet: »ein groszer Theil des Schmelzes und der gröszere
„Theil des Zahnbeins des Kalkes beraubt.«
3. Versuch. — 1. Mai; ein Bruchstück mit Speichel befeuchtet
und auf ein Blatt gebracht, welches bis zum 5. gut eingebogen blieb
und sich dann wieder ausbreitete. Der Schmelz war durchaus nicht und
das Zahnbein nur unbedeutend erweicht. Das Bruchstück wurde nun auf
ein frisches Blatt gebracht, welches am nächsten Morgen (6.) stark ein-
gebogen war und bis zum 11. so blieb. Der Schmelz und das Zahnbein
waren jetzt beide etwas erweicht, und Dr. Klein berichtet: »weniger
„als die Hälfte des Schmelzes, aber der gröszere Theil des Zahnbeins
„des Kalkes beraubt.«
4. Versuch. — 1. Mai; ein äuszerst kleines und dünnes Stückchen
Zahnbein wurde, mit Speichel befeuchtet, auf ein Blatt gebracht, welches
bald eingebogen wurde und sich am 5. wieder ausbreitete. Das Zahn-
bein war so biegsam geworden wie dünnes Papier. Es wurde dann auf
ein frisches Blatt gebracht, welches am nächsten Morgen (am 6.) stark
eingebogen war und sich am 10. wieder öffnete. Das seiner Kalksalze
beraubte Zahnbein war nun so zart, dasz es durch die blosze Kraft der
sich ausbreitenden Tentakeln in Stückchen zerrissen wurde.

Aus diesen Versuchen geht hervor, dasz die Schmelzsubstanz von
dem Secrete mit mehr Schwierigkeit angegriffen wird, als das Zahn-
bein, wie sich nach ihrer auszerordentlichen Härte hätte erwarten
lassen; beide werden ferner schwieriger angegriffen als Knochen. Nach-
dem der Procesz der Auflösung einmal begonnen hat, wird er mit
gröszerer Leichtigkeit weiter geführt; dies kann man daraus schlieszen,
dasz die Blätter, auf welche die Bruchstücke übertragen wurden, in
allen vier Fällen im Laufe eines einzigen Tages stark eingebogen wur-
den, während die erste Reihe Blätter viel weniger schnell und energisch
reagierten. Die Kanten und Vorsprünge der faserigen Grundsubstanz
des Schmelzes und Zahnbeins (vielleicht mit Ausnahme des 4. Falles,
welcher nicht ordentlich beobachtet werden konnte) waren nicht im
mindesten abgerundet; auch bemerkt Dr. Klein, dasz ihre mikrosko-
pische Structur nicht verändert gewesen sei. Dies hätte man aber

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[95/0109] Cap. 6. Verdauung. langsam reagierte, aber am 9. das Bruchstück dicht umschlosz. Am 11. fieng dies zweite Blatt an, sich wieder auszubreiten; das Bruchstück war offenbar erweicht, und Dr. Klein berichtet: »ein groszer Theil des „Schmelzes und der gröszere Theil des Zahnbeins des Kalkes beraubt.« 2. Versuch. — 1. Mai; ein Bruchstück auf ein Blatt gelegt; am 2. waren die Tentakeln ziemlich ordentlich eingebogen, bei reichlicher Ab- sonderung auf der Scheibe, und blieben bis zum 7. eingebogen, wo sich das Blatt wieder ausbreitete. Das Fragment wurde nun auf ein frisches Blatt gebracht, welches am nächsten Tage (am 8.) in der stärksten Weise eingebogen war und bis zum 11. so blieb, wo es sich wieder ausbreitete. Dr. Klein berichtet: »ein groszer Theil des Schmelzes und der gröszere „Theil des Zahnbeins des Kalkes beraubt.« 3. Versuch. — 1. Mai; ein Bruchstück mit Speichel befeuchtet und auf ein Blatt gebracht, welches bis zum 5. gut eingebogen blieb und sich dann wieder ausbreitete. Der Schmelz war durchaus nicht und das Zahnbein nur unbedeutend erweicht. Das Bruchstück wurde nun auf ein frisches Blatt gebracht, welches am nächsten Morgen (6.) stark ein- gebogen war und bis zum 11. so blieb. Der Schmelz und das Zahnbein waren jetzt beide etwas erweicht, und Dr. Klein berichtet: »weniger „als die Hälfte des Schmelzes, aber der gröszere Theil des Zahnbeins „des Kalkes beraubt.« 4. Versuch. — 1. Mai; ein äuszerst kleines und dünnes Stückchen Zahnbein wurde, mit Speichel befeuchtet, auf ein Blatt gebracht, welches bald eingebogen wurde und sich am 5. wieder ausbreitete. Das Zahn- bein war so biegsam geworden wie dünnes Papier. Es wurde dann auf ein frisches Blatt gebracht, welches am nächsten Morgen (am 6.) stark eingebogen war und sich am 10. wieder öffnete. Das seiner Kalksalze beraubte Zahnbein war nun so zart, dasz es durch die blosze Kraft der sich ausbreitenden Tentakeln in Stückchen zerrissen wurde. Aus diesen Versuchen geht hervor, dasz die Schmelzsubstanz von dem Secrete mit mehr Schwierigkeit angegriffen wird, als das Zahn- bein, wie sich nach ihrer auszerordentlichen Härte hätte erwarten lassen; beide werden ferner schwieriger angegriffen als Knochen. Nach- dem der Procesz der Auflösung einmal begonnen hat, wird er mit gröszerer Leichtigkeit weiter geführt; dies kann man daraus schlieszen, dasz die Blätter, auf welche die Bruchstücke übertragen wurden, in allen vier Fällen im Laufe eines einzigen Tages stark eingebogen wur- den, während die erste Reihe Blätter viel weniger schnell und energisch reagierten. Die Kanten und Vorsprünge der faserigen Grundsubstanz des Schmelzes und Zahnbeins (vielleicht mit Ausnahme des 4. Falles, welcher nicht ordentlich beobachtet werden konnte) waren nicht im mindesten abgerundet; auch bemerkt Dr. Klein, dasz ihre mikrosko- pische Structur nicht verändert gewesen sei. Dies hätte man aber

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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/109>, abgerufen am 28.11.2024.