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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Cap. 6. Verdauung.

Ein paar Versuche wurden mit Käse gemacht; Würfel von
Zoll (1,27 Mm.) wurden auf vier Blätter gelegt, worauf dieselben
nach einem oder zwei Tagen ordentlich eingebogen wurden, während
ihre Drüsen viel saures Secret ergoszen. Nach fünf Tagen fiengen
sie an, sich wieder auszubreiten, aber das eine starb ab, und einige
von den Drüsen auf den andern Blättern waren verletzt. Nach
bloszem Augenscheine zu urtheilen waren die auf den Blattscheiben
zurückgelassenen erweichten und niedergesunkenen Massen von Käse
sehr wenig oder überhaupt gar nicht der Grösze nach reducirt. Wir
dürfen indesz wohl nach der Zeit, während welcher die Tentakeln
eingebogen blieben, nach der veränderten Farbe einiger Drüsen, ebenso
wie nach der Schädigung andrer schlieszen, dasz Substanz aus dem
Käse absorbirt worden war.

Legumin. -- Ich erhielt diese Substanz nicht im getrennten
Zustande; man kann aber kaum daran zweifeln, dasz sie leicht ver-
daut werden wird, wenn man nach der kräftigen Wirkung urtheilt,
welche, wie im letzten Capitel beschrieben wurde, durch Tropfen einer
Abkochung grüner Erbsen hervorgebracht wird. Dünne Schnittchen
einer getrockneten Erbse wurden, nachdem sie in Wasser eingeweicht
worden waren, auf zwei Blätter gethan; diese wurden im Laufe einer
einzigen Stunde einigermaszen, und in 21 Stunden äuszerst stark ein-
gebogen. Sie breiteten sich nach drei oder vier Tagen wieder aus.
Die Schnittchen waren nicht verflüssigt, denn die aus Cellulose be-
stehenden Zellwände werden von dem Secrete nicht im geringsten an-
gegriffen.

Pollen. -- Ein wenig frischer Pollen von der gemeinen Erbse
wurde auf die Scheiben von fünf Blättern gelegt, welche bald dicht
eingebogen wurden und es für zwei oder drei Tage blieben.

Die Körner wurden dann entfernt und unter dem Mikroskope
untersucht; es fand sich, dasz sie entfärbt und die Ölkügelchen merk-
würdig zusammengeballt waren. Bei vielen war der Inhalt bedeutend
zusammengeschrumpft und einige waren beinahe leer. Nur in einigen
wenigen Fällen waren die Pollenschläuche vorgetreten. Es konnte
daran kein Zweifel sein, dasz das Secret die äuszeren Hüllen der
Körner durchdrungen und den Inhalt theilweise verdaut hatte. Das-
selbe musz bei dem Magensaft der Insecten der Fall sein, welche
von Pollen sich ernähren, ohne ihn zu zerkauen12. Drosera wird

12 A. W. Bennett fand die unverdauten Hüllen der Körner im Darmeanal
Cap. 6. Verdauung.

Ein paar Versuche wurden mit Käse gemacht; Würfel von
Zoll (1,27 Mm.) wurden auf vier Blätter gelegt, worauf dieselben
nach einem oder zwei Tagen ordentlich eingebogen wurden, während
ihre Drüsen viel saures Secret ergoszen. Nach fünf Tagen fiengen
sie an, sich wieder auszubreiten, aber das eine starb ab, und einige
von den Drüsen auf den andern Blättern waren verletzt. Nach
bloszem Augenscheine zu urtheilen waren die auf den Blattscheiben
zurückgelassenen erweichten und niedergesunkenen Massen von Käse
sehr wenig oder überhaupt gar nicht der Grösze nach reducirt. Wir
dürfen indesz wohl nach der Zeit, während welcher die Tentakeln
eingebogen blieben, nach der veränderten Farbe einiger Drüsen, ebenso
wie nach der Schädigung andrer schlieszen, dasz Substanz aus dem
Käse absorbirt worden war.

Legumin. — Ich erhielt diese Substanz nicht im getrennten
Zustande; man kann aber kaum daran zweifeln, dasz sie leicht ver-
daut werden wird, wenn man nach der kräftigen Wirkung urtheilt,
welche, wie im letzten Capitel beschrieben wurde, durch Tropfen einer
Abkochung grüner Erbsen hervorgebracht wird. Dünne Schnittchen
einer getrockneten Erbse wurden, nachdem sie in Wasser eingeweicht
worden waren, auf zwei Blätter gethan; diese wurden im Laufe einer
einzigen Stunde einigermaszen, und in 21 Stunden äuszerst stark ein-
gebogen. Sie breiteten sich nach drei oder vier Tagen wieder aus.
Die Schnittchen waren nicht verflüssigt, denn die aus Cellulose be-
stehenden Zellwände werden von dem Secrete nicht im geringsten an-
gegriffen.

Pollen. — Ein wenig frischer Pollen von der gemeinen Erbse
wurde auf die Scheiben von fünf Blättern gelegt, welche bald dicht
eingebogen wurden und es für zwei oder drei Tage blieben.

Die Körner wurden dann entfernt und unter dem Mikroskope
untersucht; es fand sich, dasz sie entfärbt und die Ölkügelchen merk-
würdig zusammengeballt waren. Bei vielen war der Inhalt bedeutend
zusammengeschrumpft und einige waren beinahe leer. Nur in einigen
wenigen Fällen waren die Pollenschläuche vorgetreten. Es konnte
daran kein Zweifel sein, dasz das Secret die äuszeren Hüllen der
Körner durchdrungen und den Inhalt theilweise verdaut hatte. Das-
selbe musz bei dem Magensaft der Insecten der Fall sein, welche
von Pollen sich ernähren, ohne ihn zu zerkauen12. Drosera wird

12 A. W. Bennett fand die unverdauten Hüllen der Körner im Darmeanal
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[103/0117] Cap. 6. Verdauung. Ein paar Versuche wurden mit Käse gemacht; Würfel von [FORMEL] Zoll (1,27 Mm.) wurden auf vier Blätter gelegt, worauf dieselben nach einem oder zwei Tagen ordentlich eingebogen wurden, während ihre Drüsen viel saures Secret ergoszen. Nach fünf Tagen fiengen sie an, sich wieder auszubreiten, aber das eine starb ab, und einige von den Drüsen auf den andern Blättern waren verletzt. Nach bloszem Augenscheine zu urtheilen waren die auf den Blattscheiben zurückgelassenen erweichten und niedergesunkenen Massen von Käse sehr wenig oder überhaupt gar nicht der Grösze nach reducirt. Wir dürfen indesz wohl nach der Zeit, während welcher die Tentakeln eingebogen blieben, nach der veränderten Farbe einiger Drüsen, ebenso wie nach der Schädigung andrer schlieszen, dasz Substanz aus dem Käse absorbirt worden war. Legumin. — Ich erhielt diese Substanz nicht im getrennten Zustande; man kann aber kaum daran zweifeln, dasz sie leicht ver- daut werden wird, wenn man nach der kräftigen Wirkung urtheilt, welche, wie im letzten Capitel beschrieben wurde, durch Tropfen einer Abkochung grüner Erbsen hervorgebracht wird. Dünne Schnittchen einer getrockneten Erbse wurden, nachdem sie in Wasser eingeweicht worden waren, auf zwei Blätter gethan; diese wurden im Laufe einer einzigen Stunde einigermaszen, und in 21 Stunden äuszerst stark ein- gebogen. Sie breiteten sich nach drei oder vier Tagen wieder aus. Die Schnittchen waren nicht verflüssigt, denn die aus Cellulose be- stehenden Zellwände werden von dem Secrete nicht im geringsten an- gegriffen. Pollen. — Ein wenig frischer Pollen von der gemeinen Erbse wurde auf die Scheiben von fünf Blättern gelegt, welche bald dicht eingebogen wurden und es für zwei oder drei Tage blieben. Die Körner wurden dann entfernt und unter dem Mikroskope untersucht; es fand sich, dasz sie entfärbt und die Ölkügelchen merk- würdig zusammengeballt waren. Bei vielen war der Inhalt bedeutend zusammengeschrumpft und einige waren beinahe leer. Nur in einigen wenigen Fällen waren die Pollenschläuche vorgetreten. Es konnte daran kein Zweifel sein, dasz das Secret die äuszeren Hüllen der Körner durchdrungen und den Inhalt theilweise verdaut hatte. Das- selbe musz bei dem Magensaft der Insecten der Fall sein, welche von Pollen sich ernähren, ohne ihn zu zerkauen 12. Drosera wird 12 A. W. Bennett fand die unverdauten Hüllen der Körner im Darmeanal

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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/117>, abgerufen am 28.11.2024.