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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Zehntes Capitel.
Über die Empfindlichkeit der Blätter und über die Über-
mittelungsbahnen des motorischen Impulses.

Die Drüsen und Spitzen der Tentakeln allein empfindlich. -- Übermittelung des
motorischen Impulses die Stiele der Tentakeln hinab und quer durch die
Blattscheibe. -- Zusammenballung des Protoplasma eine Reflexthätigkeit. --
Erste Entladung des motorischen Impulses plötzlich. -- Richtung der Bewe-
gungen der Tentakeln. -- Motorischer Impuls durch das Zellengewebe über-
mittelt. -- Mechanismus der Bewegungen. -- Natur des motorischen Im-
pulses. -- Wiederausbreitung der Tentakeln.

Wir haben in den vorausgehenden Capiteln gesehen, dasz viele
weit von einander verschiedene Reizmittel, mechanische wie chemische,
die Bewegung der Tentakeln anregen, ebenso wie die der Blattscheibe;
und wir müssen nun zuerst betrachten, welches die Punkte sind,
welche reizbar oder empfindlich sind, und zweitens, wie der moto-
rische Impuls von einem Punkte auf den andern übermittelt wird.
Die Drüsen sind beinahe ausschlieszlich der Sitz der Reizbarkeit, und
doch musz sich diese Reizbarkeit eine sehr kurze Strecke weit unter-
halb derselben erstrecken; denn wenn sie mit einer scharfen Scheere
abgeschnitten wurden, ohne selbst berührt zu werden, so wurden die
Tentakeln häufig eingebogen. Diese kopflosen Tentakeln breiteten
sich häufig wieder aus; und wenn später Tropfen der beiden stärk-
sten bekannten Reizmittel auf die Schnittenden gebracht wurden, so
wurde keine Wirkung hervorgebracht. Nichtsdestoweniger sind diese
kopflosen Tentakeln einer späteren Einbiegung fähig, wenn sie durch
einen ihnen von der Scheibe zugesandten Impuls gereizt werden. Es
gelang mir bei verschiedenen Gelegenheiten, Drüsen zwischen feinen
Pincetten zu zerquetschen; dies erregte aber durchaus keine Bewe-
gung, ebenso wenig thaten es rohes Fleisch und Ammoniaksalze, wenn
sie auf solche zerquetschte Drüsen gebracht wurden. Es ist wohl
wahrscheinlich, dasz sie so augenblicklich getödtet wurden, dasz sie

Zehntes Capitel.
Über die Empfindlichkeit der Blätter und über die Über-
mittelungsbahnen des motorischen Impulses.

Die Drüsen und Spitzen der Tentakeln allein empfindlich. — Übermittelung des
motorischen Impulses die Stiele der Tentakeln hinab und quer durch die
Blattscheibe. — Zusammenballung des Protoplasma eine Reflexthätigkeit. —
Erste Entladung des motorischen Impulses plötzlich. — Richtung der Bewe-
gungen der Tentakeln. — Motorischer Impuls durch das Zellengewebe über-
mittelt. — Mechanismus der Bewegungen. — Natur des motorischen Im-
pulses. — Wiederausbreitung der Tentakeln.

Wir haben in den vorausgehenden Capiteln gesehen, dasz viele
weit von einander verschiedene Reizmittel, mechanische wie chemische,
die Bewegung der Tentakeln anregen, ebenso wie die der Blattscheibe;
und wir müssen nun zuerst betrachten, welches die Punkte sind,
welche reizbar oder empfindlich sind, und zweitens, wie der moto-
rische Impuls von einem Punkte auf den andern übermittelt wird.
Die Drüsen sind beinahe ausschlieszlich der Sitz der Reizbarkeit, und
doch musz sich diese Reizbarkeit eine sehr kurze Strecke weit unter-
halb derselben erstrecken; denn wenn sie mit einer scharfen Scheere
abgeschnitten wurden, ohne selbst berührt zu werden, so wurden die
Tentakeln häufig eingebogen. Diese kopflosen Tentakeln breiteten
sich häufig wieder aus; und wenn später Tropfen der beiden stärk-
sten bekannten Reizmittel auf die Schnittenden gebracht wurden, so
wurde keine Wirkung hervorgebracht. Nichtsdestoweniger sind diese
kopflosen Tentakeln einer späteren Einbiegung fähig, wenn sie durch
einen ihnen von der Scheibe zugesandten Impuls gereizt werden. Es
gelang mir bei verschiedenen Gelegenheiten, Drüsen zwischen feinen
Pincetten zu zerquetschen; dies erregte aber durchaus keine Bewe-
gung, ebenso wenig thaten es rohes Fleisch und Ammoniaksalze, wenn
sie auf solche zerquetschte Drüsen gebracht wurden. Es ist wohl
wahrscheinlich, dasz sie so augenblicklich getödtet wurden, dasz sie

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[[208]/0222] Zehntes Capitel. Über die Empfindlichkeit der Blätter und über die Über- mittelungsbahnen des motorischen Impulses. Die Drüsen und Spitzen der Tentakeln allein empfindlich. — Übermittelung des motorischen Impulses die Stiele der Tentakeln hinab und quer durch die Blattscheibe. — Zusammenballung des Protoplasma eine Reflexthätigkeit. — Erste Entladung des motorischen Impulses plötzlich. — Richtung der Bewe- gungen der Tentakeln. — Motorischer Impuls durch das Zellengewebe über- mittelt. — Mechanismus der Bewegungen. — Natur des motorischen Im- pulses. — Wiederausbreitung der Tentakeln. Wir haben in den vorausgehenden Capiteln gesehen, dasz viele weit von einander verschiedene Reizmittel, mechanische wie chemische, die Bewegung der Tentakeln anregen, ebenso wie die der Blattscheibe; und wir müssen nun zuerst betrachten, welches die Punkte sind, welche reizbar oder empfindlich sind, und zweitens, wie der moto- rische Impuls von einem Punkte auf den andern übermittelt wird. Die Drüsen sind beinahe ausschlieszlich der Sitz der Reizbarkeit, und doch musz sich diese Reizbarkeit eine sehr kurze Strecke weit unter- halb derselben erstrecken; denn wenn sie mit einer scharfen Scheere abgeschnitten wurden, ohne selbst berührt zu werden, so wurden die Tentakeln häufig eingebogen. Diese kopflosen Tentakeln breiteten sich häufig wieder aus; und wenn später Tropfen der beiden stärk- sten bekannten Reizmittel auf die Schnittenden gebracht wurden, so wurde keine Wirkung hervorgebracht. Nichtsdestoweniger sind diese kopflosen Tentakeln einer späteren Einbiegung fähig, wenn sie durch einen ihnen von der Scheibe zugesandten Impuls gereizt werden. Es gelang mir bei verschiedenen Gelegenheiten, Drüsen zwischen feinen Pincetten zu zerquetschen; dies erregte aber durchaus keine Bewe- gung, ebenso wenig thaten es rohes Fleisch und Ammoniaksalze, wenn sie auf solche zerquetschte Drüsen gebracht wurden. Es ist wohl wahrscheinlich, dasz sie so augenblicklich getödtet wurden, dasz sie

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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. [208]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/222>, abgerufen am 30.11.2024.