Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

Dionaea muscipula. Cap. 13.
die im Dreieck gestellt sind, springen von der oberen Fläche eines
jeden vor; ich habe aber zwei Blätter gesehen mit vier Filamenten
auf jeder Seite und ein anderes mit nur zweien. Diese Filamente
sind wegen ihrer äuszersten Empfindlichkeit gegen eine Berührung
merkwürdig, wie sie sich nicht durch ihre eigene Bewegung, sondern
durch die der Lappen zeigt. Die Ränder des Blattes sind in scharfe
[Abbildung] Fig. 12. (Dionaca muscipula.) Blatt im ausgebreiteten Zustande von der Seite gesehen.
starre Vorsprünge ausgezogen, welche ich Spitzen (oder Speichen)
nenne; in jede derselben tritt ein Bündel von Spiralgefäszen ein.
Dieselben haben eine solche Stellung, dasz, wenn sich die Blattlappen
schlieszen, sie ineinander greifen wie die Zähne einer Rattenfalle. Die
Mittelrippe des Blattes ist auf der unteren Seite stark entwickelt und
vorspringend.

Die obere Fläche des Blattes ist, ausgenommen nach den Rändern
zu, dicht mit minutiösen Drüsen von einer röthlichen oder purpurnen
Färbung besetzt, während das Übrige des Blattes grün ist. An den
Speichen finden sich keine Drüsen, ebenso wenig an dem blattartigen
Stengel. Die Drüsen werden aus zwanzig bis dreiszig polygonalen
Zellen gebildet, die mit purpurner Flüssigkeit gefüllt sind. Ihre
obere Fläche ist convex. Sie stehen auf sehr kurzen Stielen, in welche
keine Spiralgefäsze eintreten, in welcher Beziehung sie von den Ten-
takeln der Drosera abweichen. Sie sondern ab, aber nur, wenn sie
durch die Absorption gewisser Substanzen gereizt werden; und sie
haben die Fähigkeit der Absorption. Minutiöse Vorsprünge, die aus
acht divergirenden Armen einer röthlich-braunen oder orangenen Fär-
bung gebildet werden und unter dem Mikroskope wie elegante kleine
Blumen erscheinen, sind in beträchtlicher Anzahl über den Stengel,
die Rückenfläche der Blätter und die Speichen zerstreut; auch finden

Dionaea muscipula. Cap. 13.
die im Dreieck gestellt sind, springen von der oberen Fläche eines
jeden vor; ich habe aber zwei Blätter gesehen mit vier Filamenten
auf jeder Seite und ein anderes mit nur zweien. Diese Filamente
sind wegen ihrer äuszersten Empfindlichkeit gegen eine Berührung
merkwürdig, wie sie sich nicht durch ihre eigene Bewegung, sondern
durch die der Lappen zeigt. Die Ränder des Blattes sind in scharfe
[Abbildung] Fig. 12. (Dionaca muscipula.) Blatt im ausgebreiteten Zustande von der Seite gesehen.
starre Vorsprünge ausgezogen, welche ich Spitzen (oder Speichen)
nenne; in jede derselben tritt ein Bündel von Spiralgefäszen ein.
Dieselben haben eine solche Stellung, dasz, wenn sich die Blattlappen
schlieszen, sie ineinander greifen wie die Zähne einer Rattenfalle. Die
Mittelrippe des Blattes ist auf der unteren Seite stark entwickelt und
vorspringend.

Die obere Fläche des Blattes ist, ausgenommen nach den Rändern
zu, dicht mit minutiösen Drüsen von einer röthlichen oder purpurnen
Färbung besetzt, während das Übrige des Blattes grün ist. An den
Speichen finden sich keine Drüsen, ebenso wenig an dem blattartigen
Stengel. Die Drüsen werden aus zwanzig bis dreiszig polygonalen
Zellen gebildet, die mit purpurner Flüssigkeit gefüllt sind. Ihre
obere Fläche ist convex. Sie stehen auf sehr kurzen Stielen, in welche
keine Spiralgefäsze eintreten, in welcher Beziehung sie von den Ten-
takeln der Drosera abweichen. Sie sondern ab, aber nur, wenn sie
durch die Absorption gewisser Substanzen gereizt werden; und sie
haben die Fähigkeit der Absorption. Minutiöse Vorsprünge, die aus
acht divergirenden Armen einer röthlich-braunen oder orangenen Fär-
bung gebildet werden und unter dem Mikroskope wie elegante kleine
Blumen erscheinen, sind in beträchtlicher Anzahl über den Stengel,
die Rückenfläche der Blätter und die Speichen zerstreut; auch finden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0274" n="260"/><fw place="top" type="header">Dionaea muscipula. Cap. 13.</fw><lb/>
die im Dreieck gestellt sind, springen von der oberen Fläche eines<lb/>
jeden vor; ich habe aber zwei Blätter gesehen mit vier Filamenten<lb/>
auf jeder Seite und ein anderes mit nur zweien. Diese Filamente<lb/>
sind wegen ihrer äuszersten Empfindlichkeit gegen eine Berührung<lb/>
merkwürdig, wie sie sich nicht durch ihre eigene Bewegung, sondern<lb/>
durch die der Lappen zeigt. Die Ränder des Blattes sind in scharfe<lb/><figure><head>Fig. 12. <hi rendition="#i">(Dionaca muscipula.)</hi> Blatt im ausgebreiteten Zustande von der Seite gesehen.</head></figure><lb/>
starre Vorsprünge ausgezogen, welche ich Spitzen (oder Speichen)<lb/>
nenne; in jede derselben tritt ein Bündel von Spiralgefäszen ein.<lb/>
Dieselben haben eine solche Stellung, dasz, wenn sich die Blattlappen<lb/>
schlieszen, sie ineinander greifen wie die Zähne einer Rattenfalle. Die<lb/>
Mittelrippe des Blattes ist auf der unteren Seite stark entwickelt und<lb/>
vorspringend.</p><lb/>
          <p>Die obere Fläche des Blattes ist, ausgenommen nach den Rändern<lb/>
zu, dicht mit minutiösen Drüsen von einer röthlichen oder purpurnen<lb/>
Färbung besetzt, während das Übrige des Blattes grün ist. An den<lb/>
Speichen finden sich keine Drüsen, ebenso wenig an dem blattartigen<lb/>
Stengel. Die Drüsen werden aus zwanzig bis dreiszig polygonalen<lb/>
Zellen gebildet, die mit purpurner Flüssigkeit gefüllt sind. Ihre<lb/>
obere Fläche ist convex. Sie stehen auf sehr kurzen Stielen, in welche<lb/>
keine Spiralgefäsze eintreten, in welcher Beziehung sie von den Ten-<lb/>
takeln der <hi rendition="#i">Drosera</hi> abweichen. Sie sondern ab, aber nur, wenn sie<lb/>
durch die Absorption gewisser Substanzen gereizt werden; und sie<lb/>
haben die Fähigkeit der Absorption. Minutiöse Vorsprünge, die aus<lb/>
acht divergirenden Armen einer röthlich-braunen oder orangenen Fär-<lb/>
bung gebildet werden und unter dem Mikroskope wie elegante kleine<lb/>
Blumen erscheinen, sind in beträchtlicher Anzahl über den Stengel,<lb/>
die Rückenfläche der Blätter und die Speichen zerstreut; auch finden<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[260/0274] Dionaea muscipula. Cap. 13. die im Dreieck gestellt sind, springen von der oberen Fläche eines jeden vor; ich habe aber zwei Blätter gesehen mit vier Filamenten auf jeder Seite und ein anderes mit nur zweien. Diese Filamente sind wegen ihrer äuszersten Empfindlichkeit gegen eine Berührung merkwürdig, wie sie sich nicht durch ihre eigene Bewegung, sondern durch die der Lappen zeigt. Die Ränder des Blattes sind in scharfe [Abbildung Fig. 12. (Dionaca muscipula.) Blatt im ausgebreiteten Zustande von der Seite gesehen.] starre Vorsprünge ausgezogen, welche ich Spitzen (oder Speichen) nenne; in jede derselben tritt ein Bündel von Spiralgefäszen ein. Dieselben haben eine solche Stellung, dasz, wenn sich die Blattlappen schlieszen, sie ineinander greifen wie die Zähne einer Rattenfalle. Die Mittelrippe des Blattes ist auf der unteren Seite stark entwickelt und vorspringend. Die obere Fläche des Blattes ist, ausgenommen nach den Rändern zu, dicht mit minutiösen Drüsen von einer röthlichen oder purpurnen Färbung besetzt, während das Übrige des Blattes grün ist. An den Speichen finden sich keine Drüsen, ebenso wenig an dem blattartigen Stengel. Die Drüsen werden aus zwanzig bis dreiszig polygonalen Zellen gebildet, die mit purpurner Flüssigkeit gefüllt sind. Ihre obere Fläche ist convex. Sie stehen auf sehr kurzen Stielen, in welche keine Spiralgefäsze eintreten, in welcher Beziehung sie von den Ten- takeln der Drosera abweichen. Sie sondern ab, aber nur, wenn sie durch die Absorption gewisser Substanzen gereizt werden; und sie haben die Fähigkeit der Absorption. Minutiöse Vorsprünge, die aus acht divergirenden Armen einer röthlich-braunen oder orangenen Fär- bung gebildet werden und unter dem Mikroskope wie elegante kleine Blumen erscheinen, sind in beträchtlicher Anzahl über den Stengel, die Rückenfläche der Blätter und die Speichen zerstreut; auch finden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/274
Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/274>, abgerufen am 27.11.2024.