Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

Drüsen-Haare. Cap. 15.
sammengeballt. Es wurden auch zwei kurze Stückchen eines Blüthen-
stengels 2 Stunden 40 Minuten lang in einer schwächeren Lösung von
einem Theile des kohlensauren Ammoniaks auf 218 Theile Wasser liegen
gelassen; in beiden Exemplaren enthielten nun die Stieltheile der Haare
in der Nähe der abgeschnittenen Enden viel körnige Substanz und die
Drüsen waren vollständig entfärbt.

Endlich wurden Stückchen Fleisch auf einige Drüsen gelegt; die-
selben wurden nach 23 Stunden untersucht, ebenso wie andere, welche
allem Anscheine nach nicht lange erst sehr kleine Fliegen gefangen hatten;
sie boten aber durchaus keine Verschiedenheit von den Drüsen anderer
Haare dar. Vielleicht war nicht Zeit genug vorhanden zur Absorption.
Ich glaube dies deshalb, weil einige Drüsen, auf denen todte Fliegen
offenbar schon lange gelegen hatten, von einer blassen schmutzig pur-
purnen Färbung oder selbst farblos waren und die körnige Substanz
innerhalb derselben ein ungewöhnliches und etwas eigenthümliches An-
sehen darboten. Dasz diese Drüsen wahrscheinlich durch Exosmose in
die klebrige Absonderung animale Substanz aus den Fliegen aufgesaugt
hatten, können wir nicht allein aus ihrer veränderten Färbung, sondern
auch daraus schlieszen, dasz einige der Zellen in den Stielen, als das
Präparat in eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak gelegt wurde, mit
körniger Substanz erfüllt wurden, während die Zellen anderer Haare,
welche keine Fliegen gefangen hatten, nachdem sie ebenso lange Zeit
mit derselben Lösung behandelt worden waren, nur eine geringe Menge
körniger Substanz enthielten. Es sind aber noch weitere Beweise nöthig,
ehe wir vollständig zugeben können, dasz die Drüsen der Saxifraga
selbst unter Gestattung reichlicher Zeit aus den minutiösen Insecten,
welche sie gelegentlich und zufällig fangen, animale Substanz absorbiren
können.

Saxifraga rotundifolia (?). -- Die Haare an den Blüthenstengeln
dieser Species sind viel länger als die eben beschriebenen und tragen
braune Drüsen. Es wurden viele untersucht; die Zellen der Stiele waren
völlig durchscheinend. Ein gebogener Stamm wurde 30 Minuten lang in
eine Lösung von einem Theile kohlensauren Ammoniaks auf 109 Theile
Wasser eingetaucht, und zwei oder drei der obersten Zellen in den Stielen
enthielten nun körnige oder zusammengeballte Substanz; die Drüsen waren
nun hell gelblich-grün geworden. Es absorbiren daher die Drüsen dieser
Species das kohlensaure Salz viel schneller, als es die der Saxifraga
umbrosa
thun, und auch die oberen Zellen der Stiele werden viel schneller
afficirt. Stücke des Stammes wurden abgeschnitten und in dieselbe Lö-
sung eingetaucht; und nun gieng der Procesz der Zusammenballung die
Haare in umgekehrter Richtung hinauf, wobei die Zellen dicht an der
Schnittfläche zuerst afficirt wurden.

Primula sinensis. -- Die Blüthenstengel, die obere und die untere
Fläche der Blätter und ihre Stiele sind sämmtlich mit einer Menge von
längeren und kürzeren Haaren bekleidet. Die Stieltheile der längeren Haare
sind durch quere Scheidewände in acht oder neun Zellen getheilt. Die
vergröszerte endständige Zelle ist kuglig und bildet eine Drüse, welche
eine schwankende Menge einer dicken, unbedeutend klebrigen, nicht sauren,
bräunlich-gelben Substanz absondert.

Drüsen-Haare. Cap. 15.
sammengeballt. Es wurden auch zwei kurze Stückchen eines Blüthen-
stengels 2 Stunden 40 Minuten lang in einer schwächeren Lösung von
einem Theile des kohlensauren Ammoniaks auf 218 Theile Wasser liegen
gelassen; in beiden Exemplaren enthielten nun die Stieltheile der Haare
in der Nähe der abgeschnittenen Enden viel körnige Substanz und die
Drüsen waren vollständig entfärbt.

Endlich wurden Stückchen Fleisch auf einige Drüsen gelegt; die-
selben wurden nach 23 Stunden untersucht, ebenso wie andere, welche
allem Anscheine nach nicht lange erst sehr kleine Fliegen gefangen hatten;
sie boten aber durchaus keine Verschiedenheit von den Drüsen anderer
Haare dar. Vielleicht war nicht Zeit genug vorhanden zur Absorption.
Ich glaube dies deshalb, weil einige Drüsen, auf denen todte Fliegen
offenbar schon lange gelegen hatten, von einer blassen schmutzig pur-
purnen Färbung oder selbst farblos waren und die körnige Substanz
innerhalb derselben ein ungewöhnliches und etwas eigenthümliches An-
sehen darboten. Dasz diese Drüsen wahrscheinlich durch Exosmose in
die klebrige Absonderung animale Substanz aus den Fliegen aufgesaugt
hatten, können wir nicht allein aus ihrer veränderten Färbung, sondern
auch daraus schlieszen, dasz einige der Zellen in den Stielen, als das
Präparat in eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak gelegt wurde, mit
körniger Substanz erfüllt wurden, während die Zellen anderer Haare,
welche keine Fliegen gefangen hatten, nachdem sie ebenso lange Zeit
mit derselben Lösung behandelt worden waren, nur eine geringe Menge
körniger Substanz enthielten. Es sind aber noch weitere Beweise nöthig,
ehe wir vollständig zugeben können, dasz die Drüsen der Saxifraga
selbst unter Gestattung reichlicher Zeit aus den minutiösen Insecten,
welche sie gelegentlich und zufällig fangen, animale Substanz absorbiren
können.

Saxifraga rotundifolia (?). — Die Haare an den Blüthenstengeln
dieser Species sind viel länger als die eben beschriebenen und tragen
braune Drüsen. Es wurden viele untersucht; die Zellen der Stiele waren
völlig durchscheinend. Ein gebogener Stamm wurde 30 Minuten lang in
eine Lösung von einem Theile kohlensauren Ammoniaks auf 109 Theile
Wasser eingetaucht, und zwei oder drei der obersten Zellen in den Stielen
enthielten nun körnige oder zusammengeballte Substanz; die Drüsen waren
nun hell gelblich-grün geworden. Es absorbiren daher die Drüsen dieser
Species das kohlensaure Salz viel schneller, als es die der Saxifraga
umbrosa
thun, und auch die oberen Zellen der Stiele werden viel schneller
afficirt. Stücke des Stammes wurden abgeschnitten und in dieselbe Lö-
sung eingetaucht; und nun gieng der Procesz der Zusammenballung die
Haare in umgekehrter Richtung hinauf, wobei die Zellen dicht an der
Schnittfläche zuerst afficirt wurden.

Primula sinensis. — Die Blüthenstengel, die obere und die untere
Fläche der Blätter und ihre Stiele sind sämmtlich mit einer Menge von
längeren und kürzeren Haaren bekleidet. Die Stieltheile der längeren Haare
sind durch quere Scheidewände in acht oder neun Zellen getheilt. Die
vergröszerte endständige Zelle ist kuglig und bildet eine Drüse, welche
eine schwankende Menge einer dicken, unbedeutend klebrigen, nicht sauren,
bräunlich-gelben Substanz absondert.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0328" n="314"/><fw place="top" type="header">Drüsen-Haare. Cap. 15.</fw><lb/>
sammengeballt. Es wurden auch zwei kurze Stückchen eines Blüthen-<lb/>
stengels 2 Stunden 40 Minuten lang in einer schwächeren Lösung von<lb/>
einem Theile des kohlensauren Ammoniaks auf 218 Theile Wasser liegen<lb/>
gelassen; in beiden Exemplaren enthielten nun die Stieltheile der Haare<lb/>
in der Nähe der abgeschnittenen Enden viel körnige Substanz und die<lb/>
Drüsen waren vollständig entfärbt.</p><lb/>
          <p>Endlich wurden Stückchen Fleisch auf einige Drüsen gelegt; die-<lb/>
selben wurden nach 23 Stunden untersucht, ebenso wie andere, welche<lb/>
allem Anscheine nach nicht lange erst sehr kleine Fliegen gefangen hatten;<lb/>
sie boten aber durchaus keine Verschiedenheit von den Drüsen anderer<lb/>
Haare dar. Vielleicht war nicht Zeit genug vorhanden zur Absorption.<lb/>
Ich glaube dies deshalb, weil einige Drüsen, auf denen todte Fliegen<lb/>
offenbar schon lange gelegen hatten, von einer blassen schmutzig pur-<lb/>
purnen Färbung oder selbst farblos waren und die körnige Substanz<lb/>
innerhalb derselben ein ungewöhnliches und etwas eigenthümliches An-<lb/>
sehen darboten. Dasz diese Drüsen wahrscheinlich durch Exosmose in<lb/>
die klebrige Absonderung animale Substanz aus den Fliegen aufgesaugt<lb/>
hatten, können wir nicht allein aus ihrer veränderten Färbung, sondern<lb/>
auch daraus schlieszen, dasz einige der Zellen in den Stielen, als das<lb/>
Präparat in eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak gelegt wurde, mit<lb/>
körniger Substanz <hi rendition="#g">erfüllt</hi> wurden, während die Zellen anderer Haare,<lb/>
welche keine Fliegen gefangen hatten, nachdem sie ebenso lange Zeit<lb/>
mit derselben Lösung behandelt worden waren, nur eine geringe Menge<lb/>
körniger Substanz enthielten. Es sind aber noch weitere Beweise nöthig,<lb/>
ehe wir vollständig zugeben können, dasz die Drüsen der <hi rendition="#i">Saxifraga</hi><lb/>
selbst unter Gestattung reichlicher Zeit aus den minutiösen Insecten,<lb/>
welche sie gelegentlich und zufällig fangen, animale Substanz absorbiren<lb/>
können.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Saxifraga rotundifolia</hi> (?). &#x2014; Die Haare an den Blüthenstengeln<lb/>
dieser Species sind viel länger als die eben beschriebenen und tragen<lb/>
braune Drüsen. Es wurden viele untersucht; die Zellen der Stiele waren<lb/>
völlig durchscheinend. Ein gebogener Stamm wurde 30 Minuten lang in<lb/>
eine Lösung von einem Theile kohlensauren Ammoniaks auf 109 Theile<lb/>
Wasser eingetaucht, und zwei oder drei der obersten Zellen in den Stielen<lb/>
enthielten nun körnige oder zusammengeballte Substanz; die Drüsen waren<lb/>
nun hell gelblich-grün geworden. Es absorbiren daher die Drüsen dieser<lb/>
Species das kohlensaure Salz viel schneller, als es die der <hi rendition="#i">Saxifraga<lb/>
umbrosa</hi> thun, und auch die oberen Zellen der Stiele werden viel schneller<lb/>
afficirt. Stücke des Stammes wurden abgeschnitten und in dieselbe Lö-<lb/>
sung eingetaucht; und nun gieng der Procesz der Zusammenballung die<lb/>
Haare in umgekehrter Richtung hinauf, wobei die Zellen dicht an der<lb/>
Schnittfläche zuerst afficirt wurden.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Primula sinensis.</hi> &#x2014; Die Blüthenstengel, die obere und die untere<lb/>
Fläche der Blätter und ihre Stiele sind sämmtlich mit einer Menge von<lb/>
längeren und kürzeren Haaren bekleidet. Die Stieltheile der längeren Haare<lb/>
sind durch quere Scheidewände in acht oder neun Zellen getheilt. Die<lb/>
vergröszerte endständige Zelle ist kuglig und bildet eine Drüse, welche<lb/>
eine schwankende Menge einer dicken, unbedeutend klebrigen, nicht sauren,<lb/>
bräunlich-gelben Substanz absondert.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[314/0328] Drüsen-Haare. Cap. 15. sammengeballt. Es wurden auch zwei kurze Stückchen eines Blüthen- stengels 2 Stunden 40 Minuten lang in einer schwächeren Lösung von einem Theile des kohlensauren Ammoniaks auf 218 Theile Wasser liegen gelassen; in beiden Exemplaren enthielten nun die Stieltheile der Haare in der Nähe der abgeschnittenen Enden viel körnige Substanz und die Drüsen waren vollständig entfärbt. Endlich wurden Stückchen Fleisch auf einige Drüsen gelegt; die- selben wurden nach 23 Stunden untersucht, ebenso wie andere, welche allem Anscheine nach nicht lange erst sehr kleine Fliegen gefangen hatten; sie boten aber durchaus keine Verschiedenheit von den Drüsen anderer Haare dar. Vielleicht war nicht Zeit genug vorhanden zur Absorption. Ich glaube dies deshalb, weil einige Drüsen, auf denen todte Fliegen offenbar schon lange gelegen hatten, von einer blassen schmutzig pur- purnen Färbung oder selbst farblos waren und die körnige Substanz innerhalb derselben ein ungewöhnliches und etwas eigenthümliches An- sehen darboten. Dasz diese Drüsen wahrscheinlich durch Exosmose in die klebrige Absonderung animale Substanz aus den Fliegen aufgesaugt hatten, können wir nicht allein aus ihrer veränderten Färbung, sondern auch daraus schlieszen, dasz einige der Zellen in den Stielen, als das Präparat in eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak gelegt wurde, mit körniger Substanz erfüllt wurden, während die Zellen anderer Haare, welche keine Fliegen gefangen hatten, nachdem sie ebenso lange Zeit mit derselben Lösung behandelt worden waren, nur eine geringe Menge körniger Substanz enthielten. Es sind aber noch weitere Beweise nöthig, ehe wir vollständig zugeben können, dasz die Drüsen der Saxifraga selbst unter Gestattung reichlicher Zeit aus den minutiösen Insecten, welche sie gelegentlich und zufällig fangen, animale Substanz absorbiren können. Saxifraga rotundifolia (?). — Die Haare an den Blüthenstengeln dieser Species sind viel länger als die eben beschriebenen und tragen braune Drüsen. Es wurden viele untersucht; die Zellen der Stiele waren völlig durchscheinend. Ein gebogener Stamm wurde 30 Minuten lang in eine Lösung von einem Theile kohlensauren Ammoniaks auf 109 Theile Wasser eingetaucht, und zwei oder drei der obersten Zellen in den Stielen enthielten nun körnige oder zusammengeballte Substanz; die Drüsen waren nun hell gelblich-grün geworden. Es absorbiren daher die Drüsen dieser Species das kohlensaure Salz viel schneller, als es die der Saxifraga umbrosa thun, und auch die oberen Zellen der Stiele werden viel schneller afficirt. Stücke des Stammes wurden abgeschnitten und in dieselbe Lö- sung eingetaucht; und nun gieng der Procesz der Zusammenballung die Haare in umgekehrter Richtung hinauf, wobei die Zellen dicht an der Schnittfläche zuerst afficirt wurden. Primula sinensis. — Die Blüthenstengel, die obere und die untere Fläche der Blätter und ihre Stiele sind sämmtlich mit einer Menge von längeren und kürzeren Haaren bekleidet. Die Stieltheile der längeren Haare sind durch quere Scheidewände in acht oder neun Zellen getheilt. Die vergröszerte endständige Zelle ist kuglig und bildet eine Drüse, welche eine schwankende Menge einer dicken, unbedeutend klebrigen, nicht sauren, bräunlich-gelben Substanz absondert.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/328
Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/328>, abgerufen am 27.11.2024.