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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Cap. 16. Bewegungen der Blätter.
tigeren Experimente, welche angestellt wurden, im Detail anführen
und dann einige Schluszbemerkungen machen.

1. Versuch. -- Ein junges und beinahe aufrecht stehendes Blatt
wurde ausgewählt, dessen beide seitlichen Blätter gleichmäszig und sehr
unbedeutend einwärts gekrümmt waren. Eine Reihe kleiner Fliegen wurde
dem einen Rande entlang auf das Blatt gelegt. Als es am andern Tage
angesehen wurde, nach 15 Stunden, fand sich, dasz dieser Rand, aber
nicht der andere, nach innen gefaltet war, wie der Rand des mensch-
lichen Ohres, und zwar in einer Breite von Zoll, so
dasz er zum Theil auf der Reihe Fliegen drauf lag
(Fig. 15). Die Drüsen, auf denen die Fliegen lagen,
ebenso wie diejenigen auf dem sich einfaltenden Rand-
stück, welche mit den Fliegen in Berührung gebracht
worden waren, sonderten sämmtlich reichlich ab.
2. Versuch. -- Eine Reihe von Fliegen wurde
auf den einen Rand eines etwas alten Blattes gebracht,
welches platt auf dem Boden lag; in diesem Falle hatte
sich der Rand nach Verlauf einer gleich langen Zeit,
nämlich nach 15 Stunden, eben erst nach innen einzu-
rollen begonnen; es war aber so viel Secret ergossen
worden, dasz die löffelförmige Spitze des Blattes damit
angefüllt war.
3. Versuch. -- Stücke einer groszen Fliege wur-
den nahe der Spitze auf ein kräftiges Blatt gelegt,
ebenso der Hälfte des einen Randes entlang. Nach
2 Stunden 20 Minuten war eine entschiedene Einwärts-
krümmung eingetreten, welche während des Nachmittags [Abbildung]
Fig. 15.
(Pinguicula vulgaris.)
Umriszzeichnung eines
Blattes, dessen linker
Rand über eine Reihe
Fliegen eingebogen ist.

noch ein wenig zunahm, aber sich am folgenden Morgen noch in dem-
selben Zustande befand. In der Nähe der Blattspitze waren beide Rän-
der nach innen gebogen. Ich habe niemals einen Fall gesehen, wo sich
die Spitze selbst auch nur im geringsten gegen die Basis des Blattes zu
gekrümmt hätte. Nach 48 Stunden (immer von der Zeit an gerechnet,
wo die Fliegen zuerst auf das Blatt gelegt wurden) hatte der Rand
überall angefangen, sich wieder zu entfalten.
4. Versuch. -- Ein groszes Stück einer Fliege wurde in der
Mittellinie etwas unterhalb der Spitze auf ein Blatt gelegt. In 3 Stun-
den waren beide seitlichen Ränder wahrnehmbar, und nach 4 Stunden
20 Minuten bis zu einem solchen Grade einwärts gekrümmt, dasz das
Stück von beiden Rändern umfaszt wurde. Nach 24 Stunden wurden die
beiden eingefalteten Ränder in der Nähe der Spitze (denn der untere
Theil des Blattes war durchaus nicht afficirt) gemessen; es fand sich,
dasz sie 0,11 Zoll (2,795 Mm.) auseinander standen. Die Fliege wurde
nun entfernt und ein Wasserstrom über das Blatt gegossen, um die Ober-
fläche zu waschen; nach 24 Stunden standen die Ränder 0,25 Zoll
(6,349 Mm.) auseinander, so dasz sie also bedeutend entfaltet waren. Nach
Verlauf von weiteren 24 Stunden waren sie vollständig wieder ausge-
breitet. Nun wurde eine andere Fliege auf dieselbe Stelle gelegt, um zu
sehen, ob sich das Blatt, auf welchem die erste Fliege 24 Stunden gelegen

Cap. 16. Bewegungen der Blätter.
tigeren Experimente, welche angestellt wurden, im Detail anführen
und dann einige Schluszbemerkungen machen.

1. Versuch. — Ein junges und beinahe aufrecht stehendes Blatt
wurde ausgewählt, dessen beide seitlichen Blätter gleichmäszig und sehr
unbedeutend einwärts gekrümmt waren. Eine Reihe kleiner Fliegen wurde
dem einen Rande entlang auf das Blatt gelegt. Als es am andern Tage
angesehen wurde, nach 15 Stunden, fand sich, dasz dieser Rand, aber
nicht der andere, nach innen gefaltet war, wie der Rand des mensch-
lichen Ohres, und zwar in einer Breite von ⅒ Zoll, so
dasz er zum Theil auf der Reihe Fliegen drauf lag
(Fig. 15). Die Drüsen, auf denen die Fliegen lagen,
ebenso wie diejenigen auf dem sich einfaltenden Rand-
stück, welche mit den Fliegen in Berührung gebracht
worden waren, sonderten sämmtlich reichlich ab.
2. Versuch. — Eine Reihe von Fliegen wurde
auf den einen Rand eines etwas alten Blattes gebracht,
welches platt auf dem Boden lag; in diesem Falle hatte
sich der Rand nach Verlauf einer gleich langen Zeit,
nämlich nach 15 Stunden, eben erst nach innen einzu-
rollen begonnen; es war aber so viel Secret ergossen
worden, dasz die löffelförmige Spitze des Blattes damit
angefüllt war.
3. Versuch. — Stücke einer groszen Fliege wur-
den nahe der Spitze auf ein kräftiges Blatt gelegt,
ebenso der Hälfte des einen Randes entlang. Nach
2 Stunden 20 Minuten war eine entschiedene Einwärts-
krümmung eingetreten, welche während des Nachmittags [Abbildung]
Fig. 15.
(Pinguicula vulgaris.)
Umriszzeichnung eines
Blattes, dessen linker
Rand über eine Reihe
Fliegen eingebogen ist.

noch ein wenig zunahm, aber sich am folgenden Morgen noch in dem-
selben Zustande befand. In der Nähe der Blattspitze waren beide Rän-
der nach innen gebogen. Ich habe niemals einen Fall gesehen, wo sich
die Spitze selbst auch nur im geringsten gegen die Basis des Blattes zu
gekrümmt hätte. Nach 48 Stunden (immer von der Zeit an gerechnet,
wo die Fliegen zuerst auf das Blatt gelegt wurden) hatte der Rand
überall angefangen, sich wieder zu entfalten.
4. Versuch. — Ein groszes Stück einer Fliege wurde in der
Mittellinie etwas unterhalb der Spitze auf ein Blatt gelegt. In 3 Stun-
den waren beide seitlichen Ränder wahrnehmbar, und nach 4 Stunden
20 Minuten bis zu einem solchen Grade einwärts gekrümmt, dasz das
Stück von beiden Rändern umfaszt wurde. Nach 24 Stunden wurden die
beiden eingefalteten Ränder in der Nähe der Spitze (denn der untere
Theil des Blattes war durchaus nicht afficirt) gemessen; es fand sich,
dasz sie 0,11 Zoll (2,795 Mm.) auseinander standen. Die Fliege wurde
nun entfernt und ein Wasserstrom über das Blatt gegossen, um die Ober-
fläche zu waschen; nach 24 Stunden standen die Ränder 0,25 Zoll
(6,349 Mm.) auseinander, so dasz sie also bedeutend entfaltet waren. Nach
Verlauf von weiteren 24 Stunden waren sie vollständig wieder ausge-
breitet. Nun wurde eine andere Fliege auf dieselbe Stelle gelegt, um zu
sehen, ob sich das Blatt, auf welchem die erste Fliege 24 Stunden gelegen
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[335/0349] Cap. 16. Bewegungen der Blätter. tigeren Experimente, welche angestellt wurden, im Detail anführen und dann einige Schluszbemerkungen machen. 1. Versuch. — Ein junges und beinahe aufrecht stehendes Blatt wurde ausgewählt, dessen beide seitlichen Blätter gleichmäszig und sehr unbedeutend einwärts gekrümmt waren. Eine Reihe kleiner Fliegen wurde dem einen Rande entlang auf das Blatt gelegt. Als es am andern Tage angesehen wurde, nach 15 Stunden, fand sich, dasz dieser Rand, aber nicht der andere, nach innen gefaltet war, wie der Rand des mensch- lichen Ohres, und zwar in einer Breite von ⅒ Zoll, so dasz er zum Theil auf der Reihe Fliegen drauf lag (Fig. 15). Die Drüsen, auf denen die Fliegen lagen, ebenso wie diejenigen auf dem sich einfaltenden Rand- stück, welche mit den Fliegen in Berührung gebracht worden waren, sonderten sämmtlich reichlich ab. 2. Versuch. — Eine Reihe von Fliegen wurde auf den einen Rand eines etwas alten Blattes gebracht, welches platt auf dem Boden lag; in diesem Falle hatte sich der Rand nach Verlauf einer gleich langen Zeit, nämlich nach 15 Stunden, eben erst nach innen einzu- rollen begonnen; es war aber so viel Secret ergossen worden, dasz die löffelförmige Spitze des Blattes damit angefüllt war. 3. Versuch. — Stücke einer groszen Fliege wur- den nahe der Spitze auf ein kräftiges Blatt gelegt, ebenso der Hälfte des einen Randes entlang. Nach 2 Stunden 20 Minuten war eine entschiedene Einwärts- krümmung eingetreten, welche während des Nachmittags [Abbildung Fig. 15. (Pinguicula vulgaris.) Umriszzeichnung eines Blattes, dessen linker Rand über eine Reihe Fliegen eingebogen ist.] noch ein wenig zunahm, aber sich am folgenden Morgen noch in dem- selben Zustande befand. In der Nähe der Blattspitze waren beide Rän- der nach innen gebogen. Ich habe niemals einen Fall gesehen, wo sich die Spitze selbst auch nur im geringsten gegen die Basis des Blattes zu gekrümmt hätte. Nach 48 Stunden (immer von der Zeit an gerechnet, wo die Fliegen zuerst auf das Blatt gelegt wurden) hatte der Rand überall angefangen, sich wieder zu entfalten. 4. Versuch. — Ein groszes Stück einer Fliege wurde in der Mittellinie etwas unterhalb der Spitze auf ein Blatt gelegt. In 3 Stun- den waren beide seitlichen Ränder wahrnehmbar, und nach 4 Stunden 20 Minuten bis zu einem solchen Grade einwärts gekrümmt, dasz das Stück von beiden Rändern umfaszt wurde. Nach 24 Stunden wurden die beiden eingefalteten Ränder in der Nähe der Spitze (denn der untere Theil des Blattes war durchaus nicht afficirt) gemessen; es fand sich, dasz sie 0,11 Zoll (2,795 Mm.) auseinander standen. Die Fliege wurde nun entfernt und ein Wasserstrom über das Blatt gegossen, um die Ober- fläche zu waschen; nach 24 Stunden standen die Ränder 0,25 Zoll (6,349 Mm.) auseinander, so dasz sie also bedeutend entfaltet waren. Nach Verlauf von weiteren 24 Stunden waren sie vollständig wieder ausge- breitet. Nun wurde eine andere Fliege auf dieselbe Stelle gelegt, um zu sehen, ob sich das Blatt, auf welchem die erste Fliege 24 Stunden gelegen

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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/349>, abgerufen am 27.11.2024.