Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859.lischen Hierarchie hinrichtete und mich bewog, Gedanken *) Die Abhandlung, die ich meine, ist von Macaulay im J. 1840 bei
Gelegenheit einer Uebersetzung von Ranke's "Geschichte der Päpste" geschrieben worden. Er bekennt sich darin ausdrücklich zum Protestan- tismus; desto merkwürdiger sind seine großen, wenn auch, vom katho- lischen Standpunkte aus betrachtet, noch keineswegs hinreichenden Zu- geständnisse. Das protestantische Kirchenthum findet er in Rücksicht auf dessen Organisation und grundsätzliches Benehmen mit wesentlichen Mängeln und Fehlern behaftet, wovon sich das vollkommenste Gegen- theil in der Einrichtung und in den praktischen Maximen und Ge- wohnheiten der römischen Kirche finde, die dadurch in entschiedenem Vortheile sei. Er hält dieselbe aus diesen Gründen für das "wahre Meisterstück menschlicher Weisheit" und glaubt ihr eine kaum geringere, als ewige Dauer versprechen zu müssen. Ich meinerseits finde mich bewogen, in einer so einzigen Erscheinung, gleich der bezüglichen Kirche selbst, noch Etwas mehr, als Menschenwitz und Menschenwerk zu sehen. Was, dem sonst Alles vereitelnden und ver- nichtenden Gange der Weltgeschichte gegenüber, eine bloß menschliche Klugheit und Berechnung vermag, das liegt ja in den Schicksalen der weltlichen Staaten, Reiche und Machthaber klar genug vor Augen! Es gibt übrigens nichts Interessanteres und Instruktiveres, als jene so vorurtheilsfreie, keiner Partei schmeichelnde, rein und redlich nur der faktisch vorliegenden Wahrheit huldigende Schilderung, die ich daher meinen Lesern, wenn sie noch nicht damit bekannt sein sollten, dringend anempfehle. Eine mit Anmerkungen versehene Bearbeitung unter dem Titel: "Macaulay über die römisch-katholische Kirche", Frankfurt a. M. 1854, hat Th. Creizenach geliefert. liſchen Hierarchie hinrichtete und mich bewog, Gedanken *) Die Abhandlung, die ich meine, iſt von Macaulay im J. 1840 bei
Gelegenheit einer Ueberſetzung von Ranke’s „Geſchichte der Päpſte“ geſchrieben worden. Er bekennt ſich darin ausdrücklich zum Proteſtan- tismus; deſto merkwürdiger ſind ſeine großen, wenn auch, vom katho- liſchen Standpunkte aus betrachtet, noch keineswegs hinreichenden Zu- geſtändniſſe. Das proteſtantiſche Kirchenthum findet er in Rückſicht auf deſſen Organiſation und grundſätzliches Benehmen mit weſentlichen Mängeln und Fehlern behaftet, wovon ſich das vollkommenſte Gegen- theil in der Einrichtung und in den praktiſchen Maximen und Ge- wohnheiten der römiſchen Kirche finde, die dadurch in entſchiedenem Vortheile ſei. Er hält dieſelbe aus dieſen Gründen für das „wahre Meiſterſtück menſchlicher Weisheit“ und glaubt ihr eine kaum geringere, als ewige Dauer verſprechen zu müſſen. Ich meinerſeits finde mich bewogen, in einer ſo einzigen Erſcheinung, gleich der bezüglichen Kirche ſelbſt, noch Etwas mehr, als Menſchenwitz und Menſchenwerk zu ſehen. Was, dem ſonſt Alles vereitelnden und ver- nichtenden Gange der Weltgeſchichte gegenüber, eine bloß menſchliche Klugheit und Berechnung vermag, das liegt ja in den Schickſalen der weltlichen Staaten, Reiche und Machthaber klar genug vor Augen! Es gibt übrigens nichts Intereſſanteres und Inſtruktiveres, als jene ſo vorurtheilsfreie, keiner Partei ſchmeichelnde, rein und redlich nur der faktiſch vorliegenden Wahrheit huldigende Schilderung, die ich daher meinen Leſern, wenn ſie noch nicht damit bekannt ſein ſollten, dringend anempfehle. Eine mit Anmerkungen verſehene Bearbeitung unter dem Titel: „Macaulay über die römiſch-katholiſche Kirche“, Frankfurt a. M. 1854, hat Th. Creizenach geliefert. <TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0014" n="VIII"/> liſchen Hierarchie hinrichtete und mich bewog, Gedanken<lb/> feſtzuhalten und auszubilden, die mir allerdings ſchon<lb/> früher, doch nur zeitweiſe und vorübergehend in den Sinn<lb/> gekommen waren. <note place="foot" n="*)">Die Abhandlung, die ich meine, iſt von <hi rendition="#g">Macaulay</hi> im J. 1840 bei<lb/> Gelegenheit einer Ueberſetzung von <hi rendition="#g">Ranke’s</hi> „Geſchichte der Päpſte“<lb/> geſchrieben worden. Er bekennt ſich darin ausdrücklich zum Proteſtan-<lb/> tismus; deſto merkwürdiger ſind ſeine großen, wenn auch, vom katho-<lb/> liſchen Standpunkte aus betrachtet, noch keineswegs hinreichenden Zu-<lb/> geſtändniſſe. Das proteſtantiſche Kirchenthum findet er in Rückſicht<lb/> auf deſſen Organiſation und grundſätzliches Benehmen mit weſentlichen<lb/> Mängeln und Fehlern behaftet, wovon ſich das vollkommenſte Gegen-<lb/> theil in der Einrichtung und in den praktiſchen Maximen und Ge-<lb/> wohnheiten der römiſchen Kirche finde, die dadurch in entſchiedenem<lb/> Vortheile ſei. Er hält dieſelbe aus dieſen Gründen für das <hi rendition="#g">„wahre<lb/> Meiſterſtück menſchlicher Weisheit“</hi> und glaubt ihr eine<lb/> kaum geringere, als <hi rendition="#g">ewige Dauer</hi> verſprechen zu müſſen. Ich<lb/> meinerſeits finde mich bewogen, in einer ſo einzigen Erſcheinung, gleich<lb/> der bezüglichen Kirche ſelbſt, noch Etwas mehr, als Menſchenwitz und<lb/> Menſchenwerk zu ſehen. Was, dem ſonſt Alles vereitelnden und ver-<lb/> nichtenden Gange der Weltgeſchichte gegenüber, eine bloß menſchliche<lb/> Klugheit und Berechnung vermag, das liegt ja in den Schickſalen der<lb/> weltlichen Staaten, Reiche und Machthaber klar genug vor Augen!<lb/> Es gibt übrigens nichts Intereſſanteres und Inſtruktiveres, als jene<lb/> ſo vorurtheilsfreie, keiner Partei ſchmeichelnde, rein und redlich nur der<lb/> faktiſch vorliegenden Wahrheit huldigende Schilderung, die ich daher<lb/> meinen Leſern, wenn ſie noch nicht damit bekannt ſein ſollten, dringend<lb/> anempfehle. Eine mit Anmerkungen verſehene Bearbeitung unter dem<lb/> Titel: <hi rendition="#g">„Macaulay über die römiſch-katholiſche Kirche“</hi>,<lb/> Frankfurt a. M. 1854, hat <hi rendition="#g">Th. Creizenach</hi> geliefert.</note> Ich konnte es mir nach reiflichſter<lb/> Unterſuchung der Sache nicht länger verbergen, daß ent-<lb/> weder Alles verloren oder hier allein noch Heil und Ret-<lb/> tung ſei; daß, wofern die immer furchtbarer gefährdete<lb/> Menſchheit einerſeits vor der keineswegs abgelenkten Ge-<lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [VIII/0014]
liſchen Hierarchie hinrichtete und mich bewog, Gedanken
feſtzuhalten und auszubilden, die mir allerdings ſchon
früher, doch nur zeitweiſe und vorübergehend in den Sinn
gekommen waren. *) Ich konnte es mir nach reiflichſter
Unterſuchung der Sache nicht länger verbergen, daß ent-
weder Alles verloren oder hier allein noch Heil und Ret-
tung ſei; daß, wofern die immer furchtbarer gefährdete
Menſchheit einerſeits vor der keineswegs abgelenkten Ge-
*) Die Abhandlung, die ich meine, iſt von Macaulay im J. 1840 bei
Gelegenheit einer Ueberſetzung von Ranke’s „Geſchichte der Päpſte“
geſchrieben worden. Er bekennt ſich darin ausdrücklich zum Proteſtan-
tismus; deſto merkwürdiger ſind ſeine großen, wenn auch, vom katho-
liſchen Standpunkte aus betrachtet, noch keineswegs hinreichenden Zu-
geſtändniſſe. Das proteſtantiſche Kirchenthum findet er in Rückſicht
auf deſſen Organiſation und grundſätzliches Benehmen mit weſentlichen
Mängeln und Fehlern behaftet, wovon ſich das vollkommenſte Gegen-
theil in der Einrichtung und in den praktiſchen Maximen und Ge-
wohnheiten der römiſchen Kirche finde, die dadurch in entſchiedenem
Vortheile ſei. Er hält dieſelbe aus dieſen Gründen für das „wahre
Meiſterſtück menſchlicher Weisheit“ und glaubt ihr eine
kaum geringere, als ewige Dauer verſprechen zu müſſen. Ich
meinerſeits finde mich bewogen, in einer ſo einzigen Erſcheinung, gleich
der bezüglichen Kirche ſelbſt, noch Etwas mehr, als Menſchenwitz und
Menſchenwerk zu ſehen. Was, dem ſonſt Alles vereitelnden und ver-
nichtenden Gange der Weltgeſchichte gegenüber, eine bloß menſchliche
Klugheit und Berechnung vermag, das liegt ja in den Schickſalen der
weltlichen Staaten, Reiche und Machthaber klar genug vor Augen!
Es gibt übrigens nichts Intereſſanteres und Inſtruktiveres, als jene
ſo vorurtheilsfreie, keiner Partei ſchmeichelnde, rein und redlich nur der
faktiſch vorliegenden Wahrheit huldigende Schilderung, die ich daher
meinen Leſern, wenn ſie noch nicht damit bekannt ſein ſollten, dringend
anempfehle. Eine mit Anmerkungen verſehene Bearbeitung unter dem
Titel: „Macaulay über die römiſch-katholiſche Kirche“,
Frankfurt a. M. 1854, hat Th. Creizenach geliefert.
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