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Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859.

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Unterthanenverhältnisse standen. Es war der Stolz der
Spartiaten, daß ihre Gesetze puthokhrestoi, vom Orakel
zu Pytho ausgegangen waren; wie denn dasselbe auch
fortwährend die Oberaufsicht über die Verfassung behielt.
Es wurde dies namentlich durch die sogenannten Poithioi,
Pythier, vier von den Königen erwählte Abgeordnete,
bewerkstelliget, welche die Aussprüche des Gottes einzuholen
und an die Könige zu bringen hatten, deßhalb auch deren
Beisitzer und beständige Tafel- und Zeltgenossen waren.
Selbst auf die Philosophie hatte das Orakel den merkwür-
digsten Einfluß. Pythagoras soll die Grundlehren sei-
ner Wissenschaft von der Pythia Themistokleia oder
Aristokleia erhalten haben; auch war er schon von Haus
aus Apollodiener; denn wir hören, daß seine Familie Sacren
des Apollon Nomios hatte, welchen er selbst zu Kroton
als den größten Philantropen, den Gesetzgeber von Hellas
und Gott der Humanität empfahl. Daß Pythagoras sein
politisches Ideal in Kroton zu verwirklichen unternahm,
hängt damit zusammen, daß dies eine ganz apollinische
Stadt war. *) Wie Socrates von dem Gotte geehrt
wurde, ist bekannt. Es läßt sich hiebei bemerken, daß
Apollon besonders mit denjenigen Denkern zusammenhängt
und im Bunde steht, welche ihr Augenmerk nicht bloß auf
Naturprincipien richten und nicht bloß einer unfruchtbaren,
ja frivolen Dialektik huldigen, sondern einen seherischen
und prophetenartigen Charakter entwickeln und tiefen Ernstes
auch in Leben und Sitte einzugreifen versuchen. So mäch-
tig war hier bereits das spirituelle Princip, dessen vor-
christliche Manifestation und Repräsentation die specielle
Bestimmung des Griechenthums war. -- Im Judenthum

*) Ueber alles dies ist Ottfr. Müller in seinem für uns hier so wichti-
gen Buche "Die Dorier" zu vergleichen.

Unterthanenverhältniſſe ſtanden. Es war der Stolz der
Spartiaten, daß ihre Geſetze πυϑοχρηστοι, vom Orakel
zu Pytho ausgegangen waren; wie denn daſſelbe auch
fortwährend die Oberaufſicht über die Verfaſſung behielt.
Es wurde dies namentlich durch die ſogenannten Ποιϑιοι,
Pythier, vier von den Königen erwählte Abgeordnete,
bewerkſtelliget, welche die Ausſprüche des Gottes einzuholen
und an die Könige zu bringen hatten, deßhalb auch deren
Beiſitzer und beſtändige Tafel- und Zeltgenoſſen waren.
Selbſt auf die Philoſophie hatte das Orakel den merkwür-
digſten Einfluß. Pythagoras ſoll die Grundlehren ſei-
ner Wiſſenſchaft von der Pythia Themiſtokleia oder
Ariſtokleia erhalten haben; auch war er ſchon von Haus
aus Apollodiener; denn wir hören, daß ſeine Familie Sacren
des Apollon Nomios hatte, welchen er ſelbſt zu Kroton
als den größten Philantropen, den Geſetzgeber von Hellas
und Gott der Humanität empfahl. Daß Pythagoras ſein
politiſches Ideal in Kroton zu verwirklichen unternahm,
hängt damit zuſammen, daß dies eine ganz apolliniſche
Stadt war. *) Wie Socrates von dem Gotte geehrt
wurde, iſt bekannt. Es läßt ſich hiebei bemerken, daß
Apollon beſonders mit denjenigen Denkern zuſammenhängt
und im Bunde ſteht, welche ihr Augenmerk nicht bloß auf
Naturprincipien richten und nicht bloß einer unfruchtbaren,
ja frivolen Dialektik huldigen, ſondern einen ſeheriſchen
und prophetenartigen Charakter entwickeln und tiefen Ernſtes
auch in Leben und Sitte einzugreifen verſuchen. So mäch-
tig war hier bereits das ſpirituelle Princip, deſſen vor-
chriſtliche Manifeſtation und Repräſentation die ſpecielle
Beſtimmung des Griechenthums war. — Im Judenthum

*) Ueber alles dies iſt Ottfr. Müller in ſeinem für uns hier ſo wichti-
gen Buche „Die Dorier“ zu vergleichen.
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[52/0074] Unterthanenverhältniſſe ſtanden. Es war der Stolz der Spartiaten, daß ihre Geſetze πυϑοχρηστοι, vom Orakel zu Pytho ausgegangen waren; wie denn daſſelbe auch fortwährend die Oberaufſicht über die Verfaſſung behielt. Es wurde dies namentlich durch die ſogenannten Ποιϑιοι, Pythier, vier von den Königen erwählte Abgeordnete, bewerkſtelliget, welche die Ausſprüche des Gottes einzuholen und an die Könige zu bringen hatten, deßhalb auch deren Beiſitzer und beſtändige Tafel- und Zeltgenoſſen waren. Selbſt auf die Philoſophie hatte das Orakel den merkwür- digſten Einfluß. Pythagoras ſoll die Grundlehren ſei- ner Wiſſenſchaft von der Pythia Themiſtokleia oder Ariſtokleia erhalten haben; auch war er ſchon von Haus aus Apollodiener; denn wir hören, daß ſeine Familie Sacren des Apollon Nomios hatte, welchen er ſelbſt zu Kroton als den größten Philantropen, den Geſetzgeber von Hellas und Gott der Humanität empfahl. Daß Pythagoras ſein politiſches Ideal in Kroton zu verwirklichen unternahm, hängt damit zuſammen, daß dies eine ganz apolliniſche Stadt war. *) Wie Socrates von dem Gotte geehrt wurde, iſt bekannt. Es läßt ſich hiebei bemerken, daß Apollon beſonders mit denjenigen Denkern zuſammenhängt und im Bunde ſteht, welche ihr Augenmerk nicht bloß auf Naturprincipien richten und nicht bloß einer unfruchtbaren, ja frivolen Dialektik huldigen, ſondern einen ſeheriſchen und prophetenartigen Charakter entwickeln und tiefen Ernſtes auch in Leben und Sitte einzugreifen verſuchen. So mäch- tig war hier bereits das ſpirituelle Princip, deſſen vor- chriſtliche Manifeſtation und Repräſentation die ſpecielle Beſtimmung des Griechenthums war. — Im Judenthum *) Ueber alles dies iſt Ottfr. Müller in ſeinem für uns hier ſo wichti- gen Buche „Die Dorier“ zu vergleichen.

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Zitationshilfe: Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/daumer_krone_1859/74>, abgerufen am 24.11.2024.