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Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914.

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Die Kunst Unteritaliens in der Zeit Kaiser Friedrichs II.

Die Planform ist für die in Frage kommende Epoche ohne
Zweifel ein Unikum. Weder in Deutschland noch in Frankreich
ist die Anlage eines regulären Polygons mit zentralem Turm je
wieder zu finden. Es entsteht dadurch die dringende Vermutung,
daß ein fremder Einfluß gewaltet hat. Er kann entweder in zeit-
licher oder in räumlicher Ferne gesucht werden. Die bisherigen
Erklärungsversuche haben allein die erste Richtung eingeschlagen.
Krieg von Hochfelden hielt die Burg für römisch, Essenwein sah
in ihr eine "monumentale Mota", Piper verwirft beides; mit Recht,
doch ohne eine neue Erklärung zu versuchen. Will man nicht
darauf überhaupt verzichten, so muß die zweite oben genannte
Möglichkeit, die einer zeitgenössischen, aber räumlich entfernten
Einwirkung, ins Auge gefaßt werden. Ich gehe dabei von der
zwar nicht unbedingt gesicherten, aber doch am meisten wahr-
scheinlichen Annahme aus, daß der Bau dem staufischen Jahr-
hundert gehört. Der Adel dieser Zeit, insbesondere die kaiser-
lichen Ministerialen, waren nicht Leute von Kirchturmshorizont.
Es liegt durchaus im Bereiche der Möglichkeit, daß gelegentlich
einmal eine Erinnerung aus dem Orient oder aus dem staufischen
Reich in Süditalien nach Deutschland verpflanzt worden wäre.
Daß der Typus der Deutschordensburgen in Preußen diesen Ur-
sprung hat (vgl. oben S. 107/8) ist kaum zweifelhaft. Hier nun in
der Tat, hier allein, gibt es im 13. Jahrhundert Burgen im
Grundplan des regulären Achtecks; die bekanntesten Scandelion
in Syrien und die Kaiserburg Castel del Monte in Apulien.

Ich will mit diesem Hinweis nichts mehr gegeben haben als
eine Hypothese. Aber unter allen, die möglich sind, darf sie
immerhin als die wahrscheinlichste gelten.

Die einzige einigermaßen als analog zu bezeichnende Anlage,
die ich in Deutschland sonst noch kenne, ist der "Flohturm" in
Diedenhofen1). Ein rätselhafter Bau. Auch er beschreibt im Grund-
riß ein reguläres Polygon, doch ist es ein Vierzehneck. Der
Durchmesser beträgt 19 m, also erheblich weniger als in Egis-
heim. Es handelt sich auch nicht, wie in Egisheim, um eine

1) Vgl. den Aufsatz von Baurat Knitterscheid im Jahrbuch für loth-
ringische Geschichte XII.

Die Kunst Unteritaliens in der Zeit Kaiser Friedrichs II.

Die Planform ist für die in Frage kommende Epoche ohne
Zweifel ein Unikum. Weder in Deutschland noch in Frankreich
ist die Anlage eines regulären Polygons mit zentralem Turm je
wieder zu finden. Es entsteht dadurch die dringende Vermutung,
daß ein fremder Einfluß gewaltet hat. Er kann entweder in zeit-
licher oder in räumlicher Ferne gesucht werden. Die bisherigen
Erklärungsversuche haben allein die erste Richtung eingeschlagen.
Krieg von Hochfelden hielt die Burg für römisch, Essenwein sah
in ihr eine »monumentale Mota«, Piper verwirft beides; mit Recht,
doch ohne eine neue Erklärung zu versuchen. Will man nicht
darauf überhaupt verzichten, so muß die zweite oben genannte
Möglichkeit, die einer zeitgenössischen, aber räumlich entfernten
Einwirkung, ins Auge gefaßt werden. Ich gehe dabei von der
zwar nicht unbedingt gesicherten, aber doch am meisten wahr-
scheinlichen Annahme aus, daß der Bau dem staufischen Jahr-
hundert gehört. Der Adel dieser Zeit, insbesondere die kaiser-
lichen Ministerialen, waren nicht Leute von Kirchturmshorizont.
Es liegt durchaus im Bereiche der Möglichkeit, daß gelegentlich
einmal eine Erinnerung aus dem Orient oder aus dem staufischen
Reich in Süditalien nach Deutschland verpflanzt worden wäre.
Daß der Typus der Deutschordensburgen in Preußen diesen Ur-
sprung hat (vgl. oben S. 107/8) ist kaum zweifelhaft. Hier nun in
der Tat, hier allein, gibt es im 13. Jahrhundert Burgen im
Grundplan des regulären Achtecks; die bekanntesten Scandelion
in Syrien und die Kaiserburg Castel del Monte in Apulien.

Ich will mit diesem Hinweis nichts mehr gegeben haben als
eine Hypothese. Aber unter allen, die möglich sind, darf sie
immerhin als die wahrscheinlichste gelten.

Die einzige einigermaßen als analog zu bezeichnende Anlage,
die ich in Deutschland sonst noch kenne, ist der »Flohturm« in
Diedenhofen1). Ein rätselhafter Bau. Auch er beschreibt im Grund-
riß ein reguläres Polygon, doch ist es ein Vierzehneck. Der
Durchmesser beträgt 19 m, also erheblich weniger als in Egis-
heim. Es handelt sich auch nicht, wie in Egisheim, um eine

1) Vgl. den Aufsatz von Baurat Knitterscheid im Jahrbuch für loth-
ringische Geschichte XII.
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[116/0134] Die Kunst Unteritaliens in der Zeit Kaiser Friedrichs II. Die Planform ist für die in Frage kommende Epoche ohne Zweifel ein Unikum. Weder in Deutschland noch in Frankreich ist die Anlage eines regulären Polygons mit zentralem Turm je wieder zu finden. Es entsteht dadurch die dringende Vermutung, daß ein fremder Einfluß gewaltet hat. Er kann entweder in zeit- licher oder in räumlicher Ferne gesucht werden. Die bisherigen Erklärungsversuche haben allein die erste Richtung eingeschlagen. Krieg von Hochfelden hielt die Burg für römisch, Essenwein sah in ihr eine »monumentale Mota«, Piper verwirft beides; mit Recht, doch ohne eine neue Erklärung zu versuchen. Will man nicht darauf überhaupt verzichten, so muß die zweite oben genannte Möglichkeit, die einer zeitgenössischen, aber räumlich entfernten Einwirkung, ins Auge gefaßt werden. Ich gehe dabei von der zwar nicht unbedingt gesicherten, aber doch am meisten wahr- scheinlichen Annahme aus, daß der Bau dem staufischen Jahr- hundert gehört. Der Adel dieser Zeit, insbesondere die kaiser- lichen Ministerialen, waren nicht Leute von Kirchturmshorizont. Es liegt durchaus im Bereiche der Möglichkeit, daß gelegentlich einmal eine Erinnerung aus dem Orient oder aus dem staufischen Reich in Süditalien nach Deutschland verpflanzt worden wäre. Daß der Typus der Deutschordensburgen in Preußen diesen Ur- sprung hat (vgl. oben S. 107/8) ist kaum zweifelhaft. Hier nun in der Tat, hier allein, gibt es im 13. Jahrhundert Burgen im Grundplan des regulären Achtecks; die bekanntesten Scandelion in Syrien und die Kaiserburg Castel del Monte in Apulien. Ich will mit diesem Hinweis nichts mehr gegeben haben als eine Hypothese. Aber unter allen, die möglich sind, darf sie immerhin als die wahrscheinlichste gelten. Die einzige einigermaßen als analog zu bezeichnende Anlage, die ich in Deutschland sonst noch kenne, ist der »Flohturm« in Diedenhofen 1). Ein rätselhafter Bau. Auch er beschreibt im Grund- riß ein reguläres Polygon, doch ist es ein Vierzehneck. Der Durchmesser beträgt 19 m, also erheblich weniger als in Egis- heim. Es handelt sich auch nicht, wie in Egisheim, um eine 1) Vgl. den Aufsatz von Baurat Knitterscheid im Jahrbuch für loth- ringische Geschichte XII.

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Zitationshilfe: Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dehio_aufsaetze_1914/134>, abgerufen am 27.11.2024.