Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Meister des Gemmingendenkmals im Mainzer Dom
Es scheint nicht, daß Backofen Bildschnitzer in seiner Werkstatt
gehabt hat, er ist durch und durch ein Künstler für den Stein.

Die umfangreichste auswärtige Arbeit der Werkstatt vermute
ich in Speier. Sie schmückte den Kreuzgang des Domes und ist
mit diesem untergegangen. Unter den spärlichen Trümmern von
Bildwerken, die jetzt an der Außenwand des südlichen Seiten-
schiffes eingemauert sind, befinden sich zwei Pilaster von einem zer-
störten Epitaph, welche, bis auf einige geringfügige Auslassungen,
sich als genaue Abschriften der Pilaster am Mainzer Gemmingen-
denkmal erweisen. Selbst die Wappenschilder sind strikt kopiert.
Die Tätigkeit der Backofenschen Werkstatt in Speier ist also ge-
sichert. Aus Urkunden erfahren wir aber noch anderes1) In der
Mitte des Kreuzganges stand der größte und merkwürdigste aller
deutschen Ölberge. Zentral disponiert, unter einer offenen sechs-
eckigen Halle. Den ersten Auftrag hatte Hans von Heilbronn er-
halten, der aber die Speierer in Stich ließ. Wirklich ausgeführt
ist er von einem Lorenz von Mainz. Die Kombination mit der obigen
Feststellung ergibt sich von selbst. Die auf der Bibliothek in
Göttingen erhaltenen Zeichnungen 2) des XVII. Jahrhunderts
zeigen eine aufs höchste malerische Komposition; stilistische Ein-
zelheiten lassen sie natürlich nicht erkennen.



1) Schwarzenberg. Der Dom zu Speier II (1902), S. 465.
2) Reproduziert in der Zeitschr. f. bild. Kunst 1897, S. 30 und in den
Baudenkmälern der Pfalz IV, 1898.

Der Meister des Gemmingendenkmals im Mainzer Dom
Es scheint nicht, daß Backofen Bildschnitzer in seiner Werkstatt
gehabt hat, er ist durch und durch ein Künstler für den Stein.

Die umfangreichste auswärtige Arbeit der Werkstatt vermute
ich in Speier. Sie schmückte den Kreuzgang des Domes und ist
mit diesem untergegangen. Unter den spärlichen Trümmern von
Bildwerken, die jetzt an der Außenwand des südlichen Seiten-
schiffes eingemauert sind, befinden sich zwei Pilaster von einem zer-
störten Epitaph, welche, bis auf einige geringfügige Auslassungen,
sich als genaue Abschriften der Pilaster am Mainzer Gemmingen-
denkmal erweisen. Selbst die Wappenschilder sind strikt kopiert.
Die Tätigkeit der Backofenschen Werkstatt in Speier ist also ge-
sichert. Aus Urkunden erfahren wir aber noch anderes1) In der
Mitte des Kreuzganges stand der größte und merkwürdigste aller
deutschen Ölberge. Zentral disponiert, unter einer offenen sechs-
eckigen Halle. Den ersten Auftrag hatte Hans von Heilbronn er-
halten, der aber die Speierer in Stich ließ. Wirklich ausgeführt
ist er von einem Lorenz von Mainz. Die Kombination mit der obigen
Feststellung ergibt sich von selbst. Die auf der Bibliothek in
Göttingen erhaltenen Zeichnungen 2) des XVII. Jahrhunderts
zeigen eine aufs höchste malerische Komposition; stilistische Ein-
zelheiten lassen sie natürlich nicht erkennen.



1) Schwarzenberg. Der Dom zu Speier II (1902), S. 465.
2) Reproduziert in der Zeitschr. f. bild. Kunst 1897, S. 30 und in den
Baudenkmälern der Pfalz IV, 1898.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0176" n="144"/><fw place="top" type="header">Der Meister des Gemmingendenkmals im Mainzer Dom</fw><lb/>
Es scheint nicht, daß Backofen Bildschnitzer in seiner Werkstatt<lb/>
gehabt hat, er ist durch und durch ein Künstler für den Stein.</p><lb/>
        <p>Die umfangreichste auswärtige Arbeit der Werkstatt vermute<lb/>
ich in Speier. Sie schmückte den Kreuzgang des Domes und ist<lb/>
mit diesem untergegangen. Unter den spärlichen Trümmern von<lb/>
Bildwerken, die jetzt an der Außenwand des südlichen Seiten-<lb/>
schiffes eingemauert sind, befinden sich zwei Pilaster von einem zer-<lb/>
störten Epitaph, welche, bis auf einige geringfügige Auslassungen,<lb/>
sich als genaue Abschriften der Pilaster am Mainzer Gemmingen-<lb/>
denkmal erweisen. Selbst die Wappenschilder sind strikt kopiert.<lb/>
Die Tätigkeit der Backofenschen Werkstatt in Speier ist also ge-<lb/>
sichert. Aus Urkunden erfahren wir aber noch anderes<note place="foot" n="1)">Schwarzenberg. Der Dom zu Speier II (1902), S. 465.</note> In der<lb/>
Mitte des Kreuzganges stand der größte und merkwürdigste aller<lb/>
deutschen Ölberge. Zentral disponiert, unter einer offenen sechs-<lb/>
eckigen Halle. Den ersten Auftrag hatte Hans von Heilbronn er-<lb/>
halten, der aber die Speierer in Stich ließ. Wirklich ausgeführt<lb/>
ist er von einem Lorenz von Mainz. Die Kombination mit der obigen<lb/>
Feststellung ergibt sich von selbst. Die auf der Bibliothek in<lb/>
Göttingen erhaltenen Zeichnungen <note place="foot" n="2)">Reproduziert in der Zeitschr. f. bild. Kunst 1897, S. 30 und in den<lb/>
Baudenkmälern der Pfalz IV, 1898.</note> des XVII. Jahrhunderts<lb/>
zeigen eine aufs höchste malerische Komposition; stilistische Ein-<lb/>
zelheiten lassen sie natürlich nicht erkennen.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0176] Der Meister des Gemmingendenkmals im Mainzer Dom Es scheint nicht, daß Backofen Bildschnitzer in seiner Werkstatt gehabt hat, er ist durch und durch ein Künstler für den Stein. Die umfangreichste auswärtige Arbeit der Werkstatt vermute ich in Speier. Sie schmückte den Kreuzgang des Domes und ist mit diesem untergegangen. Unter den spärlichen Trümmern von Bildwerken, die jetzt an der Außenwand des südlichen Seiten- schiffes eingemauert sind, befinden sich zwei Pilaster von einem zer- störten Epitaph, welche, bis auf einige geringfügige Auslassungen, sich als genaue Abschriften der Pilaster am Mainzer Gemmingen- denkmal erweisen. Selbst die Wappenschilder sind strikt kopiert. Die Tätigkeit der Backofenschen Werkstatt in Speier ist also ge- sichert. Aus Urkunden erfahren wir aber noch anderes 1) In der Mitte des Kreuzganges stand der größte und merkwürdigste aller deutschen Ölberge. Zentral disponiert, unter einer offenen sechs- eckigen Halle. Den ersten Auftrag hatte Hans von Heilbronn er- halten, der aber die Speierer in Stich ließ. Wirklich ausgeführt ist er von einem Lorenz von Mainz. Die Kombination mit der obigen Feststellung ergibt sich von selbst. Die auf der Bibliothek in Göttingen erhaltenen Zeichnungen 2) des XVII. Jahrhunderts zeigen eine aufs höchste malerische Komposition; stilistische Ein- zelheiten lassen sie natürlich nicht erkennen. 1) Schwarzenberg. Der Dom zu Speier II (1902), S. 465. 2) Reproduziert in der Zeitschr. f. bild. Kunst 1897, S. 30 und in den Baudenkmälern der Pfalz IV, 1898.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Schulz, Dienstleister (Muttersprachler): Bereitstellung der Texttranskription nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-02-21T10:17:23Z)
University of Toronto, Robarts Library of Humanities & Social Sciences: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-02-21T10:17:23Z)
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Akademiebibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate für die Seiten 122 und 123 (2012-02-21T10:17:23Z)

Weitere Informationen:

  • Nach den Richtlinien des Deutschen Textarchivs (DTA) transkribiert und ausgezeichnet.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dehio_aufsaetze_1914
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dehio_aufsaetze_1914/176
Zitationshilfe: Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dehio_aufsaetze_1914/176>, abgerufen am 04.12.2024.