Delbrück, Berthold: Die neueste Sprachforschung. Betrachtungen über Georg Curtius Schrift zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.Willens auf die ethischen Handlungen der betreffenden Der Schluss des Capitels bringt eine Zusammenstellung Willens auf die ethischen Handlungen der betreffenden Der Schluss des Capitels bringt eine Zusammenstellung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0025" n="20"/> Willens auf die ethischen Handlungen der betreffenden<lb/> Philosophen keinen Einfluss üben. Ebenso geht es in der<lb/> Sprachforschung. Auch wer der Lehre von der Ausnahms-<lb/> losigkeit der Lautgesetze huldigt, ist gezwungen, eine Menge<lb/> von Einzelfällen anzuerkennen, die er mit dem Gesetz nicht<lb/> in Uebereinstimmung bringen kann, und findet kein Arg<lb/> darin, diese Fälle als Ausnahmen zu bezeichnen (d. h. als<lb/> solche Erscheinungen, welche bis jetzt noch nicht unter ein<lb/> Gesetz zu bringen sind), und auf der anderen Seite giebt<lb/> es für denjenigen, der die Möglichkeit beliebiger, d. h. von<lb/> dem absolut freien Willen abhängiger Ausnahmen behauptet,<lb/> keine grössere Freude, als wenn es ihm gelingt, solche Aus-<lb/> nahmen zu beseitigen.<lb/></p> <p> Der Schluss des Capitels bringt eine Zusammenstellung<lb/> »kleinerer« Lautvorgänge, wie Hyphaeresis anlautender Vocale,<lb/> Ungleichmässigkeiten bei der Contraction oder in der Be-<lb/> handlung des Auslauts, Erscheinungen, welche nach Cur-<lb/> tius' Meinung unter feste Gesetze nicht gebracht werden<lb/> können. Für manches dieser Probleme hat sich nach mei-<lb/> ner Meinung eine Erklärung bereits gefunden, oder lässt<lb/> sich finden (so wird wohl <hi rendition="#i">ὤν</hi> richtig als die ursprüngliche<lb/> Form aufgefasst, — gleicht sie doch dem indischen <hi rendition="#i">sán</hi> und<lb/> dem lateinischen <hi rendition="#i">sens</hi> —, und das <hi rendition="#i">ε</hi> von <hi rendition="#i">ἐών</hi> aus Anlehnung<lb/> an die übrigen mit <hi rendition="#i">ε</hi> anlautenden Formen des Verbums<lb/><hi rendition="#i">εἶναι</hi> erklärt, die Erlebnisse des Digamma wird man mit<lb/> denen des <hi rendition="#i">s</hi> im Jakutischen vergleichen können, u. a. m.),<lb/> mit andern dagegen weiss ich so wenig etwas anzufangen,<lb/> wie Curtius. Das sind dann eben Fälle, für die eine Er-<lb/> klärung noch zu suchen ist. Man wolle auch nicht ver-<lb/> gessen, dass Curtius seine Beispiele vorzüglich aus solchen<lb/> Sprachen wählt, welche die allercomplicirtesten Probleme<lb/> stellen. Die Gestalt z. B., in welcher uns die lateinischen<lb/> Auslaute vorliegen, ist gewiss theilweise ein Product gram-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [20/0025]
Willens auf die ethischen Handlungen der betreffenden
Philosophen keinen Einfluss üben. Ebenso geht es in der
Sprachforschung. Auch wer der Lehre von der Ausnahms-
losigkeit der Lautgesetze huldigt, ist gezwungen, eine Menge
von Einzelfällen anzuerkennen, die er mit dem Gesetz nicht
in Uebereinstimmung bringen kann, und findet kein Arg
darin, diese Fälle als Ausnahmen zu bezeichnen (d. h. als
solche Erscheinungen, welche bis jetzt noch nicht unter ein
Gesetz zu bringen sind), und auf der anderen Seite giebt
es für denjenigen, der die Möglichkeit beliebiger, d. h. von
dem absolut freien Willen abhängiger Ausnahmen behauptet,
keine grössere Freude, als wenn es ihm gelingt, solche Aus-
nahmen zu beseitigen.
Der Schluss des Capitels bringt eine Zusammenstellung
»kleinerer« Lautvorgänge, wie Hyphaeresis anlautender Vocale,
Ungleichmässigkeiten bei der Contraction oder in der Be-
handlung des Auslauts, Erscheinungen, welche nach Cur-
tius' Meinung unter feste Gesetze nicht gebracht werden
können. Für manches dieser Probleme hat sich nach mei-
ner Meinung eine Erklärung bereits gefunden, oder lässt
sich finden (so wird wohl ὤν richtig als die ursprüngliche
Form aufgefasst, — gleicht sie doch dem indischen sán und
dem lateinischen sens —, und das ε von ἐών aus Anlehnung
an die übrigen mit ε anlautenden Formen des Verbums
εἶναι erklärt, die Erlebnisse des Digamma wird man mit
denen des s im Jakutischen vergleichen können, u. a. m.),
mit andern dagegen weiss ich so wenig etwas anzufangen,
wie Curtius. Das sind dann eben Fälle, für die eine Er-
klärung noch zu suchen ist. Man wolle auch nicht ver-
gessen, dass Curtius seine Beispiele vorzüglich aus solchen
Sprachen wählt, welche die allercomplicirtesten Probleme
stellen. Die Gestalt z. B., in welcher uns die lateinischen
Auslaute vorliegen, ist gewiss theilweise ein Product gram-
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