Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dickens, Charles: Der Weihnachtsabend (Übers. Edward Aubrey Moriarty). Leipzig, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

hatte, sagte noch einmal "Pah!" und brummte ein "Dummes Zeug!" hinterher.

"Sein Sie nicht bös, Onkel," sagte der Neffe.

"Was soll ich anders sein," antwortete der Onkel, "wenn ich in einer Welt voll solcher Narren lebe? Fröhliche Weihnachten! Der Henker hole die fröhlichen Weihnachten! Was ist Weihnachten für Dich anders, als ein Tag, wo Du Rechnungen bezahlen sollst, ohne Geld zu haben, ein Tag, wo Du Dich um ein Jahr älter und nicht um eine Stunde reicher findest, ein Tag, wo Du Deine Bücher abschließest und in jedem Posten durch ein volles Dutzend von Monaten ein Deficit siehst? Wenn es nach mir ginge," sagte Scrooge heftig, "so müßte jeder Narr, der mit seinem fröhlichen Weihnachten herumläuft, mit seinem eigenen Pudding gekocht und mit einem Pfahl im Herzen begraben werden."

"Onkel," sagte der Neffe.

"Neffe," antwortete der Onkel heftig, "feiere Du Weihnachten nach Deiner Art und laß es mich nach meiner feiern."

"Feiern!" wiederholte Scrooge's Neffe; "aber Sie feiern es nicht."

"Laß mich ungeschoren," sagte Scrooge. "Mag es Dir Nutzen bringen! viel genutzt hat es Dir schon."

"Es giebt viel Dinge, die mir hätten nutzen können und die ich nicht benutzt habe, das weiß ich," antwortete der Neffe, "und Weihnachten ist eins von denen. Aber ich weiß gewiß, daß ich Weihnachten, wenn es gekommen ist, abgesehen

hatte, sagte noch einmal „Pah!“ und brummte ein „Dummes Zeug!“ hinterher.

„Sein Sie nicht bös, Onkel,“ sagte der Neffe.

„Was soll ich anders sein,“ antwortete der Onkel, „wenn ich in einer Welt voll solcher Narren lebe? Fröhliche Weihnachten! Der Henker hole die fröhlichen Weihnachten! Was ist Weihnachten für Dich anders, als ein Tag, wo Du Rechnungen bezahlen sollst, ohne Geld zu haben, ein Tag, wo Du Dich um ein Jahr älter und nicht um eine Stunde reicher findest, ein Tag, wo Du Deine Bücher abschließest und in jedem Posten durch ein volles Dutzend von Monaten ein Deficit siehst? Wenn es nach mir ginge,“ sagte Scrooge heftig, „so müßte jeder Narr, der mit seinem fröhlichen Weihnachten herumläuft, mit seinem eigenen Pudding gekocht und mit einem Pfahl im Herzen begraben werden.“

„Onkel,“ sagte der Neffe.

„Neffe,“ antwortete der Onkel heftig, „feiere Du Weihnachten nach Deiner Art und laß es mich nach meiner feiern.“

„Feiern!“ wiederholte Scrooge’s Neffe; „aber Sie feiern es nicht.“

„Laß mich ungeschoren,“ sagte Scrooge. „Mag es Dir Nutzen bringen! viel genutzt hat es Dir schon.“

„Es giebt viel Dinge, die mir hätten nutzen können und die ich nicht benutzt habe, das weiß ich,“ antwortete der Neffe, „und Weihnachten ist eins von denen. Aber ich weiß gewiß, daß ich Weihnachten, wenn es gekommen ist, abgesehen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0010" n="10"/>
hatte, sagte noch einmal &#x201E;Pah!&#x201C; und brummte ein &#x201E;Dummes Zeug!&#x201C; hinterher.</p>
        <p>&#x201E;Sein Sie nicht bös, Onkel,&#x201C; sagte der Neffe.</p>
        <p>&#x201E;Was soll ich anders sein,&#x201C; antwortete der Onkel, &#x201E;wenn ich in einer Welt voll solcher Narren lebe? Fröhliche Weihnachten! Der Henker hole die fröhlichen Weihnachten! Was ist Weihnachten für Dich anders, als ein Tag, wo Du Rechnungen bezahlen sollst, ohne Geld zu haben, ein Tag, wo Du Dich um ein Jahr älter und nicht um eine Stunde reicher findest, ein Tag, wo Du Deine Bücher abschließest und in jedem Posten durch ein volles Dutzend von Monaten ein Deficit siehst? Wenn es nach mir ginge,&#x201C; sagte Scrooge heftig, &#x201E;so müßte jeder Narr, der mit seinem fröhlichen Weihnachten herumläuft, mit seinem eigenen Pudding gekocht und mit einem Pfahl im Herzen begraben werden.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Onkel,&#x201C; sagte der Neffe.</p>
        <p>&#x201E;Neffe,&#x201C; antwortete der Onkel heftig, &#x201E;feiere Du Weihnachten nach Deiner Art und laß es mich nach meiner feiern.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Feiern!&#x201C; wiederholte Scrooge&#x2019;s Neffe; &#x201E;aber Sie feiern es nicht.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Laß mich ungeschoren,&#x201C; sagte Scrooge. &#x201E;Mag es Dir Nutzen bringen! viel genutzt hat es Dir schon.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Es giebt viel Dinge, die mir hätten nutzen können und die ich nicht benutzt habe, das weiß ich,&#x201C; antwortete der Neffe, &#x201E;und Weihnachten ist eins von denen. Aber ich weiß gewiß, daß ich Weihnachten, wenn es gekommen ist, abgesehen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0010] hatte, sagte noch einmal „Pah!“ und brummte ein „Dummes Zeug!“ hinterher. „Sein Sie nicht bös, Onkel,“ sagte der Neffe. „Was soll ich anders sein,“ antwortete der Onkel, „wenn ich in einer Welt voll solcher Narren lebe? Fröhliche Weihnachten! Der Henker hole die fröhlichen Weihnachten! Was ist Weihnachten für Dich anders, als ein Tag, wo Du Rechnungen bezahlen sollst, ohne Geld zu haben, ein Tag, wo Du Dich um ein Jahr älter und nicht um eine Stunde reicher findest, ein Tag, wo Du Deine Bücher abschließest und in jedem Posten durch ein volles Dutzend von Monaten ein Deficit siehst? Wenn es nach mir ginge,“ sagte Scrooge heftig, „so müßte jeder Narr, der mit seinem fröhlichen Weihnachten herumläuft, mit seinem eigenen Pudding gekocht und mit einem Pfahl im Herzen begraben werden.“ „Onkel,“ sagte der Neffe. „Neffe,“ antwortete der Onkel heftig, „feiere Du Weihnachten nach Deiner Art und laß es mich nach meiner feiern.“ „Feiern!“ wiederholte Scrooge’s Neffe; „aber Sie feiern es nicht.“ „Laß mich ungeschoren,“ sagte Scrooge. „Mag es Dir Nutzen bringen! viel genutzt hat es Dir schon.“ „Es giebt viel Dinge, die mir hätten nutzen können und die ich nicht benutzt habe, das weiß ich,“ antwortete der Neffe, „und Weihnachten ist eins von denen. Aber ich weiß gewiß, daß ich Weihnachten, wenn es gekommen ist, abgesehen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-27T08:24:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-27T08:24:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat (2012-11-27T08:24:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dickens_weihnachtsabend_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dickens_weihnachtsabend_1844/10
Zitationshilfe: Dickens, Charles: Der Weihnachtsabend (Übers. Edward Aubrey Moriarty). Leipzig, 1844, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dickens_weihnachtsabend_1844/10>, abgerufen am 21.11.2024.