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Diefenbach, Johann: Reformation oder Revolution. Mainz, 1897.

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Freiheit erkämpfen, wo nicht, will ich als freier Mann sterben.
Sickingen wird uns unterstützen und der gesamte Adel;
dann wird Rom zu Grunde gehen, Christus hergestellt werden
und die Freiheit der Rede und des Gedankens1)." Man
glaubt sich ins Jahr 1793 versetzt, wenn man dies ließt.
Eine der heftigsten Brandschriften, welche zur Revolution auf-
forderten, hatte den Titel: "Schlüssel Davids."

Der unglückliche Ausgang des revolutionären Putsches
Ullrichs von Hutten und Sickingens gegen den Kurfürsten
von Trier 1523 und Sickingens Tod bei der Eroberung
seiner Feste Landstuhl lassen Luther eine Schwenkung machen,
indem er sich von 1526 an ganz in die Arme der Landes-
fürsten warf, und zur Rettung seines begonnenen aber be-
drohten Werkes diese mit der kirchlichen Jurisdiktionsgewalt
betraute, die er dem Papste und Bischöfen abgenommen hatte.
Er übertrug die bischöfliche Jurisdiktion den Landesfürsten
und machte sie zu Herren der neuen Kirche, welche als kleine
Päpste, nicht nach dem kanonischen Rechte, sondern nach fürst-
licher Laune und Willkür über die Gewissen herrschten. Vor
Jahren hatte er erklärt durch die Lehre vom allgemeinen
Priestertum, "jeder, der aus der Taufe kröche, sei Papst,
Bischof und Priester." Jetzt, im Drange der Not, ließ er die
Laien nur noch Priester, die Fürsten aber Bischöfe sein. Der

1) "Der Geist der Reformation und seine Gegensätze" von Dr. Karl
Hagen, Erlangen 1844, II. Bd. S. 56. Der Verfasser ist der Meinung,
daß die protestantische Kirche etwas ganz anderes ist, als die Refor-
mation. Jene ist durch Abgrenzung in neue Dogmen, durch Unduld-
samkeit, Verketzerungssucht u. s. w., schon in dem 3. Decenium des
16. Jahrhunderts von dem Prinzip der Reformation abgefallen, so daß
sie in späterer Zeit kaum mehr auf den Namen der Reformation
Anspruch machen kann. Hingegen die ächt reformatorischen Jdeen
wurden von den ketzerischen Sekten und Parteien vertreten. Vorrede
III. Bd. S. 8.

Freiheit erkämpfen, wo nicht, will ich als freier Mann ſterben.
Sickingen wird uns unterſtützen und der geſamte Adel;
dann wird Rom zu Grunde gehen, Chriſtus hergeſtellt werden
und die Freiheit der Rede und des Gedankens1).‟ Man
glaubt ſich ins Jahr 1793 verſetzt, wenn man dies ließt.
Eine der heftigſten Brandſchriften, welche zur Revolution auf-
forderten, hatte den Titel: „Schlüſſel Davids.‟

Der unglückliche Ausgang des revolutionären Putſches
Ullrichs von Hutten und Sickingens gegen den Kurfürſten
von Trier 1523 und Sickingens Tod bei der Eroberung
ſeiner Feſte Landſtuhl laſſen Luther eine Schwenkung machen,
indem er ſich von 1526 an ganz in die Arme der Landes-
fürſten warf, und zur Rettung ſeines begonnenen aber be-
drohten Werkes dieſe mit der kirchlichen Jurisdiktionsgewalt
betraute, die er dem Papſte und Biſchöfen abgenommen hatte.
Er übertrug die biſchöfliche Jurisdiktion den Landesfürſten
und machte ſie zu Herren der neuen Kirche, welche als kleine
Päpſte, nicht nach dem kanoniſchen Rechte, ſondern nach fürſt-
licher Laune und Willkür über die Gewiſſen herrſchten. Vor
Jahren hatte er erklärt durch die Lehre vom allgemeinen
Prieſtertum, „jeder, der aus der Taufe kröche, ſei Papſt,
Biſchof und Prieſter.‟ Jetzt, im Drange der Not, ließ er die
Laien nur noch Prieſter, die Fürſten aber Biſchöfe ſein. Der

1) „Der Geiſt der Reformation und ſeine Gegenſätze‟ von Dr. Karl
Hagen, Erlangen 1844, II. Bd. S. 56. Der Verfaſſer iſt der Meinung,
daß die proteſtantiſche Kirche etwas ganz anderes iſt, als die Refor-
mation. Jene iſt durch Abgrenzung in neue Dogmen, durch Unduld-
ſamkeit, Verketzerungsſucht u. ſ. w., ſchon in dem 3. Decenium des
16. Jahrhunderts von dem Prinzip der Reformation abgefallen, ſo daß
ſie in ſpäterer Zeit kaum mehr auf den Namen der Reformation
Anſpruch machen kann. Hingegen die ächt reformatoriſchen Jdeen
wurden von den ketzeriſchen Sekten und Parteien vertreten. Vorrede
III. Bd. S. 8.
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[15/0027] Freiheit erkämpfen, wo nicht, will ich als freier Mann ſterben. Sickingen wird uns unterſtützen und der geſamte Adel; dann wird Rom zu Grunde gehen, Chriſtus hergeſtellt werden und die Freiheit der Rede und des Gedankens 1).‟ Man glaubt ſich ins Jahr 1793 verſetzt, wenn man dies ließt. Eine der heftigſten Brandſchriften, welche zur Revolution auf- forderten, hatte den Titel: „Schlüſſel Davids.‟ Der unglückliche Ausgang des revolutionären Putſches Ullrichs von Hutten und Sickingens gegen den Kurfürſten von Trier 1523 und Sickingens Tod bei der Eroberung ſeiner Feſte Landſtuhl laſſen Luther eine Schwenkung machen, indem er ſich von 1526 an ganz in die Arme der Landes- fürſten warf, und zur Rettung ſeines begonnenen aber be- drohten Werkes dieſe mit der kirchlichen Jurisdiktionsgewalt betraute, die er dem Papſte und Biſchöfen abgenommen hatte. Er übertrug die biſchöfliche Jurisdiktion den Landesfürſten und machte ſie zu Herren der neuen Kirche, welche als kleine Päpſte, nicht nach dem kanoniſchen Rechte, ſondern nach fürſt- licher Laune und Willkür über die Gewiſſen herrſchten. Vor Jahren hatte er erklärt durch die Lehre vom allgemeinen Prieſtertum, „jeder, der aus der Taufe kröche, ſei Papſt, Biſchof und Prieſter.‟ Jetzt, im Drange der Not, ließ er die Laien nur noch Prieſter, die Fürſten aber Biſchöfe ſein. Der 1) „Der Geiſt der Reformation und ſeine Gegenſätze‟ von Dr. Karl Hagen, Erlangen 1844, II. Bd. S. 56. Der Verfaſſer iſt der Meinung, daß die proteſtantiſche Kirche etwas ganz anderes iſt, als die Refor- mation. Jene iſt durch Abgrenzung in neue Dogmen, durch Unduld- ſamkeit, Verketzerungsſucht u. ſ. w., ſchon in dem 3. Decenium des 16. Jahrhunderts von dem Prinzip der Reformation abgefallen, ſo daß ſie in ſpäterer Zeit kaum mehr auf den Namen der Reformation Anſpruch machen kann. Hingegen die ächt reformatoriſchen Jdeen wurden von den ketzeriſchen Sekten und Parteien vertreten. Vorrede III. Bd. S. 8.

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Zitationshilfe: Diefenbach, Johann: Reformation oder Revolution. Mainz, 1897, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/diefenbach_reformation_1897/27>, abgerufen am 21.11.2024.