Diefenbach, Johann: Reformation oder Revolution. Mainz, 1897.Freiheit erkämpfen, wo nicht, will ich als freier Mann sterben. Der unglückliche Ausgang des revolutionären Putsches 1) "Der Geist der Reformation und seine Gegensätze" von Dr. Karl
Hagen, Erlangen 1844, II. Bd. S. 56. Der Verfasser ist der Meinung, daß die protestantische Kirche etwas ganz anderes ist, als die Refor- mation. Jene ist durch Abgrenzung in neue Dogmen, durch Unduld- samkeit, Verketzerungssucht u. s. w., schon in dem 3. Decenium des 16. Jahrhunderts von dem Prinzip der Reformation abgefallen, so daß sie in späterer Zeit kaum mehr auf den Namen der Reformation Anspruch machen kann. Hingegen die ächt reformatorischen Jdeen wurden von den ketzerischen Sekten und Parteien vertreten. Vorrede III. Bd. S. 8. Freiheit erkämpfen, wo nicht, will ich als freier Mann ſterben. Der unglückliche Ausgang des revolutionären Putſches 1) „Der Geiſt der Reformation und ſeine Gegenſätze‟ von Dr. Karl
Hagen, Erlangen 1844, II. Bd. S. 56. Der Verfaſſer iſt der Meinung, daß die proteſtantiſche Kirche etwas ganz anderes iſt, als die Refor- mation. Jene iſt durch Abgrenzung in neue Dogmen, durch Unduld- ſamkeit, Verketzerungsſucht u. ſ. w., ſchon in dem 3. Decenium des 16. Jahrhunderts von dem Prinzip der Reformation abgefallen, ſo daß ſie in ſpäterer Zeit kaum mehr auf den Namen der Reformation Anſpruch machen kann. Hingegen die ächt reformatoriſchen Jdeen wurden von den ketzeriſchen Sekten und Parteien vertreten. Vorrede III. Bd. S. 8. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0027" n="15"/> Freiheit erkämpfen, wo nicht, will ich als freier Mann ſterben.<lb/> Sickingen wird uns unterſtützen und der geſamte Adel;<lb/> dann wird Rom zu Grunde gehen, Chriſtus hergeſtellt werden<lb/> und die Freiheit der Rede und des Gedankens<note place="foot" n="1)">„Der Geiſt der Reformation und ſeine Gegenſätze‟ von <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Karl<lb/> Hagen, Erlangen 1844, <hi rendition="#aq">II.</hi> Bd. S. 56. Der Verfaſſer iſt der Meinung,<lb/> daß die proteſtantiſche Kirche etwas ganz anderes iſt, als die Refor-<lb/> mation. Jene iſt durch Abgrenzung in neue Dogmen, durch Unduld-<lb/> ſamkeit, Verketzerungsſucht u. ſ. w., ſchon in dem 3. Decenium des<lb/> 16. Jahrhunderts von dem Prinzip der Reformation abgefallen, ſo daß<lb/> ſie in ſpäterer Zeit kaum mehr auf den <hi rendition="#g">Namen der Reformation</hi><lb/> Anſpruch machen kann. Hingegen die ächt reformatoriſchen Jdeen<lb/> wurden von den ketzeriſchen Sekten und Parteien vertreten. Vorrede<lb/><hi rendition="#aq">III.</hi> Bd. S. 8.</note>.‟ Man<lb/> glaubt ſich ins Jahr 1793 verſetzt, wenn man dies ließt.<lb/> Eine der heftigſten Brandſchriften, welche zur Revolution auf-<lb/> forderten, hatte den Titel: „Schlüſſel Davids.‟</p><lb/> <p>Der unglückliche Ausgang des revolutionären Putſches<lb/> Ullrichs von Hutten und Sickingens gegen den Kurfürſten<lb/> von Trier 1523 und Sickingens Tod bei der Eroberung<lb/> ſeiner Feſte Landſtuhl laſſen Luther eine Schwenkung machen,<lb/> indem er ſich von 1526 an ganz in die Arme der Landes-<lb/> fürſten warf, und zur Rettung ſeines begonnenen aber be-<lb/> drohten Werkes dieſe mit der kirchlichen Jurisdiktionsgewalt<lb/> betraute, die er dem Papſte und Biſchöfen abgenommen hatte.<lb/> Er übertrug die biſchöfliche Jurisdiktion den Landesfürſten<lb/> und machte ſie zu Herren der neuen Kirche, welche als kleine<lb/> Päpſte, nicht nach dem kanoniſchen Rechte, ſondern nach fürſt-<lb/> licher Laune und Willkür über die Gewiſſen herrſchten. Vor<lb/> Jahren hatte er erklärt durch die Lehre vom allgemeinen<lb/> Prieſtertum, „jeder, der aus der Taufe kröche, ſei Papſt,<lb/> Biſchof und Prieſter.‟ Jetzt, im Drange der Not, ließ er die<lb/> Laien nur noch Prieſter, die Fürſten aber Biſchöfe ſein. Der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [15/0027]
Freiheit erkämpfen, wo nicht, will ich als freier Mann ſterben.
Sickingen wird uns unterſtützen und der geſamte Adel;
dann wird Rom zu Grunde gehen, Chriſtus hergeſtellt werden
und die Freiheit der Rede und des Gedankens 1).‟ Man
glaubt ſich ins Jahr 1793 verſetzt, wenn man dies ließt.
Eine der heftigſten Brandſchriften, welche zur Revolution auf-
forderten, hatte den Titel: „Schlüſſel Davids.‟
Der unglückliche Ausgang des revolutionären Putſches
Ullrichs von Hutten und Sickingens gegen den Kurfürſten
von Trier 1523 und Sickingens Tod bei der Eroberung
ſeiner Feſte Landſtuhl laſſen Luther eine Schwenkung machen,
indem er ſich von 1526 an ganz in die Arme der Landes-
fürſten warf, und zur Rettung ſeines begonnenen aber be-
drohten Werkes dieſe mit der kirchlichen Jurisdiktionsgewalt
betraute, die er dem Papſte und Biſchöfen abgenommen hatte.
Er übertrug die biſchöfliche Jurisdiktion den Landesfürſten
und machte ſie zu Herren der neuen Kirche, welche als kleine
Päpſte, nicht nach dem kanoniſchen Rechte, ſondern nach fürſt-
licher Laune und Willkür über die Gewiſſen herrſchten. Vor
Jahren hatte er erklärt durch die Lehre vom allgemeinen
Prieſtertum, „jeder, der aus der Taufe kröche, ſei Papſt,
Biſchof und Prieſter.‟ Jetzt, im Drange der Not, ließ er die
Laien nur noch Prieſter, die Fürſten aber Biſchöfe ſein. Der
1) „Der Geiſt der Reformation und ſeine Gegenſätze‟ von Dr. Karl
Hagen, Erlangen 1844, II. Bd. S. 56. Der Verfaſſer iſt der Meinung,
daß die proteſtantiſche Kirche etwas ganz anderes iſt, als die Refor-
mation. Jene iſt durch Abgrenzung in neue Dogmen, durch Unduld-
ſamkeit, Verketzerungsſucht u. ſ. w., ſchon in dem 3. Decenium des
16. Jahrhunderts von dem Prinzip der Reformation abgefallen, ſo daß
ſie in ſpäterer Zeit kaum mehr auf den Namen der Reformation
Anſpruch machen kann. Hingegen die ächt reformatoriſchen Jdeen
wurden von den ketzeriſchen Sekten und Parteien vertreten. Vorrede
III. Bd. S. 8.
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