Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836.Welche Anforderungen sind in dieser Beziehung an eine 1) Zuerst negativ: Wegräumung aller die Sitt- lichkeit junger Männer gefährdenden Dinge, Personen, Einrichtungen, Sitten u. s. w. Im guten Verlauf der früheren Erziehung, der hier vor- Denken wir uns nur den kraftvollen Jüngling! Mark Welche Anforderungen ſind in dieſer Beziehung an eine 1) Zuerſt negativ: Wegraͤumung aller die Sitt- lichkeit junger Maͤnner gefaͤhrdenden Dinge, Perſonen, Einrichtungen, Sitten u. ſ. w. Im guten Verlauf der fruͤheren Erziehung, der hier vor- Denken wir uns nur den kraftvollen Juͤngling! Mark <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0032" n="14"/> <p>Welche Anforderungen ſind in dieſer Beziehung an eine<lb/> Hochſchule zu machen? Wir nennen die weſentlichſten Stuͤcke.</p><lb/> <list> <item>1) <hi rendition="#g">Zuerſt negativ: Wegraͤumung aller die Sitt-<lb/> lichkeit junger Maͤnner gefaͤhrdenden Dinge,<lb/> Perſonen, Einrichtungen, Sitten u. ſ. w.</hi></item> </list><lb/> <p>Im guten Verlauf der fruͤheren Erziehung, der hier vor-<lb/> ausgeſetzt werden muß, iſt der zur Univerſitaͤt abgehende Juͤng-<lb/> ling von ſeinen Eltern und auf dem Gymnaſien behuͤtet und<lb/> bewacht worden. Als ein reiner Juͤngling wird er von allen<lb/> Seiten mit Segenswuͤnſchen entlaſſen. Hoch ſchlaͤgt beim Ab-<lb/> ſchiede dem Vater, der Mutter das Herz und Thraͤnen fuͤllen<lb/> das Auge. Wird der behuͤtete, reine, edle Menſch aus dem<lb/> verſuchungsvollen Leben eben ſo rein und lauter zuruͤckkommen?<lb/> Oder — oder? Gewiß, es iſt erklaͤrlich, treue Eltern entlaſ-<lb/> ſen mit Zittern und Zagen den Liebling des Herzens. Acht-<lb/> zehn und mehr Jahre der treuen Sorgfalt und unendlicher<lb/> Muͤhen, die ſchoͤne Ausſicht fuͤr den Mittag oder Abend ihres<lb/> Lebens — vielleicht ſehen ſie Alles verſinken, und was bis<lb/> dahin ihnen roth und gruͤn erſchien, verwandelt ſich in Nacht<lb/> und Graus. Schwarz ſteht die Moͤglichkeit vor den Augen<lb/> der Eltern: unſer Sohn kann ein <hi rendition="#g">Wuͤſtling</hi> werden. Die<lb/> Leidenſchaften werden ihn ergreifen, boͤſes Beiſpiel ihn ver-<lb/> locken, die graſſirenden Vorurtheile von Ehre ſich ſeiner be-<lb/> meiſtern, ſein Koͤrper wird durch wildes Leben verwuͤſtet, ſeine<lb/> Seele vergiftet werden. Es iſt entſetzlich, aber es iſt wahr!</p><lb/> <p>Denken wir uns nur den kraftvollen Juͤngling! Mark<lb/> und Saft in den Knochen, Lebhaftigkeit der Phantaſie, gluͤ-<lb/> hend erwachende, fruͤher ungekannte Triebe, aufſtrebender<lb/> Sinn, der Beſitz aͤußerer Mittel aller Art, die goldene Frei-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0032]
Welche Anforderungen ſind in dieſer Beziehung an eine
Hochſchule zu machen? Wir nennen die weſentlichſten Stuͤcke.
1) Zuerſt negativ: Wegraͤumung aller die Sitt-
lichkeit junger Maͤnner gefaͤhrdenden Dinge,
Perſonen, Einrichtungen, Sitten u. ſ. w.
Im guten Verlauf der fruͤheren Erziehung, der hier vor-
ausgeſetzt werden muß, iſt der zur Univerſitaͤt abgehende Juͤng-
ling von ſeinen Eltern und auf dem Gymnaſien behuͤtet und
bewacht worden. Als ein reiner Juͤngling wird er von allen
Seiten mit Segenswuͤnſchen entlaſſen. Hoch ſchlaͤgt beim Ab-
ſchiede dem Vater, der Mutter das Herz und Thraͤnen fuͤllen
das Auge. Wird der behuͤtete, reine, edle Menſch aus dem
verſuchungsvollen Leben eben ſo rein und lauter zuruͤckkommen?
Oder — oder? Gewiß, es iſt erklaͤrlich, treue Eltern entlaſ-
ſen mit Zittern und Zagen den Liebling des Herzens. Acht-
zehn und mehr Jahre der treuen Sorgfalt und unendlicher
Muͤhen, die ſchoͤne Ausſicht fuͤr den Mittag oder Abend ihres
Lebens — vielleicht ſehen ſie Alles verſinken, und was bis
dahin ihnen roth und gruͤn erſchien, verwandelt ſich in Nacht
und Graus. Schwarz ſteht die Moͤglichkeit vor den Augen
der Eltern: unſer Sohn kann ein Wuͤſtling werden. Die
Leidenſchaften werden ihn ergreifen, boͤſes Beiſpiel ihn ver-
locken, die graſſirenden Vorurtheile von Ehre ſich ſeiner be-
meiſtern, ſein Koͤrper wird durch wildes Leben verwuͤſtet, ſeine
Seele vergiftet werden. Es iſt entſetzlich, aber es iſt wahr!
Denken wir uns nur den kraftvollen Juͤngling! Mark
und Saft in den Knochen, Lebhaftigkeit der Phantaſie, gluͤ-
hend erwachende, fruͤher ungekannte Triebe, aufſtrebender
Sinn, der Beſitz aͤußerer Mittel aller Art, die goldene Frei-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |