Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

Bild:
<< vorherige Seite

Wann sie aßen, und war windig; mußte allezeit einer die Back, das war eine hölzerne, große Schüssel, halten. Sie lagen alle an der platten Erde; mußte jeder seinen holzen Löffel bei sich tragen; denn sie alles mit der Hand oder Löffel essen und wenig Messer gebrauchen. Wann nun die Back bald aus, und der sie für das Schwanken des Schiffs gehalten, stehet, daß seine Portion gnug, schreiet er: "Lentz, lentz!" - Da hören sie alle auf einmal auf.

Kommen ohne Gebet, und gehen ohne Gebet weg. Außer, des Abends gerufen und geläutet wird zum Gebet. Und da muß jeder herzu, oder wird gestraft. Des Morgens geschiehet solches auch. Darnach wird zum Essen gerufen. Der Beter oder Kommandierer oder der Meister halten das Gebet und wird Sonn- und Festtages das Evangelium sambt der Auslegung deutlich vorgelesen.

Nun habe ich öfters bei mir erwogen, daß es dem allmächtigen GOtt gefällig, daß Er auf der Erden nicht allein, sondern auch im wilden, wüsten Meer mit Menschenzungen gelobet und gepreiset, sein heiliger Name angerufen und verherrlichet werde, welches wahrhaftig mit solcher Inbrunst und Andacht geschiehet, als wohl nicht auf der Erde; weil die Not öfters sehr groß und ihnen allen der Tod alle Augenblick unter so vieler Gefahr gedräuet wird. Hier hat David schon von im Psalm gesungen: "Herr Zebaoth, die Himmel und das Meer loben Dich und preisen Deine große Güte, Du schaffest sichere Wege im Meer ec."

Jawohl, sichere Wege! Denn die Schiffer und Steuerleute durch ihre Instrumenten, die Höhe der Sonnen, die Landkarten, den Kompaß und Grundlot gar eigentlich wissen, wo sie sind und wo sie fahren sollen. Ich bin mit dem Steuermann wohl drangewesen; und wollte mir's lernen; aber die Kunst war mir zu weitläuftig.

Und hatte sonst zu thun gnug mit den Leuten, mit

Wann sie aßen, und war windig; mußte allezeit einer die Back, das war eine hölzerne, große Schüssel, halten. Sie lagen alle an der platten Erde; mußte jeder seinen holzen Löffel bei sich tragen; denn sie alles mit der Hand oder Löffel essen und wenig Messer gebrauchen. Wann nun die Back bald aus, und der sie für das Schwanken des Schiffs gehalten, stehet, daß seine Portion gnug, schreiet er: „Lentz, lentz!“ – Da hören sie alle auf einmal auf.

Kommen ohne Gebet, und gehen ohne Gebet weg. Außer, des Abends gerufen und geläutet wird zum Gebet. Und da muß jeder herzu, oder wird gestraft. Des Morgens geschiehet solches auch. Darnach wird zum Essen gerufen. Der Beter oder Kommandierer oder der Meister halten das Gebet und wird Sonn- und Festtages das Evangelium sambt der Auslegung deutlich vorgelesen.

Nun habe ich öfters bei mir erwogen, daß es dem allmächtigen GOtt gefällig, daß Er auf der Erden nicht allein, sondern auch im wilden, wüsten Meer mit Menschenzungen gelobet und gepreiset, sein heiliger Name angerufen und verherrlichet werde, welches wahrhaftig mit solcher Inbrunst und Andacht geschiehet, als wohl nicht auf der Erde; weil die Not öfters sehr groß und ihnen allen der Tod alle Augenblick unter so vieler Gefahr gedräuet wird. Hier hat David schon von im Psalm gesungen: „Herr Zebaoth, die Himmel und das Meer loben Dich und preisen Deine große Güte, Du schaffest sichere Wege im Meer ec.“

Jawohl, sichere Wege! Denn die Schiffer und Steuerleute durch ihre Instrumenten, die Höhe der Sonnen, die Landkarten, den Kompaß und Grundlot gar eigentlich wissen, wo sie sind und wo sie fahren sollen. Ich bin mit dem Steuermann wohl drangewesen; und wollte mir’s lernen; aber die Kunst war mir zu weitläuftig.

Und hatte sonst zu thun gnug mit den Leuten, mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <pb facs="#f0137"/>
          <p>Wann sie aßen, und war windig; mußte allezeit einer die Back, das war eine hölzerne, große Schüssel, halten. Sie lagen alle an der platten Erde; mußte jeder seinen holzen Löffel bei sich tragen; denn sie alles mit der Hand oder Löffel essen und wenig Messer gebrauchen. Wann nun die Back bald aus, und der sie für das Schwanken des Schiffs gehalten, stehet, daß seine Portion gnug, schreiet er: &#x201E;Lentz, lentz!&#x201C; &#x2013; Da hören sie alle auf einmal auf.</p>
          <p>Kommen ohne Gebet, und gehen ohne Gebet weg. Außer, des Abends gerufen und geläutet wird zum Gebet. Und da muß jeder herzu, oder wird gestraft. Des Morgens geschiehet solches auch. Darnach wird zum Essen gerufen. Der Beter oder Kommandierer oder der Meister halten das Gebet und wird Sonn- und Festtages das Evangelium sambt der Auslegung deutlich vorgelesen.</p>
          <p>Nun habe ich öfters bei mir erwogen, daß es dem allmächtigen GOtt gefällig, daß Er auf der Erden nicht allein, sondern auch im wilden, wüsten Meer mit Menschenzungen gelobet und gepreiset, sein heiliger Name angerufen und verherrlichet werde, welches wahrhaftig mit solcher Inbrunst und Andacht geschiehet, als wohl nicht auf der Erde; weil die Not öfters sehr groß und ihnen allen der Tod alle Augenblick unter so vieler Gefahr gedräuet wird. Hier hat David schon von im Psalm gesungen: &#x201E;Herr Zebaoth, die Himmel und das Meer loben Dich und preisen Deine große Güte, Du schaffest sichere Wege im Meer ec.&#x201C;</p>
          <p>Jawohl, sichere Wege! Denn die Schiffer und Steuerleute durch ihre Instrumenten, die Höhe der Sonnen, die Landkarten, den Kompaß und Grundlot gar eigentlich wissen, wo sie sind und wo sie fahren sollen. Ich bin mit dem Steuermann wohl drangewesen; und wollte mir&#x2019;s lernen; aber die Kunst war mir zu weitläuftig.</p>
          <p>Und hatte sonst zu thun gnug mit den Leuten, mit
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0137] Wann sie aßen, und war windig; mußte allezeit einer die Back, das war eine hölzerne, große Schüssel, halten. Sie lagen alle an der platten Erde; mußte jeder seinen holzen Löffel bei sich tragen; denn sie alles mit der Hand oder Löffel essen und wenig Messer gebrauchen. Wann nun die Back bald aus, und der sie für das Schwanken des Schiffs gehalten, stehet, daß seine Portion gnug, schreiet er: „Lentz, lentz!“ – Da hören sie alle auf einmal auf. Kommen ohne Gebet, und gehen ohne Gebet weg. Außer, des Abends gerufen und geläutet wird zum Gebet. Und da muß jeder herzu, oder wird gestraft. Des Morgens geschiehet solches auch. Darnach wird zum Essen gerufen. Der Beter oder Kommandierer oder der Meister halten das Gebet und wird Sonn- und Festtages das Evangelium sambt der Auslegung deutlich vorgelesen. Nun habe ich öfters bei mir erwogen, daß es dem allmächtigen GOtt gefällig, daß Er auf der Erden nicht allein, sondern auch im wilden, wüsten Meer mit Menschenzungen gelobet und gepreiset, sein heiliger Name angerufen und verherrlichet werde, welches wahrhaftig mit solcher Inbrunst und Andacht geschiehet, als wohl nicht auf der Erde; weil die Not öfters sehr groß und ihnen allen der Tod alle Augenblick unter so vieler Gefahr gedräuet wird. Hier hat David schon von im Psalm gesungen: „Herr Zebaoth, die Himmel und das Meer loben Dich und preisen Deine große Güte, Du schaffest sichere Wege im Meer ec.“ Jawohl, sichere Wege! Denn die Schiffer und Steuerleute durch ihre Instrumenten, die Höhe der Sonnen, die Landkarten, den Kompaß und Grundlot gar eigentlich wissen, wo sie sind und wo sie fahren sollen. Ich bin mit dem Steuermann wohl drangewesen; und wollte mir’s lernen; aber die Kunst war mir zu weitläuftig. Und hatte sonst zu thun gnug mit den Leuten, mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Projekt Gutenberg-DE: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frank Wiegand: Bearbeitung der digitalen Edition (2012-09-04T07:11:29Z)
Frederike Neuber: Überarbeitung der digitalen Edition (2014-01-10T14:11:29Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/137
Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/137>, abgerufen am 24.11.2024.