Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

Bild:
<< vorherige Seite

die hundert Thaler dazu nehmen, welche meine seelige Großmutter mir vermacht, und er so lange selbige genutzt und keine Intresse davon geben dürfen." - Auf welche Vorstellung der Vater sehr böse gethan; durchaus es nicht gewollt. Durch der Mutter beweglich Zureden aber es geschehen lassen. Mit Herrn Schobern, dem Vetter, auf siebenzig Thaler accordieret, so ich auch ins Erbe conferieren müssen.

Von meiner Lehre

Ueber einige Tage mußte ich ausziehen, und zwar allein zum Barbier-Herrn gehen, und es vierzehen Tage versuchen. So mir alles wohlgefiel, indem man gemeiniglich die Versucher karessieret und ihnen allen Willen läßet. So ging's mir auch. Kurz, ich resolvierete: beständig dabei zu bleiben, es möchte gehen, wie es wolle.

Wurde bei Herrn Georg Schobern anno 1681 (von welchem ich hernach seine Tochter geheiratet) aufgedinget. Anfangs ging es gut, obgleich bei der damaligen wohlfeilen Zeit, - ein Scheffel Korn sieben Groschen galt - schmal gnug, alle morgen mit ein Stücklein eitel Brot abgespeiset, und Kofent oder Wasser trinken mußte; so ich zu Hause nicht gewohnet war.

Mit dem Barbieren ging es anfangs schwer her, maßen ich einsmals einen Bauer ins Kinn geschnitten, und darüber eine Maulschelle bekam, daß ich wohl vier Wochen taub davon gewesen. Der Ochsenziemer hielt auch nicht feste an der Handquehle, bei welcher ich auf einem kleinen Lädchen pflegte zu sitzen. Ich verkettelte selbigen immer auf eine Vorsorge, daß ich entfliehen konnte, ehe er solchen losbekam.

Einsmals, abends, spielete mein Herr mit einem Advokaten Weiseken im Brett, weil ich aber den Tag im Garten

die hundert Thaler dazu nehmen, welche meine seelige Großmutter mir vermacht, und er so lange selbige genutzt und keine Intresse davon geben dürfen.“ – Auf welche Vorstellung der Vater sehr böse gethan; durchaus es nicht gewollt. Durch der Mutter beweglich Zureden aber es geschehen lassen. Mit Herrn Schobern, dem Vetter, auf siebenzig Thaler accordieret, so ich auch ins Erbe conferieren müssen.

Von meiner Lehre

Ueber einige Tage mußte ich ausziehen, und zwar allein zum Barbier-Herrn gehen, und es vierzehen Tage versuchen. So mir alles wohlgefiel, indem man gemeiniglich die Versucher karessieret und ihnen allen Willen läßet. So ging’s mir auch. Kurz, ich resolvierete: beständig dabei zu bleiben, es möchte gehen, wie es wolle.

Wurde bei Herrn Georg Schobern anno 1681 (von welchem ich hernach seine Tochter geheiratet) aufgedinget. Anfangs ging es gut, obgleich bei der damaligen wohlfeilen Zeit, – ein Scheffel Korn sieben Groschen galt – schmal gnug, alle morgen mit ein Stücklein eitel Brot abgespeiset, und Kofent oder Wasser trinken mußte; so ich zu Hause nicht gewohnet war.

Mit dem Barbieren ging es anfangs schwer her, maßen ich einsmals einen Bauer ins Kinn geschnitten, und darüber eine Maulschelle bekam, daß ich wohl vier Wochen taub davon gewesen. Der Ochsenziemer hielt auch nicht feste an der Handquehle, bei welcher ich auf einem kleinen Lädchen pflegte zu sitzen. Ich verkettelte selbigen immer auf eine Vorsorge, daß ich entfliehen konnte, ehe er solchen losbekam.

Einsmals, abends, spielete mein Herr mit einem Advokaten Weiseken im Brett, weil ich aber den Tag im Garten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0024"/>
die hundert Thaler dazu nehmen, welche meine seelige Großmutter mir vermacht, und er so lange selbige genutzt und keine Intresse davon geben dürfen.&#x201C; &#x2013; Auf welche Vorstellung der Vater sehr böse gethan; durchaus es nicht gewollt. Durch der Mutter beweglich Zureden aber es geschehen lassen. Mit Herrn Schobern, dem Vetter, auf siebenzig Thaler accordieret, so ich auch ins Erbe conferieren müssen.</p>
        </div>
        <div n="1">
          <head>Von meiner Lehre</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">U</hi>eber einige Tage mußte ich ausziehen, und zwar allein zum Barbier-Herrn gehen, und es vierzehen Tage versuchen. So mir alles wohlgefiel, indem man gemeiniglich die Versucher karessieret und ihnen allen Willen läßet. So ging&#x2019;s mir auch. Kurz, ich resolvierete: beständig dabei zu bleiben, es möchte gehen, wie es wolle.</p>
          <p>Wurde bei Herrn Georg Schobern <hi rendition="#aq">anno</hi> 1681 (von welchem ich hernach seine Tochter geheiratet) aufgedinget. Anfangs ging es gut, obgleich bei der damaligen wohlfeilen Zeit, &#x2013; ein Scheffel Korn sieben Groschen galt &#x2013; schmal gnug, alle morgen mit ein Stücklein eitel Brot abgespeiset, und Kofent oder Wasser trinken mußte; so ich zu Hause nicht gewohnet war.</p>
          <p>Mit dem Barbieren ging es anfangs schwer her, maßen ich einsmals einen Bauer ins Kinn geschnitten, und darüber eine Maulschelle bekam, daß ich wohl vier Wochen taub davon gewesen. Der Ochsenziemer hielt auch nicht feste an der Handquehle, bei welcher ich auf einem kleinen Lädchen pflegte zu sitzen. Ich verkettelte selbigen immer auf eine Vorsorge, daß ich entfliehen konnte, ehe er solchen losbekam.</p>
          <p>Einsmals, abends, spielete mein Herr mit einem Advokaten Weiseken im Brett, weil ich aber den Tag im Garten
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0024] die hundert Thaler dazu nehmen, welche meine seelige Großmutter mir vermacht, und er so lange selbige genutzt und keine Intresse davon geben dürfen.“ – Auf welche Vorstellung der Vater sehr böse gethan; durchaus es nicht gewollt. Durch der Mutter beweglich Zureden aber es geschehen lassen. Mit Herrn Schobern, dem Vetter, auf siebenzig Thaler accordieret, so ich auch ins Erbe conferieren müssen. Von meiner Lehre Ueber einige Tage mußte ich ausziehen, und zwar allein zum Barbier-Herrn gehen, und es vierzehen Tage versuchen. So mir alles wohlgefiel, indem man gemeiniglich die Versucher karessieret und ihnen allen Willen läßet. So ging’s mir auch. Kurz, ich resolvierete: beständig dabei zu bleiben, es möchte gehen, wie es wolle. Wurde bei Herrn Georg Schobern anno 1681 (von welchem ich hernach seine Tochter geheiratet) aufgedinget. Anfangs ging es gut, obgleich bei der damaligen wohlfeilen Zeit, – ein Scheffel Korn sieben Groschen galt – schmal gnug, alle morgen mit ein Stücklein eitel Brot abgespeiset, und Kofent oder Wasser trinken mußte; so ich zu Hause nicht gewohnet war. Mit dem Barbieren ging es anfangs schwer her, maßen ich einsmals einen Bauer ins Kinn geschnitten, und darüber eine Maulschelle bekam, daß ich wohl vier Wochen taub davon gewesen. Der Ochsenziemer hielt auch nicht feste an der Handquehle, bei welcher ich auf einem kleinen Lädchen pflegte zu sitzen. Ich verkettelte selbigen immer auf eine Vorsorge, daß ich entfliehen konnte, ehe er solchen losbekam. Einsmals, abends, spielete mein Herr mit einem Advokaten Weiseken im Brett, weil ich aber den Tag im Garten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Projekt Gutenberg-DE: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frank Wiegand: Bearbeitung der digitalen Edition (2012-09-04T07:11:29Z)
Frederike Neuber: Überarbeitung der digitalen Edition (2014-01-10T14:11:29Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/24
Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/24>, abgerufen am 23.11.2024.