Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.Das that ich an einem Donnerstage umb acht Uhr. Eben, als die Leute und meine Frau in die Kirche gingen, legte ich das Geld, ihr'n Lohn, aufn Tisch und sagte ihr: "Weil ihr mir kein gut thut, da ist euer Lohn und gehet!" - "Ich - - auf euer Geld; ich will meine Zeit ausdienen!" - Der Zorn übereilete mich auf diese grobe Rede: "Was darfestu, Hure, auf mein Geld - - ?" schlug sie damit aufs Maul, daß ihr davon die Nase blutete. Mit welchem Blut sie sich nicht allein über und über beschmierete, daß sie wie ein graß Teufel aussähe, sondern auch heftig schreiete. Meine Frau schrie ihr zu: "Hurre, loff so zum Rathsmeister!" Trat auch auf die Gasse, da die Leute stehen blieben: "Sehet, was das vor ein Mann! wie hat er das Mensch mörderlich zugericht ec." Die Magd wollte auf dies Geheiß fortreißen, und ich wollte sie so nicht gehen lassen. Das war also ein Geziehe und Gereiße lange rum. Bis die Magd doch loskam und hinten, durch das neue Gebäude, zu seeligem Herrn Rathsmeister Knorren ins Haus lief und mich heulend anklagete. Als er sie aber sahe, meint der gute Mann: der Hals wäre ab. Rief: "Gehet, gehet! laßt euch verbinden!" - Ich ging auch gleich hin zu ihm und stellete die eigentliche Beschaffenheit der Sache vor. - Aber, da war kein Gehör: "Fort, fort mit euch; ich kenn euch schon!" - So schwarz war ich von meiner Frau und den Ihren bei ihm gemacht! - Ich sagte: "Wie können sie mich verdammen, ehe sie mich hören?" - "Nun, sagte er, so saget." - Ich repetierte die ganze Sache, wie sie mir begegnet, und ihr nur die Nase blutete; denn sie wäre eine böse, vollblütige Hure und wär schwanger. - "Kombt nach der Predigt vor die Rathsstube", sagte er. Ich that das. Da ließen sie mich stehen, bis's bald zwölf war. Aber die Glocke war schon über mir gegossen. Das that ich an einem Donnerstage umb acht Uhr. Eben, als die Leute und meine Frau in die Kirche gingen, legte ich das Geld, ihr’n Lohn, aufn Tisch und sagte ihr: „Weil ihr mir kein gut thut, da ist euer Lohn und gehet!“ – „Ich – – auf euer Geld; ich will meine Zeit ausdienen!“ – Der Zorn übereilete mich auf diese grobe Rede: „Was darfestu, Hure, auf mein Geld – – ?“ schlug sie damit aufs Maul, daß ihr davon die Nase blutete. Mit welchem Blut sie sich nicht allein über und über beschmierete, daß sie wie ein graß Teufel aussähe, sondern auch heftig schreiete. Meine Frau schrie ihr zu: „Hurre, loff so zum Rathsmeister!“ Trat auch auf die Gasse, da die Leute stehen blieben: „Sehet, was das vor ein Mann! wie hat er das Mensch mörderlich zugericht ec.“ Die Magd wollte auf dies Geheiß fortreißen, und ich wollte sie so nicht gehen lassen. Das war also ein Geziehe und Gereiße lange rum. Bis die Magd doch loskam und hinten, durch das neue Gebäude, zu seeligem Herrn Rathsmeister Knorren ins Haus lief und mich heulend anklagete. Als er sie aber sahe, meint der gute Mann: der Hals wäre ab. Rief: „Gehet, gehet! laßt euch verbinden!“ – Ich ging auch gleich hin zu ihm und stellete die eigentliche Beschaffenheit der Sache vor. – Aber, da war kein Gehör: „Fort, fort mit euch; ich kenn euch schon!“ – So schwarz war ich von meiner Frau und den Ihren bei ihm gemacht! – Ich sagte: „Wie können sie mich verdammen, ehe sie mich hören?“ – „Nun, sagte er, so saget.“ – Ich repetierte die ganze Sache, wie sie mir begegnet, und ihr nur die Nase blutete; denn sie wäre eine böse, vollblütige Hure und wär schwanger. – „Kombt nach der Predigt vor die Rathsstube“, sagte er. Ich that das. Da ließen sie mich stehen, bis’s bald zwölf war. Aber die Glocke war schon über mir gegossen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <pb facs="#f0258"/> <p>Das that ich an einem Donnerstage umb acht Uhr. Eben, als die Leute und meine Frau in die Kirche gingen, legte ich das Geld, ihr’n Lohn, aufn Tisch und sagte ihr: „Weil ihr mir kein gut thut, da ist euer Lohn und gehet!“ – „Ich – – auf euer Geld; ich will meine Zeit ausdienen!“ – Der Zorn übereilete mich auf diese grobe Rede: „Was darfestu, Hure, auf mein Geld – – ?“ schlug sie damit aufs Maul, daß ihr davon die Nase blutete. Mit welchem Blut sie sich nicht allein über und über beschmierete, daß sie wie ein graß Teufel aussähe, sondern auch heftig schreiete.</p> <p>Meine Frau schrie ihr zu: „Hurre, loff so zum Rathsmeister!“ Trat auch auf die Gasse, da die Leute stehen blieben: „Sehet, was das vor ein Mann! wie hat er das Mensch mörderlich zugericht ec.“</p> <p>Die Magd wollte auf dies Geheiß fortreißen, und ich wollte sie so nicht gehen lassen. Das war also ein Geziehe und Gereiße lange rum. Bis die Magd doch loskam und hinten, durch das neue Gebäude, zu seeligem Herrn Rathsmeister Knorren ins Haus lief und mich heulend anklagete.</p> <p>Als er sie aber sahe, meint der gute Mann: der Hals wäre ab. Rief: „Gehet, gehet! laßt euch verbinden!“ – Ich ging auch gleich hin zu ihm und stellete die eigentliche Beschaffenheit der Sache vor. – Aber, da war kein Gehör: „Fort, fort mit euch; ich kenn euch schon!“ – So schwarz war ich von meiner Frau und den Ihren bei ihm gemacht! – Ich sagte: „Wie können sie mich verdammen, ehe sie mich hören?“ – „Nun, sagte er, so saget.“ – Ich repetierte die ganze Sache, wie sie mir begegnet, und ihr nur die Nase blutete; denn sie wäre eine böse, vollblütige Hure und wär schwanger. – „Kombt nach der Predigt vor die Rathsstube“, sagte er.</p> <p>Ich that das. Da ließen sie mich stehen, bis’s bald zwölf war. Aber die Glocke war schon über mir gegossen. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0258]
Das that ich an einem Donnerstage umb acht Uhr. Eben, als die Leute und meine Frau in die Kirche gingen, legte ich das Geld, ihr’n Lohn, aufn Tisch und sagte ihr: „Weil ihr mir kein gut thut, da ist euer Lohn und gehet!“ – „Ich – – auf euer Geld; ich will meine Zeit ausdienen!“ – Der Zorn übereilete mich auf diese grobe Rede: „Was darfestu, Hure, auf mein Geld – – ?“ schlug sie damit aufs Maul, daß ihr davon die Nase blutete. Mit welchem Blut sie sich nicht allein über und über beschmierete, daß sie wie ein graß Teufel aussähe, sondern auch heftig schreiete.
Meine Frau schrie ihr zu: „Hurre, loff so zum Rathsmeister!“ Trat auch auf die Gasse, da die Leute stehen blieben: „Sehet, was das vor ein Mann! wie hat er das Mensch mörderlich zugericht ec.“
Die Magd wollte auf dies Geheiß fortreißen, und ich wollte sie so nicht gehen lassen. Das war also ein Geziehe und Gereiße lange rum. Bis die Magd doch loskam und hinten, durch das neue Gebäude, zu seeligem Herrn Rathsmeister Knorren ins Haus lief und mich heulend anklagete.
Als er sie aber sahe, meint der gute Mann: der Hals wäre ab. Rief: „Gehet, gehet! laßt euch verbinden!“ – Ich ging auch gleich hin zu ihm und stellete die eigentliche Beschaffenheit der Sache vor. – Aber, da war kein Gehör: „Fort, fort mit euch; ich kenn euch schon!“ – So schwarz war ich von meiner Frau und den Ihren bei ihm gemacht! – Ich sagte: „Wie können sie mich verdammen, ehe sie mich hören?“ – „Nun, sagte er, so saget.“ – Ich repetierte die ganze Sache, wie sie mir begegnet, und ihr nur die Nase blutete; denn sie wäre eine böse, vollblütige Hure und wär schwanger. – „Kombt nach der Predigt vor die Rathsstube“, sagte er.
Ich that das. Da ließen sie mich stehen, bis’s bald zwölf war. Aber die Glocke war schon über mir gegossen.
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