Dilthey, Wilhelm: Einleitung in die Geisteswissenschaften. Versuch einer Grundlegung für das Studium der Gesellschaft und der Geschichte. Bd. 1. Leipzig, 1883.Parmenides. Diese Sätze enthalten allerdings das Denkgesetz des Wider- Und so sind diese Sätze einerseits die zureichende Grund- Diese in den oben angegebenen Sätzen des Parmenides im- aber auch kaum dem Gedanken des Parmenides. Und der Sinn des Aus- spruchs wird sichergestellt durch v. 94 touton desti noein te kai ouneken esti noema und die sich anschließende Begründung. 1) Wir verzeichnen die älteste Fassung dieses Gedankens, welcher für die Naturwissenschaft so wichtig wurde, Parmenides v. 77 (bei Mullach fr. phil. graec. I, 121) tos genesis men apesbestai kai apistos olethros. und v. 69 touneken oute genesthai out ollusthai aneke dike. 13*
Parmenides. Dieſe Sätze enthalten allerdings das Denkgeſetz des Wider- Und ſo ſind dieſe Sätze einerſeits die zureichende Grund- Dieſe in den oben angegebenen Sätzen des Parmenides im- aber auch kaum dem Gedanken des Parmenides. Und der Sinn des Aus- ſpruchs wird ſichergeſtellt durch v. 94 τωὐτὸν δ̕ἐστὶ νοεῖν τε καὶ οὕνεκέν ἐστι νόημα und die ſich anſchließende Begründung. 1) Wir verzeichnen die älteſte Faſſung dieſes Gedankens, welcher für die Naturwiſſenſchaft ſo wichtig wurde, Parmenides v. 77 (bei Mullach fr. phil. graec. I, 121) τὼς γένεσις μὲν ἀπέσβεσται καὶ ἄπιστος ὄλεϑϱος. und v. 69 τοὔνεκεν οὔτε γενέσϑαι οὔτ̕ ὄλλυσϑαι ἀνῆκε δίκη. 13*
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Parmenides.
Dieſe Sätze enthalten allerdings das Denkgeſetz des Wider-
ſpruchs in metaphyſiſcher Faſſung im Keime; aber ihre Tragweite
reicht hierüber hinaus. In ihnen iſt der Befund des Bewußt-
ſeinszuſammenhangs, in welchem mit dem Subjekt das Objekt
untrennbar verbunden iſt und das Objekt den Charakter ſubſtan-
tialer Feſtigkeit beſitzt, in unentwickeltem Tiefſinn ausgeſprochen.
Und ſo ſind dieſe Sätze einerſeits die zureichende Grund-
lage für Wahrheiten, welche nun das griechiſche Denken zu-
nächſt den mathematiſchen hinzufügte und welche den Uebergang
von den letzteren zu einer wiſſenſchaftlichen Betrachtung des Kos-
mos ermöglichten; ſie ſind andrerſeits in der Dunkelheit, in
welcher ſie dem Bewußtſein zuerſt aufgehen, der Ausgangs-
punkt für überſpannte Anforderungen des Denkens
an die allgemeinſten Eigenſchaften des Weltzuſammenhangs.
Dieſe in den oben angegebenen Sätzen des Parmenides im-
plicite enthaltenen Wahrheiten ſind einfach. Die erſte liegt
in der Auffaſſung der Eigenſchaft unſres Bewußtſeinszuſammen-
hangs, welche Ariſtoteles in ſeiner Formel vom Satze des
Widerſpruchs in eine genauer beſtimmte und dadurch halt-
bar gewordene Geſtalt brachte. Die andere liegt in dem phyſiſchen
Satze: es giebt kein Entſtehen und keinen Unter-
gang 1); von dem wahrhaft Seienden iſt Entſtehen und Unter-
gang auszuſchließen; denn aus dem Nichtſeienden kann Sein
nicht entſtehen, da daſſelbe eben nicht iſt, das Seiende aber würde
nichts Anderes als ſich ſelber erzeugen. Auch dieſer Satz hat erſt
ſpäter, zunächſt durch Anaxagoras und Demokrit, eine genauer
eingeſchränkte, haltbare Geſtalt empfangen. Die beiden Sätze, von
der Unbeſtimmtheit und den Uebertreibungen befreit, die ihnen bei
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1) Wir verzeichnen die älteſte Faſſung dieſes Gedankens, welcher für
die Naturwiſſenſchaft ſo wichtig wurde, Parmenides v. 77 (bei Mullach fr.
phil. graec. I, 121) τὼς γένεσις μὲν ἀπέσβεσται καὶ ἄπιστος ὄλεϑϱος.
und v. 69 τοὔνεκεν οὔτε γενέσϑαι οὔτ̕ ὄλλυσϑαι ἀνῆκε δίκη.
2) aber auch kaum dem Gedanken des Parmenides. Und der Sinn des Aus-
ſpruchs wird ſichergeſtellt durch v. 94 τωὐτὸν δ̕ἐστὶ νοεῖν τε καὶ οὕνεκέν
ἐστι νόημα und die ſich anſchließende Begründung.
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