Dilthey, Wilhelm: Die Einbildungskraft des Dichters: Bausteine für eine Poetik. In: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum gewidmet. (= Philosphische Aufsätze, 10.) Leipzig, 1887, S. 303–482.pdi_425.001 pdi_425.011 3. Die Technik des Dichters. pdi_425.012 In den bisherigen Entwicklungen herrschte die Psychologie pdi_425.013 1) pdi_425.033
Diese drei Principien sind von Gustav Freytag in seiner Technik pdi_425.034 des Drama 1863, S. 24 ff. als Regeln des Dramas zusammen mit dem Princip pdi_425.035 der Wahrscheinlichkeit entwickelt worden. pdi_425.001 pdi_425.011 3. Die Technik des Dichters. pdi_425.012 In den bisherigen Entwicklungen herrschte die Psychologie pdi_425.013 1) pdi_425.033
Diese drei Principien sind von Gustav Freytag in seiner Technik pdi_425.034 des Drama 1863, S. 24 ff. als Regeln des Dramas zusammen mit dem Princip pdi_425.035 der Wahrscheinlichkeit entwickelt worden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0127" n="425"/><lb n="pdi_425.001"/> einzelnen Bestandtheile muss zu der Ausdehnung des ganzen <lb n="pdi_425.002"/> Werkes im Verhältniss stehen. So muss die Handlung der Tragödie <lb n="pdi_425.003"/> <hi rendition="#g">Wichtigkeit und Grösse</hi> haben, und selbst das <lb n="pdi_425.004"/> Komische muss im Lustspiel eine andere Wucht haben als in <lb n="pdi_425.005"/> einem Witzblatt oder geselligen Scherz. Die Bestandtheile <lb n="pdi_425.006"/> müssen ferner eine in sich abgegrenzte und <hi rendition="#g">geschlossene <lb n="pdi_425.007"/> Einheit</hi> bilden. Hiervon ist eine Anwendung die berühmte <lb n="pdi_425.008"/> Regel von der Einheit der Handlung im Drama. Endlich müssen <lb n="pdi_425.009"/> die Bestandtheile so geordnet sein, dass eine <hi rendition="#g">Steigerung</hi> ihrer <lb n="pdi_425.010"/> Wirkungskraft bis zuletzt stattfindet<note xml:id="PDI_425_1" place="foot" n="1)"><lb n="pdi_425.033"/> Diese drei Principien sind von Gustav Freytag in seiner Technik <lb n="pdi_425.034"/> des Drama 1863, S. 24 ff. als Regeln des Dramas zusammen mit dem Princip <lb n="pdi_425.035"/> der Wahrscheinlichkeit entwickelt worden.</note>.</p> </div> <div n="2"> <lb n="pdi_425.011"/> <head> <hi rendition="#c">3. <hi rendition="#g">Die Technik des Dichters.</hi></hi> </head> <lb n="pdi_425.012"/> <p> In den bisherigen Entwicklungen herrschte die Psychologie <lb n="pdi_425.013"/> vor. Nachdem nun eine Grundlegung der Poetik gewonnen ist, <lb n="pdi_425.014"/> ändert sich die Methode. Die literarhistorische Empirie hat jetzt <lb n="pdi_425.015"/> die Führung. Sie muss, dem Geiste der modernen Forschung <lb n="pdi_425.016"/> entsprechend, das ganze Gebiet der Dichtung umfassen und gerade <lb n="pdi_425.017"/> bei den Naturvölkern die elementaren Gebilde aufsuchen. <lb n="pdi_425.018"/> Sie muss zwischen diesen Gebilden und Formen Causalverhältnisse <lb n="pdi_425.019"/> herstellen und findet sich dabei überall auf entwicklungsgeschichtliche <lb n="pdi_425.020"/> Auffassung angewiesen. So kann sie die Grenzen <lb n="pdi_425.021"/> der bisherigen Literaturgeschichte nirgend respectiren, sondern <lb n="pdi_425.022"/> muss auf dem weiten Gebiet menschlicher Cultur Erklärungen <lb n="pdi_425.023"/> nehmen, wo sie sie findet. Diese muss sie dann durch die Methode <lb n="pdi_425.024"/> „der wechselseitigen Erhellung“, wie sie Scherer bezeichnet hat, <lb n="pdi_425.025"/> unterstützen und so durch das Nahe und Zugängliche das Zeitferne <lb n="pdi_425.026"/> und Dunkle erleuchten. Sie muss die Vergleichung <lb n="pdi_425.027"/> zur Verallgemeinerung benutzen und Gleichförmigkeiten ableiten. <lb n="pdi_425.028"/> Hierbei wird sie überall von den Ergebnissen der psychologischen <lb n="pdi_425.029"/> Grundlegung getragen und kann in keinem Punkte der psychologischen <lb n="pdi_425.030"/> Erklärung entbehren. Denn eine Poetik ohne Psychologie <lb n="pdi_425.031"/> benutzt eben populäre und unhaltbare Classenbegriffe und <lb n="pdi_425.032"/> Sätze, anstatt der wissenschaftlichen und bewiesenen. Doch fällt </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [425/0127]
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einzelnen Bestandtheile muss zu der Ausdehnung des ganzen pdi_425.002
Werkes im Verhältniss stehen. So muss die Handlung der Tragödie pdi_425.003
Wichtigkeit und Grösse haben, und selbst das pdi_425.004
Komische muss im Lustspiel eine andere Wucht haben als in pdi_425.005
einem Witzblatt oder geselligen Scherz. Die Bestandtheile pdi_425.006
müssen ferner eine in sich abgegrenzte und geschlossene pdi_425.007
Einheit bilden. Hiervon ist eine Anwendung die berühmte pdi_425.008
Regel von der Einheit der Handlung im Drama. Endlich müssen pdi_425.009
die Bestandtheile so geordnet sein, dass eine Steigerung ihrer pdi_425.010
Wirkungskraft bis zuletzt stattfindet 1).
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3. Die Technik des Dichters. pdi_425.012
In den bisherigen Entwicklungen herrschte die Psychologie pdi_425.013
vor. Nachdem nun eine Grundlegung der Poetik gewonnen ist, pdi_425.014
ändert sich die Methode. Die literarhistorische Empirie hat jetzt pdi_425.015
die Führung. Sie muss, dem Geiste der modernen Forschung pdi_425.016
entsprechend, das ganze Gebiet der Dichtung umfassen und gerade pdi_425.017
bei den Naturvölkern die elementaren Gebilde aufsuchen. pdi_425.018
Sie muss zwischen diesen Gebilden und Formen Causalverhältnisse pdi_425.019
herstellen und findet sich dabei überall auf entwicklungsgeschichtliche pdi_425.020
Auffassung angewiesen. So kann sie die Grenzen pdi_425.021
der bisherigen Literaturgeschichte nirgend respectiren, sondern pdi_425.022
muss auf dem weiten Gebiet menschlicher Cultur Erklärungen pdi_425.023
nehmen, wo sie sie findet. Diese muss sie dann durch die Methode pdi_425.024
„der wechselseitigen Erhellung“, wie sie Scherer bezeichnet hat, pdi_425.025
unterstützen und so durch das Nahe und Zugängliche das Zeitferne pdi_425.026
und Dunkle erleuchten. Sie muss die Vergleichung pdi_425.027
zur Verallgemeinerung benutzen und Gleichförmigkeiten ableiten. pdi_425.028
Hierbei wird sie überall von den Ergebnissen der psychologischen pdi_425.029
Grundlegung getragen und kann in keinem Punkte der psychologischen pdi_425.030
Erklärung entbehren. Denn eine Poetik ohne Psychologie pdi_425.031
benutzt eben populäre und unhaltbare Classenbegriffe und pdi_425.032
Sätze, anstatt der wissenschaftlichen und bewiesenen. Doch fällt
1) pdi_425.033
Diese drei Principien sind von Gustav Freytag in seiner Technik pdi_425.034
des Drama 1863, S. 24 ff. als Regeln des Dramas zusammen mit dem Princip pdi_425.035
der Wahrscheinlichkeit entwickelt worden.
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