Dilthey, Wilhelm: Die Einbildungskraft des Dichters: Bausteine für eine Poetik. In: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum gewidmet. (= Philosphische Aufsätze, 10.) Leipzig, 1887, S. 303–482.pdi_362.001 Die Bildungsprocesse, welche unter solchen Umständen unter pdi_362.002 Diese Bildungsvorgänge ermöglichen, in die Ausbildung der pdi_362.019 pdi_362.029 4. Die Gefühlskreise und die aus ihnen stammenden pdi_362.030 pdi_362.031ästhetischen Elementargesetze. Da diese Bildungsvorgänge von dem Spiel der Gefühle pdi_362.032 pdi_362.001 Die Bildungsprocesse, welche unter solchen Umständen unter pdi_362.002 Diese Bildungsvorgänge ermöglichen, in die Ausbildung der pdi_362.019 pdi_362.029 4. Die Gefühlskreise und die aus ihnen stammenden pdi_362.030 pdi_362.031ästhetischen Elementargesetze. Da diese Bildungsvorgänge von dem Spiel der Gefühle pdi_362.032 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0064" n="362"/> <lb n="pdi_362.001"/> <p> Die Bildungsprocesse, welche unter solchen Umständen unter <lb n="pdi_362.002"/> der Einwirkung der Gefühle innerhalb unserer Vorstellungen <lb n="pdi_362.003"/> eintreten, beschreiben ebenfalls einen weit ausgedehnten Kreis. <lb n="pdi_362.004"/> Er reicht von dem Bilde, das der Hypochonder sich von seinem <lb n="pdi_362.005"/> Augenleiden oder der Tiefgekränkte von seinem Quälgeist entwirft, <lb n="pdi_362.006"/> bis zu der Venus von Milo, den Madonnen Raphaels und <lb n="pdi_362.007"/> dem Faust. Hier waltet überall das Grundgesetz, dass Vorstellungen, <lb n="pdi_362.008"/> die von einer Gefühlslage aus geformt sind, wiederum <lb n="pdi_362.009"/> diese regelmässig hervorrufen können. Insbesondere suchen die <lb n="pdi_362.010"/> gesteigerten Gefühlslagen gleichsam eine Entladung in Geberden, <lb n="pdi_362.011"/> Lauten und Vorstellungsverbindungen, die dann als Symbole dieses <lb n="pdi_362.012"/> Gefühlsgehalts im Betrachter oder Hörer das Gefühl wieder anregen. <lb n="pdi_362.013"/> So ruft ein Sinken oder Heben der Stimme, ein bestimmtes <lb n="pdi_362.014"/> Tempo, Wechsel in Stärke oder Tonhöhe oder Geschwindigkeit, <lb n="pdi_362.015"/> wie sie aus der Gefühlslage hervorgehen, auch <lb n="pdi_362.016"/> wieder ein entsprechendes Gefühl hervor; die Schemata entstehen, <lb n="pdi_362.017"/> deren sich die Musik bedient.</p> <lb n="pdi_362.018"/> <p> Diese Bildungsvorgänge ermöglichen, in die Ausbildung der <lb n="pdi_362.019"/> höheren Gefühle, sowohl innerhalb der Individualexistenz als <lb n="pdi_362.020"/> innerhalb der Entwicklung der Menschheit, eine Continuität zu <lb n="pdi_362.021"/> bringen. Auch hier, wie in der Sphäre des Vorstellens und <lb n="pdi_362.022"/> Denkens, vermag die Willensbetheiligung solche Gestaltung der <lb n="pdi_362.023"/> Bilder folgerecht zu vollbringen. So entstehen die festen Formen <lb n="pdi_362.024"/> der Geselligkeit, der Festesfreude und der Kunst. Und auch hier <lb n="pdi_362.025"/> überschreiten die so entstehenden Bilder die Grenze der Wirklichkeit; <lb n="pdi_362.026"/> bezeichnen wir das Vermögen zu solchen Vorgängen in <lb n="pdi_362.027"/> einem Begriff, so ist es die künstlerische, die dichterische Einbildungskraft, <lb n="pdi_362.028"/> welche hier waltet, und sie ist nun unser Problem.</p> </div> <div n="2"> <lb n="pdi_362.029"/> <head> <hi rendition="#c">4. <hi rendition="#g">Die Gefühlskreise und die aus ihnen stammenden <lb n="pdi_362.030"/> ästhetischen Elementargesetze.</hi></hi> </head> <lb n="pdi_362.031"/> <p> Da diese Bildungsvorgänge von dem Spiel der Gefühle <lb n="pdi_362.032"/> aus erwirkt werden, so muss in einer Analyse des Gefühls die <lb n="pdi_362.033"/> Unterlage für ihre Erklärung gesucht werden. Die Bedeutung <lb n="pdi_362.034"/> des Gefühlslebens für das künstlerische Schaffen hat sich nie der <lb n="pdi_362.035"/> Betrachtung entziehen können. Aus der Erfahrung von den </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [362/0064]
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Die Bildungsprocesse, welche unter solchen Umständen unter pdi_362.002
der Einwirkung der Gefühle innerhalb unserer Vorstellungen pdi_362.003
eintreten, beschreiben ebenfalls einen weit ausgedehnten Kreis. pdi_362.004
Er reicht von dem Bilde, das der Hypochonder sich von seinem pdi_362.005
Augenleiden oder der Tiefgekränkte von seinem Quälgeist entwirft, pdi_362.006
bis zu der Venus von Milo, den Madonnen Raphaels und pdi_362.007
dem Faust. Hier waltet überall das Grundgesetz, dass Vorstellungen, pdi_362.008
die von einer Gefühlslage aus geformt sind, wiederum pdi_362.009
diese regelmässig hervorrufen können. Insbesondere suchen die pdi_362.010
gesteigerten Gefühlslagen gleichsam eine Entladung in Geberden, pdi_362.011
Lauten und Vorstellungsverbindungen, die dann als Symbole dieses pdi_362.012
Gefühlsgehalts im Betrachter oder Hörer das Gefühl wieder anregen. pdi_362.013
So ruft ein Sinken oder Heben der Stimme, ein bestimmtes pdi_362.014
Tempo, Wechsel in Stärke oder Tonhöhe oder Geschwindigkeit, pdi_362.015
wie sie aus der Gefühlslage hervorgehen, auch pdi_362.016
wieder ein entsprechendes Gefühl hervor; die Schemata entstehen, pdi_362.017
deren sich die Musik bedient.
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Diese Bildungsvorgänge ermöglichen, in die Ausbildung der pdi_362.019
höheren Gefühle, sowohl innerhalb der Individualexistenz als pdi_362.020
innerhalb der Entwicklung der Menschheit, eine Continuität zu pdi_362.021
bringen. Auch hier, wie in der Sphäre des Vorstellens und pdi_362.022
Denkens, vermag die Willensbetheiligung solche Gestaltung der pdi_362.023
Bilder folgerecht zu vollbringen. So entstehen die festen Formen pdi_362.024
der Geselligkeit, der Festesfreude und der Kunst. Und auch hier pdi_362.025
überschreiten die so entstehenden Bilder die Grenze der Wirklichkeit; pdi_362.026
bezeichnen wir das Vermögen zu solchen Vorgängen in pdi_362.027
einem Begriff, so ist es die künstlerische, die dichterische Einbildungskraft, pdi_362.028
welche hier waltet, und sie ist nun unser Problem.
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4. Die Gefühlskreise und die aus ihnen stammenden pdi_362.030
ästhetischen Elementargesetze. pdi_362.031
Da diese Bildungsvorgänge von dem Spiel der Gefühle pdi_362.032
aus erwirkt werden, so muss in einer Analyse des Gefühls die pdi_362.033
Unterlage für ihre Erklärung gesucht werden. Die Bedeutung pdi_362.034
des Gefühlslebens für das künstlerische Schaffen hat sich nie der pdi_362.035
Betrachtung entziehen können. Aus der Erfahrung von den
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