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Döpler, Jacob: Theatrum poenarum, Suppliciorum Et Executionum Criminalium, Oder Schau-Platz/ Derer Leibes und Lebens-Straffen. Bd. 1. Sonderhausen, 1693.

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ohne Stecken-Schlag; also kan man die Boßheit nicht aus den Knaben bringen sonder der Ruthen.

Quirinus Pegeus, im andern Theil der Kunst-Quelle/ pag. 123.

Willige und wohlgeschlachtete Pferde regieret man mit den Winck und Schatten der Gerten: Denen wiederspenstigen Maulthieren leget man Zäume und Gebisse ins Maul: Den Trägen dienet ein Sporn in die Seiten. Also müssen wohlgeartete Knaben freundlich; die Muthwilligen aber ernstlich gezogen werden. Insgemein ist Salomons Lehr-Spruch allen Völckern zu rathen. Wer sein Kind lieb hat/ der hält es unter der Ruthen! Jedoch muß alles mit Vernunfft/ und zu rechter Zeit geschehen; also daß aus der Ruthen keine Peitschen noch Scorpionen werden/ und unterweilen auch ein Apffel mit unterlauffe. Es nutzet zwar dem Menschen sein Lebenlang/ wenn er in seiner Jugend ein wenig strenge gehalten wird: Aber wie man mit keinen trucknen harten Leimen und Kalck die Steine zusammen füget; sondern solche noth wendig mit einer Feuchtigkeit anmachen/ und erweichen muß/ wenn das Gemäuer bestehen/ und solches Erdreich kleben soll: Also will auch die scharffe Zucht mit Gelindigkeit vermischet seyn/ daferne sie etwas soll bauen. Allzuhart macht hartnec[unleserliches Material]icht nnd verstockt.

XII. Dannenhero kan man nicht loben/ daß die alten Gothen ihren kaum aus der Wiegen gekrochenen Kindern stets Ruthen und Brüste mit einander gereichet/ und ihnen schier so viel Bluts wieder aus der Haut gegeisselt/ als Milch in den Mund gegeben. Die barbarische Leuthe setzten ihre Kinder erstlich in ein gewaltig heisses Bad/ peitschten sie daselbst so lange/ biß das Blut mildiglich von ihnen floß/ und stiessen sie gleich drauf in eißkaltes Wasser mit großer Lebens-Gefahr: Damit also die junge Knäbelein festere Gliedmaßen bekommen/ und so wohl gegen Hitze/ als Frost in der Zeit gehärtet werden möchten. Ihre noch zarte Knaben wurden gleichfals bey den Altaren so unbarmhertzig gepeitschet und geschlagen/ daß ihnen der rothe Schweiß häuffig von den Rippen rieselte/ und mancher Bube offt vor tod liegen blieb. Wiewohl dennoch keiner drüber geschryen/ ja nicht ein mahl geseufftzet/ sondern den Schmertzen in sich gefressen/ und [wie die Nieder-Teutschen zu reden pflegen] in sich gezogen/ gleichwie die Schuhe

ohne Stecken-Schlag; also kan man die Boßheit nicht aus den Knaben bringen sonder der Ruthen.

Quirinus Pegeus, im andern Theil der Kunst-Quelle/ pag. 123.

Willige und wohlgeschlachtete Pferde regieret man mit den Winck und Schatten der Gerten: Denen wiederspenstigen Maulthieren leget man Zäume und Gebisse ins Maul: Den Trägen dienet ein Sporn in die Seiten. Also müssen wohlgeartete Knaben freundlich; die Muthwilligen aber ernstlich gezogen werden. Insgemein ist Salomons Lehr-Spruch allen Völckern zu rathen. Wer sein Kind lieb hat/ der hält es unter der Ruthen! Jedoch muß alles mit Vernunfft/ und zu rechter Zeit geschehen; also daß aus der Ruthen keine Peitschen noch Scorpionen werden/ und unterweilen auch ein Apffel mit unterlauffe. Es nutzet zwar dem Menschen sein Lebenlang/ weñ er in seiner Jugend ein wenig strenge gehalten wird: Aber wie man mit keinen trucknen harten Leimen und Kalck die Steine zusammen füget; sondern solche noth wendig mit einer Feuchtigkeit anmachen/ und erweichen muß/ wenn das Gemäuer bestehen/ und solches Erdreich kleben soll: Also will auch die scharffe Zucht mit Gelindigkeit vermischet seyn/ daferne sie etwas soll bauen. Allzuhart macht hartnec[unleserliches Material]icht nnd verstockt.

XII. Dannenhero kan man nicht loben/ daß die alten Gothen ihren kaum aus der Wiegen gekrochenen Kindern stets Ruthen und Brüste mit einander gereichet/ und ihnen schier so viel Bluts wieder aus der Haut gegeisselt/ als Milch in den Mund gegeben. Die barbarische Leuthe setzten ihre Kinder erstlich in ein gewaltig heisses Bad/ peitschten sie daselbst so lange/ biß das Blut mildiglich von ihnen floß/ und stiessen sie gleich drauf in eißkaltes Wasser mit großer Lebens-Gefahr: Damit also die junge Knäbelein festere Gliedmaßen bekommen/ und so wohl gegen Hitze/ als Frost in der Zeit gehärtet werden möchten. Ihre noch zarte Knaben wurden gleichfals bey den Altaren so unbarmhertzig gepeitschet und geschlagen/ daß ihnen der rothe Schweiß häuffig von den Rippen rieselte/ und mancher Bube offt vor tod liegen blieb. Wiewohl dennoch keiner drüber geschryen/ ja nicht ein mahl geseufftzet/ sondern den Schmertzen in sich gefressen/ und [wie die Nieder-Teutschen zu reden pflegen] in sich gezogen/ gleichwie die Schuhe

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[735/0751] ohne Stecken-Schlag; also kan man die Boßheit nicht aus den Knaben bringen sonder der Ruthen. Quirinus Pegeus, im andern Theil der Kunst-Quelle/ pag. 123. Willige und wohlgeschlachtete Pferde regieret man mit den Winck und Schatten der Gerten: Denen wiederspenstigen Maulthieren leget man Zäume und Gebisse ins Maul: Den Trägen dienet ein Sporn in die Seiten. Also müssen wohlgeartete Knaben freundlich; die Muthwilligen aber ernstlich gezogen werden. Insgemein ist Salomons Lehr-Spruch allen Völckern zu rathen. Wer sein Kind lieb hat/ der hält es unter der Ruthen! Jedoch muß alles mit Vernunfft/ und zu rechter Zeit geschehen; also daß aus der Ruthen keine Peitschen noch Scorpionen werden/ und unterweilen auch ein Apffel mit unterlauffe. Es nutzet zwar dem Menschen sein Lebenlang/ weñ er in seiner Jugend ein wenig strenge gehalten wird: Aber wie man mit keinen trucknen harten Leimen und Kalck die Steine zusammen füget; sondern solche noth wendig mit einer Feuchtigkeit anmachen/ und erweichen muß/ wenn das Gemäuer bestehen/ und solches Erdreich kleben soll: Also will auch die scharffe Zucht mit Gelindigkeit vermischet seyn/ daferne sie etwas soll bauen. Allzuhart macht hartnec_ icht nnd verstockt. XII. Dannenhero kan man nicht loben/ daß die alten Gothen ihren kaum aus der Wiegen gekrochenen Kindern stets Ruthen und Brüste mit einander gereichet/ und ihnen schier so viel Bluts wieder aus der Haut gegeisselt/ als Milch in den Mund gegeben. Die barbarische Leuthe setzten ihre Kinder erstlich in ein gewaltig heisses Bad/ peitschten sie daselbst so lange/ biß das Blut mildiglich von ihnen floß/ und stiessen sie gleich drauf in eißkaltes Wasser mit großer Lebens-Gefahr: Damit also die junge Knäbelein festere Gliedmaßen bekommen/ und so wohl gegen Hitze/ als Frost in der Zeit gehärtet werden möchten. Ihre noch zarte Knaben wurden gleichfals bey den Altaren so unbarmhertzig gepeitschet und geschlagen/ daß ihnen der rothe Schweiß häuffig von den Rippen rieselte/ und mancher Bube offt vor tod liegen blieb. Wiewohl dennoch keiner drüber geschryen/ ja nicht ein mahl geseufftzet/ sondern den Schmertzen in sich gefressen/ und [wie die Nieder-Teutschen zu reden pflegen] in sich gezogen/ gleichwie die Schuhe

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Zitationshilfe: Döpler, Jacob: Theatrum poenarum, Suppliciorum Et Executionum Criminalium, Oder Schau-Platz/ Derer Leibes und Lebens-Straffen. Bd. 1. Sonderhausen, 1693, S. 735. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/doepler_theatrum01_1693/751>, abgerufen am 22.11.2024.