andern lieb und werth einen edlen Jüngling in der Stadt/ mit Nahmen Harmodium, diesem Harmodio hatte Hipparchus etliche mahl unerbare Sachen zugemuthet/ unterstund sich auch/ seiner mit Gewalt zumisbrauchen. Daher sie beyde bewegt wurden/ weil ohne dem Hipparchus zu Athen sehr verhaßt wahr/ ihm nach dem Leben zustellen/ welches ihnen auch gerieth/ daß sie den Tyrannen ümbrachten/ wurden aber von den Trabanten/ und des Entleibten Bruder/ Hippia, ergriffen und hingerichtet. Nun hatte Harmodius eine Beyschläferin/ Leaena genant/ die ward auch eingezogen/ und weil sie nicht auf ihren Bulen bekennen wolte/ härtiglich gevoltert. Damit sie aber ja nichts sagen könte/ was Harmodio, und andern ihren Bulen nachtheilig wäre / biße sie ihr selbst die Zunge mit den Zähnen ab/ und spiehe sie dem Hencker ins Angesicht/ muste doch eines weges/ wie die andern sterben. Die von Athen haben den Zweyen/ so den Tyrannen erschlagen/ Bildnisse zu ewigen Gedächtnis aufgerichtet/ und Jahr-Begängnisse gegestifftet/ dem Weibe aber zu Ehren eine Marmorsteinerne Löwin dabey gesetzt/ welche zwar einen offenen Rachen/ aber keine Zunge darinnen hatte/ denn sie sich schämeten/ einer Courtisanin ein Bildnis aufzurichten/ wiewohl sie dessen wegen der grossen Gedult und Beständigkeit wohl werth wahr.
Justin. lib. 2. cap. 9. Herod. lib. 5. & 6. Thucyd. lib. 6. Gellius, lib. 17. N. A. cap. 21.
XXXVI. M. Tullius Cicero, dessen Bücher noch heutiges Tages hoch gehalten werden / ist zwar ein vortreflicher Redner gewest/ also/ daß man ihn auch Miraculum Eloquentiae zu nennen pflegte; aber da er das Maul mißbrauchte/ brachte er sich damit in so grosses Unglück/ daß man ihn den Schädel abhieb/ die Zunge zum Halse heraus risse/ mit spitzigen Nadeln durchstach/ ja seinen Kopf und Hand endlich zum Spectacul öffentlich pro rostris aufhengen ließ/ maßen hiervon mit mehrern bey dem Plutarcho zulesen. Da hies es: effrenati oris comes est infortunium, wie Euripides saget.
XXXVII. Ein leichtfertiger Mensch hatte insonderheit denen Geistlichen übel nachgeredet/ da er nun nach langer Zeit im Grabe ungefähr besichtiget worden / soll der Cörper zwar gantz verfaulet da gelegen haben/ aber die
andern lieb und werth einen edlen Jüngling in der Stadt/ mit Nahmen Harmodium, diesem Harmodio hatte Hipparchus etliche mahl unerbare Sachen zugemuthet/ unterstund sich auch/ seiner mit Gewalt zumisbrauchen. Daher sie beyde bewegt wurden/ weil ohne dem Hipparchus zu Athen sehr verhaßt wahr/ ihm nach dem Leben zustellen/ welches ihnen auch gerieth/ daß sie den Tyrannen ümbrachten/ wurden aber von den Trabanten/ und des Entleibten Bruder/ Hippia, ergriffen und hingerichtet. Nun hatte Harmodius eine Beyschläferin/ Leaena genant/ die ward auch eingezogen/ und weil sie nicht auf ihren Bulen bekennen wolte/ härtiglich gevoltert. Damit sie aber ja nichts sagen könte/ was Harmodio, und andern ihren Bulen nachtheilig wäre / biße sie ihr selbst die Zunge mit den Zähnen ab/ und spiehe sie dem Hencker ins Angesicht/ muste doch eines weges/ wie die andern sterben. Die von Athen haben den Zweyen/ so den Tyrannen erschlagen/ Bildnisse zu ewigen Gedächtnis aufgerichtet/ und Jahr-Begängnisse gegestifftet/ dem Weibe aber zu Ehren eine Marmorsteinerne Löwin dabey gesetzt/ welche zwar einen offenen Rachen/ aber keine Zunge darinnen hatte/ denn sie sich schämeten/ einer Courtisanin ein Bildnis aufzurichten/ wiewohl sie dessen wegen der grossen Gedult und Beständigkeit wohl werth wahr.
Justin. lib. 2. cap. 9. Herod. lib. 5. & 6. Thucyd. lib. 6. Gellius, lib. 17. N. A. cap. 21.
XXXVI. M. Tullius Cicero, dessen Bücher noch heutiges Tages hoch gehalten werden / ist zwar ein vortreflicher Redner gewest/ also/ daß man ihn auch Miraculum Eloquentiae zu nennen pflegte; aber da er das Maul mißbrauchte/ brachte er sich damit in so grosses Unglück/ daß man ihn den Schädel abhieb/ die Zunge zum Halse heraus risse/ mit spitzigen Nadeln durchstach/ ja seinen Kopf und Hand endlich zum Spectacul öffentlich pro rostris aufhengen ließ/ maßen hiervon mit mehrern bey dem Plutarcho zulesen. Da hies es: effrenati oris comes est infortunium, wie Euripides saget.
XXXVII. Ein leichtfertiger Mensch hatte insonderheit denen Geistlichen übel nachgeredet/ da er nun nach langer Zeit im Grabe ungefähr besichtiget worden / soll der Cörper zwar gantz verfaulet da gelegen haben/ aber die
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andern lieb und werth einen edlen Jüngling in der Stadt/ mit Nahmen Harmodium, diesem Harmodio hatte Hipparchus etliche mahl unerbare Sachen zugemuthet/ unterstund sich auch/ seiner mit Gewalt zumisbrauchen. Daher sie beyde bewegt wurden/ weil ohne dem Hipparchus zu Athen sehr verhaßt wahr/ ihm nach dem Leben zustellen/ welches ihnen auch gerieth/ daß sie den Tyrannen ümbrachten/ wurden aber von den Trabanten/ und des Entleibten Bruder/ Hippia, ergriffen und hingerichtet. Nun hatte Harmodius eine Beyschläferin/ Leaena genant/ die ward auch eingezogen/ und weil sie nicht auf ihren Bulen bekennen wolte/ härtiglich gevoltert. Damit sie aber ja nichts sagen könte/ was Harmodio, und andern ihren Bulen nachtheilig wäre / biße sie ihr selbst die Zunge mit den Zähnen ab/ und spiehe sie dem Hencker ins Angesicht/ muste doch eines weges/ wie die andern sterben. Die von Athen haben den Zweyen/ so den Tyrannen erschlagen/ Bildnisse zu ewigen Gedächtnis aufgerichtet/ und Jahr-Begängnisse gegestifftet/ dem Weibe aber zu Ehren eine Marmorsteinerne Löwin dabey gesetzt/ welche zwar einen offenen Rachen/ aber keine Zunge darinnen hatte/ denn sie sich schämeten/ einer Courtisanin ein Bildnis aufzurichten/ wiewohl sie dessen wegen der grossen Gedult und Beständigkeit wohl werth wahr.</p><p>Justin. lib. 2. cap. 9. Herod. lib. 5. & 6. Thucyd. lib. 6. Gellius, lib. 17. N. A. cap. 21.</p><p>XXXVI. M. Tullius Cicero, dessen Bücher noch heutiges Tages hoch gehalten werden / ist zwar ein vortreflicher Redner gewest/ also/ daß man ihn auch Miraculum Eloquentiae zu nennen pflegte; aber da er das Maul mißbrauchte/ brachte er sich damit in so grosses Unglück/ daß man ihn den Schädel abhieb/ die Zunge zum Halse heraus risse/ mit spitzigen Nadeln durchstach/ ja seinen Kopf und Hand endlich zum Spectacul öffentlich pro rostris aufhengen ließ/ maßen hiervon mit mehrern bey dem Plutarcho zulesen. Da hies es: effrenati oris comes est infortunium, wie Euripides saget.</p><p>Vid. Camerar. tom. 2. oper. subcisiv. c. 39. pag. 134. 135. & 136.</p><p>XXXVII. Ein leichtfertiger Mensch hatte insonderheit denen Geistlichen übel nachgeredet/ da er nun nach langer Zeit im Grabe ungefähr besichtiget worden / soll der Cörper zwar gantz verfaulet da gelegen haben/ aber die
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andern lieb und werth einen edlen Jüngling in der Stadt/ mit Nahmen Harmodium, diesem Harmodio hatte Hipparchus etliche mahl unerbare Sachen zugemuthet/ unterstund sich auch/ seiner mit Gewalt zumisbrauchen. Daher sie beyde bewegt wurden/ weil ohne dem Hipparchus zu Athen sehr verhaßt wahr/ ihm nach dem Leben zustellen/ welches ihnen auch gerieth/ daß sie den Tyrannen ümbrachten/ wurden aber von den Trabanten/ und des Entleibten Bruder/ Hippia, ergriffen und hingerichtet. Nun hatte Harmodius eine Beyschläferin/ Leaena genant/ die ward auch eingezogen/ und weil sie nicht auf ihren Bulen bekennen wolte/ härtiglich gevoltert. Damit sie aber ja nichts sagen könte/ was Harmodio, und andern ihren Bulen nachtheilig wäre / biße sie ihr selbst die Zunge mit den Zähnen ab/ und spiehe sie dem Hencker ins Angesicht/ muste doch eines weges/ wie die andern sterben. Die von Athen haben den Zweyen/ so den Tyrannen erschlagen/ Bildnisse zu ewigen Gedächtnis aufgerichtet/ und Jahr-Begängnisse gegestifftet/ dem Weibe aber zu Ehren eine Marmorsteinerne Löwin dabey gesetzt/ welche zwar einen offenen Rachen/ aber keine Zunge darinnen hatte/ denn sie sich schämeten/ einer Courtisanin ein Bildnis aufzurichten/ wiewohl sie dessen wegen der grossen Gedult und Beständigkeit wohl werth wahr.
Justin. lib. 2. cap. 9. Herod. lib. 5. & 6. Thucyd. lib. 6. Gellius, lib. 17. N. A. cap. 21.
XXXVI. M. Tullius Cicero, dessen Bücher noch heutiges Tages hoch gehalten werden / ist zwar ein vortreflicher Redner gewest/ also/ daß man ihn auch Miraculum Eloquentiae zu nennen pflegte; aber da er das Maul mißbrauchte/ brachte er sich damit in so grosses Unglück/ daß man ihn den Schädel abhieb/ die Zunge zum Halse heraus risse/ mit spitzigen Nadeln durchstach/ ja seinen Kopf und Hand endlich zum Spectacul öffentlich pro rostris aufhengen ließ/ maßen hiervon mit mehrern bey dem Plutarcho zulesen. Da hies es: effrenati oris comes est infortunium, wie Euripides saget.
Vid. Camerar. tom. 2. oper. subcisiv. c. 39. pag. 134. 135. & 136.
XXXVII. Ein leichtfertiger Mensch hatte insonderheit denen Geistlichen übel nachgeredet/ da er nun nach langer Zeit im Grabe ungefähr besichtiget worden / soll der Cörper zwar gantz verfaulet da gelegen haben/ aber die
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Döpler, Jacob: Theatrum poenarum, Suppliciorum Et Executionum Criminalium, Oder Schau-Platz/ Derer Leibes und Lebens-Straffen. Bd. 1. Sonderhausen, 1693, S. 953. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/doepler_theatrum01_1693/959>, abgerufen am 23.11.2024.
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