Dohm, Hedwig: Erziehung zum Stimmrecht der Frau. Berlin, 1910 (= Schriften des Preußischen Landesvereins für Frauenstimmrecht, Bd. 6).Allein - ein Halberstickter kann durch die Zuführung von Nur scheinblind wart ihr, liebe Frauen. Allmählich haben eure Nicht wahr? Nicht wahr? Dem despotischen Willen des Vaters, Gatten oder Bruders Jn einem ostasiatischen Reich entleibten sich viele Krieger, Keinen Himmel gab's für die Frauen. Sie hatten keine Mit einem Wort: man entmenschte sie! Das war! das war! Verjährt! verjährt! Nicht ganz. Auch heute noch hat die Frau kein Recht an Die Frau trägt die Schmach des unehelichen Kindes und die Jn gewissen Fällen steht auch heut noch dem Mann die Allein – ein Halberstickter kann durch die Zuführung von Nur scheinblind wart ihr, liebe Frauen. Allmählich haben eure Nicht wahr? Nicht wahr? Dem despotischen Willen des Vaters, Gatten oder Bruders Jn einem ostasiatischen Reich entleibten sich viele Krieger, Keinen Himmel gab's für die Frauen. Sie hatten keine Mit einem Wort: man entmenschte sie! Das war! das war! Verjährt! verjährt! Nicht ganz. Auch heute noch hat die Frau kein Recht an Die Frau trägt die Schmach des unehelichen Kindes und die Jn gewissen Fällen steht auch heut noch dem Mann die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0018" n="17"/> <p>Allein – ein Halberstickter kann durch die Zuführung von<lb/> Sauerstoff dem Leben zurückgegeben werden.</p><lb/> <p>Nur scheinblind wart ihr, liebe Frauen. Allmählich haben eure<lb/> Augen sich geöffnet. Und ihr habt die Geschichte der Zivilisation,<lb/> die Geschichte der Frauen gelesen. Und euer Herz erbebte in<lb/> ungeheurem Mitleid, euer Blut schäumte auf in Scham und Zorn.<lb/> Schaurigen Tragödien gleich grinsten euch des Weibes Geschicke an.</p><lb/> <p>Nicht wahr? Nicht wahr?</p><lb/> <p>Dem despotischen Willen des Vaters, Gatten oder Bruders<lb/> ausgeliefert, brach man ihr Herz, vergewaltigte ihren Leib, be-<lb/><choice><sic>beraubte</sic><corr>raubte</corr></choice> sie des Erbes. Man peitschte sie, tötete sie ungestraft,<lb/> wenn es im Zorn geschah. Der Vater oder der Bruder durfte<lb/> sie zu seinem Vorteile verkaufen, mochte der legitime Käufer auch<lb/> ein Scheusal sein. Jm indischen Gesetzbuch heißt es: „Sollte ein<lb/> Ehemann auch keine guten Eigenschaften haben, so muß ein<lb/> tugendhaftes Weib ihn doch immer als einen Gott verehren.“</p><lb/> <p>Jn einem ostasiatischen Reich entleibten sich viele Krieger,<lb/> die, als Besiegte aus der Schlacht heimgekehrt – in weiblicher<lb/> Kleidung weibliche Arbeit verrichten sollten.</p><lb/> <p>Keinen Himmel gab's für die Frauen. Sie hatten keine<lb/> Seele. Nimmer kamen sie ins Paradies.</p><lb/> <p>Mit einem Wort: man entmenschte sie!</p><lb/> <p>Das war! das war! Verjährt! verjährt!</p><lb/> <p>Nicht ganz. Auch heute noch hat die Frau kein Recht an<lb/> ihrem eigenen Vermögen, (wenn ein Ehekontrakt nicht vorgebeugt<lb/> hat) keine Bestimmung über ihre Kinder. Sie fällt dem Vater<lb/> zu, trotz der neuesten so allgemeinen und allgemein beliebten Mode,<lb/> die das Weib als Mutter verheiligt, es zur Madonna stempelt.<lb/> (Zur Förderung der Madonnenhaftigkeit stößt man ihr wahr-<lb/> scheinlich ein paar Schwerter in die Brust). Laßt euch von dem<lb/> angeblichen Heiligenschein nicht blenden, liebe Schwestern. Er ist<lb/> ein Vexierbild. Schaut recht hin, und der Dornenkranz erscheint.</p><lb/> <p>Die Frau trägt die Schmach des unehelichen Kindes und die<lb/> Last seiner Versorgung. Nach der Schuld des Vaters kräht kein<lb/> Hahn.</p><lb/> <p>Jn gewissen Fällen steht auch heut noch dem Mann die<lb/> Entscheidung über Leben und Tod seiner Frau zu. Der Gynä-<lb/> kologe Olshausen teilt einen solchen Fall mit: „Jch behandelte<lb/> einst eine Frau, welche an ihrer Krankheit mit absoluter Sicher-<lb/> heit zugrunde gehen mußte, wenn sie nicht operiert wurde. Auf<lb/> den Vorschlag der Operation ging sie freudig ein, überließ es<lb/> aber mir, die Zustimmung ihres Gatten zu erlangen. Dieser aber<lb/> verweigerte die Erlaubnis. So mußte ich schweren Herzens von<lb/> der Operation absehen.“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [17/0018]
Allein – ein Halberstickter kann durch die Zuführung von
Sauerstoff dem Leben zurückgegeben werden.
Nur scheinblind wart ihr, liebe Frauen. Allmählich haben eure
Augen sich geöffnet. Und ihr habt die Geschichte der Zivilisation,
die Geschichte der Frauen gelesen. Und euer Herz erbebte in
ungeheurem Mitleid, euer Blut schäumte auf in Scham und Zorn.
Schaurigen Tragödien gleich grinsten euch des Weibes Geschicke an.
Nicht wahr? Nicht wahr?
Dem despotischen Willen des Vaters, Gatten oder Bruders
ausgeliefert, brach man ihr Herz, vergewaltigte ihren Leib, be-
raubte sie des Erbes. Man peitschte sie, tötete sie ungestraft,
wenn es im Zorn geschah. Der Vater oder der Bruder durfte
sie zu seinem Vorteile verkaufen, mochte der legitime Käufer auch
ein Scheusal sein. Jm indischen Gesetzbuch heißt es: „Sollte ein
Ehemann auch keine guten Eigenschaften haben, so muß ein
tugendhaftes Weib ihn doch immer als einen Gott verehren.“
Jn einem ostasiatischen Reich entleibten sich viele Krieger,
die, als Besiegte aus der Schlacht heimgekehrt – in weiblicher
Kleidung weibliche Arbeit verrichten sollten.
Keinen Himmel gab's für die Frauen. Sie hatten keine
Seele. Nimmer kamen sie ins Paradies.
Mit einem Wort: man entmenschte sie!
Das war! das war! Verjährt! verjährt!
Nicht ganz. Auch heute noch hat die Frau kein Recht an
ihrem eigenen Vermögen, (wenn ein Ehekontrakt nicht vorgebeugt
hat) keine Bestimmung über ihre Kinder. Sie fällt dem Vater
zu, trotz der neuesten so allgemeinen und allgemein beliebten Mode,
die das Weib als Mutter verheiligt, es zur Madonna stempelt.
(Zur Förderung der Madonnenhaftigkeit stößt man ihr wahr-
scheinlich ein paar Schwerter in die Brust). Laßt euch von dem
angeblichen Heiligenschein nicht blenden, liebe Schwestern. Er ist
ein Vexierbild. Schaut recht hin, und der Dornenkranz erscheint.
Die Frau trägt die Schmach des unehelichen Kindes und die
Last seiner Versorgung. Nach der Schuld des Vaters kräht kein
Hahn.
Jn gewissen Fällen steht auch heut noch dem Mann die
Entscheidung über Leben und Tod seiner Frau zu. Der Gynä-
kologe Olshausen teilt einen solchen Fall mit: „Jch behandelte
einst eine Frau, welche an ihrer Krankheit mit absoluter Sicher-
heit zugrunde gehen mußte, wenn sie nicht operiert wurde. Auf
den Vorschlag der Operation ging sie freudig ein, überließ es
aber mir, die Zustimmung ihres Gatten zu erlangen. Dieser aber
verweigerte die Erlaubnis. So mußte ich schweren Herzens von
der Operation absehen.“
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Zitationshilfe: | Dohm, Hedwig: Erziehung zum Stimmrecht der Frau. Berlin, 1910 (= Schriften des Preußischen Landesvereins für Frauenstimmrecht, Bd. 6), S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_erziehung_1910/18>, abgerufen am 16.07.2024. |