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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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da die Frauen des höhern Mittelstandes bei den heutigen
Lebenseinrichtungen die häuslichen Arbeiten nicht an-
dauernd und täglich, sondern nur ab und zu verrichten,
so werden sie niemals mit einer guten Köchin oder
Näherin rivalisiren können, sondern sie werden sich diesen
Künstlerinnen gegenüber stets wie Dilettantinnen ver-
halten.

Es fällt auch der ewigen Gerechtigkeit gar nicht ein,
einer Person all diejenige Geschicklichkeit zu verleihen,
die zur Herstellung der verschiedenen häuslichen Arbeiten
erforderlich sind. Die Hausfrau, die den besten Schmor-
braten liefert, wird vielleicht schiefe Säume machen, und
diejenige, die mit dem Besen die verborgensten Spinn-
weben ans Licht fördert, entbehrt vielleicht des anmuthi-
gen Geplauders, um Abends den Gatten zu erfrischen.

Und wie viel junge Mädchen des gut situirten Mit-
telstandes lernen denn wirklich aus dem Grunde kochen,
plätten, nähen und waschen? Es sehe sich ein Jeder im
Kreise seiner Bekannten um.

Das Können also macht nicht die gute Hausfrau,
es wird vielmehr auf die zweckmäßige Verwendung und
Leitung fremder Kräfte, auf Ueberblick, Berechnung und
Eintheilung ankommen.

Und dazu bedarf es eben der Ausbildung von Ver-
stand und Charakter, die bei der Mädchenerziehung völlig

da die Frauen des höhern Mittelstandes bei den heutigen
Lebenseinrichtungen die häuslichen Arbeiten nicht an-
dauernd und täglich, sondern nur ab und zu verrichten,
so werden sie niemals mit einer guten Köchin oder
Näherin rivalisiren können, sondern sie werden sich diesen
Künstlerinnen gegenüber stets wie Dilettantinnen ver-
halten.

Es fällt auch der ewigen Gerechtigkeit gar nicht ein,
einer Person all diejenige Geschicklichkeit zu verleihen,
die zur Herstellung der verschiedenen häuslichen Arbeiten
erforderlich sind. Die Hausfrau, die den besten Schmor-
braten liefert, wird vielleicht schiefe Säume machen, und
diejenige, die mit dem Besen die verborgensten Spinn-
weben ans Licht fördert, entbehrt vielleicht des anmuthi-
gen Geplauders, um Abends den Gatten zu erfrischen.

Und wie viel junge Mädchen des gut situirten Mit-
telstandes lernen denn wirklich aus dem Grunde kochen,
plätten, nähen und waschen? Es sehe sich ein Jeder im
Kreise seiner Bekannten um.

Das Können also macht nicht die gute Hausfrau,
es wird vielmehr auf die zweckmäßige Verwendung und
Leitung fremder Kräfte, auf Ueberblick, Berechnung und
Eintheilung ankommen.

Und dazu bedarf es eben der Ausbildung von Ver-
stand und Charakter, die bei der Mädchenerziehung völlig

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[102/0110] da die Frauen des höhern Mittelstandes bei den heutigen Lebenseinrichtungen die häuslichen Arbeiten nicht an- dauernd und täglich, sondern nur ab und zu verrichten, so werden sie niemals mit einer guten Köchin oder Näherin rivalisiren können, sondern sie werden sich diesen Künstlerinnen gegenüber stets wie Dilettantinnen ver- halten. Es fällt auch der ewigen Gerechtigkeit gar nicht ein, einer Person all diejenige Geschicklichkeit zu verleihen, die zur Herstellung der verschiedenen häuslichen Arbeiten erforderlich sind. Die Hausfrau, die den besten Schmor- braten liefert, wird vielleicht schiefe Säume machen, und diejenige, die mit dem Besen die verborgensten Spinn- weben ans Licht fördert, entbehrt vielleicht des anmuthi- gen Geplauders, um Abends den Gatten zu erfrischen. Und wie viel junge Mädchen des gut situirten Mit- telstandes lernen denn wirklich aus dem Grunde kochen, plätten, nähen und waschen? Es sehe sich ein Jeder im Kreise seiner Bekannten um. Das Können also macht nicht die gute Hausfrau, es wird vielmehr auf die zweckmäßige Verwendung und Leitung fremder Kräfte, auf Ueberblick, Berechnung und Eintheilung ankommen. Und dazu bedarf es eben der Ausbildung von Ver- stand und Charakter, die bei der Mädchenerziehung völlig

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/110>, abgerufen am 21.11.2024.