Trittst Du nun aber vor diese Hausfrauen hin und sprichst: "Jch will Euch erlösen, folgt mir, ich führe Euch in das gelobte Land, zu der idealen. Küche, wo Euch mühelos edle Bouillon in Strömen fließt, wo kräftige Braten allmittäglich am Spieße schmoren," so thut sich der Mund, der eben noch die Köchin verwünscht hat, gegen Dich auf. Sie bekreuzt sich vor Dir und spricht: "Hebe Dich weg von mir, Satanas! Hätte ich die Köchin nicht, wie wäre ich des Ruhms vor meinem Gatten baar. Wie sollte ich ferner behaupten, daß der Gute nur unter meiner Pflege so herrlich schmeerbäuchig gedeihen kann. Die große Garküche macht mich um eine große Lüge ärmer."
"Jn jener idealen Küche," fährt sie fort, "wird Un- moralität geschmort, Faulheit marinirt, der häusliche Sinn zu Asche gebrannt. Hinweg mit Dir! Es lebe die Köchin, das Piedestal meines Ruhms."
Das Herz der Welt, wir sehen es, wie in allen großen, so auch in dieser kleinen Küchenfrage, ist von Lüge und schnöder Eitelkeit gefressen.
Unsere Hausfrauen sind Götzendiener, Feueranbeter, wie jene wilden Urvölker.
Diese aber beteten sonder Nutzen und sonder Braten das reine Feuer an, das Feuer der Sonne oder die Flamme als Urelement. Die Hausfrau aber betet zum
Trittst Du nun aber vor diese Hausfrauen hin und sprichst: „Jch will Euch erlösen, folgt mir, ich führe Euch in das gelobte Land, zu der idealen. Küche, wo Euch mühelos edle Bouillon in Strömen fließt, wo kräftige Braten allmittäglich am Spieße schmoren,‟ so thut sich der Mund, der eben noch die Köchin verwünscht hat, gegen Dich auf. Sie bekreuzt sich vor Dir und spricht: „Hebe Dich weg von mir, Satanas! Hätte ich die Köchin nicht, wie wäre ich des Ruhms vor meinem Gatten baar. Wie sollte ich ferner behaupten, daß der Gute nur unter meiner Pflege so herrlich schmeerbäuchig gedeihen kann. Die große Garküche macht mich um eine große Lüge ärmer.‟
„Jn jener idealen Küche,‟ fährt sie fort, „wird Un- moralität geschmort, Faulheit marinirt, der häusliche Sinn zu Asche gebrannt. Hinweg mit Dir! Es lebe die Köchin, das Piedestal meines Ruhms.‟
Das Herz der Welt, wir sehen es, wie in allen großen, so auch in dieser kleinen Küchenfrage, ist von Lüge und schnöder Eitelkeit gefressen.
Unsere Hausfrauen sind Götzendiener, Feueranbeter, wie jene wilden Urvölker.
Diese aber beteten sonder Nutzen und sonder Braten das reine Feuer an, das Feuer der Sonne oder die Flamme als Urelement. Die Hausfrau aber betet zum
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0147"n="139"/><p>Trittst Du nun aber vor diese Hausfrauen hin und<lb/>
sprichst: „Jch will Euch erlösen, folgt mir, ich führe<lb/>
Euch in das gelobte Land, zu der idealen. Küche, wo<lb/>
Euch mühelos edle Bouillon in Strömen fließt, wo<lb/>
kräftige Braten allmittäglich am Spieße schmoren,‟ so<lb/>
thut sich der Mund, der eben noch die Köchin verwünscht<lb/>
hat, gegen Dich auf. Sie bekreuzt sich vor Dir und<lb/>
spricht: „Hebe Dich weg von mir, Satanas! Hätte ich<lb/>
die Köchin nicht, wie wäre ich des Ruhms vor meinem<lb/>
Gatten baar. Wie sollte ich ferner behaupten, daß der<lb/>
Gute nur unter meiner Pflege so herrlich schmeerbäuchig<lb/>
gedeihen kann. Die große Garküche macht mich um eine<lb/>
große Lüge ärmer.‟</p><lb/><p>„Jn jener idealen Küche,‟ fährt sie fort, „wird Un-<lb/>
moralität geschmort, Faulheit marinirt, der häusliche<lb/>
Sinn zu Asche gebrannt. Hinweg mit Dir! Es lebe<lb/>
die Köchin, das Piedestal meines Ruhms.‟</p><lb/><p>Das Herz der Welt, wir sehen es, wie in allen<lb/>
großen, so auch in dieser kleinen Küchenfrage, ist von<lb/>
Lüge und schnöder Eitelkeit gefressen.</p><lb/><p>Unsere Hausfrauen sind Götzendiener, Feueranbeter,<lb/>
wie jene wilden Urvölker.</p><lb/><p>Diese aber beteten sonder Nutzen und sonder Braten<lb/>
das reine Feuer an, das Feuer der Sonne oder die<lb/>
Flamme als Urelement. Die Hausfrau aber betet zum<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[139/0147]
Trittst Du nun aber vor diese Hausfrauen hin und
sprichst: „Jch will Euch erlösen, folgt mir, ich führe
Euch in das gelobte Land, zu der idealen. Küche, wo
Euch mühelos edle Bouillon in Strömen fließt, wo
kräftige Braten allmittäglich am Spieße schmoren,‟ so
thut sich der Mund, der eben noch die Köchin verwünscht
hat, gegen Dich auf. Sie bekreuzt sich vor Dir und
spricht: „Hebe Dich weg von mir, Satanas! Hätte ich
die Köchin nicht, wie wäre ich des Ruhms vor meinem
Gatten baar. Wie sollte ich ferner behaupten, daß der
Gute nur unter meiner Pflege so herrlich schmeerbäuchig
gedeihen kann. Die große Garküche macht mich um eine
große Lüge ärmer.‟
„Jn jener idealen Küche,‟ fährt sie fort, „wird Un-
moralität geschmort, Faulheit marinirt, der häusliche
Sinn zu Asche gebrannt. Hinweg mit Dir! Es lebe
die Köchin, das Piedestal meines Ruhms.‟
Das Herz der Welt, wir sehen es, wie in allen
großen, so auch in dieser kleinen Küchenfrage, ist von
Lüge und schnöder Eitelkeit gefressen.
Unsere Hausfrauen sind Götzendiener, Feueranbeter,
wie jene wilden Urvölker.
Diese aber beteten sonder Nutzen und sonder Braten
das reine Feuer an, das Feuer der Sonne oder die
Flamme als Urelement. Die Hausfrau aber betet zum
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-07-10T17:06:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-07-10T17:06:15Z)
Weitere Informationen:
Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): als s transkribiert;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/147>, abgerufen am 24.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.